(13 Jahre)
„ELLLLL!“ kam es schrill von draußen. Lawliet hob genervt den Kopf und massierte sich die pochenden Schläfen. Seit letztem Jahr hatte Watari ihn in jeder Hinsicht auf Diät gesetzt. Der Erfinder zwang ihn schon fast, sich ab und zu frei zu nehmen, außerdem erlaubte er L so gut wie keinen koffeinhaltigen Kaffee mehr, was ihm schwer zu schaffen machte. Abgesehen davon hatte er auch noch unter seinen Adoptivgeschwistern zu leiden, die ihn als ihr großes Vorbild ansahen und ihm Tag ein Tag aus mit völliger Hingabe nacheiferten. Gelegentlich nahm er an Tennis-Turnieren teil und war überraschenderweise richtig gut darin.Am schlimmsten war jedoch, dass Watari ihn immer öfter vor, körperlichen Veränderungen‘, die auf ihn zukamen, warnte, was dem Jugendlichen zunehmend Angst machte.
Es war ja nicht so, dass er es nicht genoss, ab und zu im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und offenbar zum ersten Mal in seinem Leben als die Person akzeptiert zu werden, die er tatsächlich war, aber man konnte es auch übertreiben!Gelegentlich wurde er noch von schrecklichen Alpträumen geplagt, aber sie wurden seltener und Lawliet fühlte sich sicher und zufrieden, obwohl er sich in der Öffentlichkeit immer noch fehl am Platz und etwas unbeholfen vorkam.
„ELLLLL!“ kreischte es wieder. Der junge Detektiv erhob sich etwas schwankend und tappte vornübergebeugt auf den Flur hinaus.
„Was gibt es, A.“ erkundigte er sich etwas benommen. Er hatte seit etwa 40 Stunden nicht mehr geschlafen, es war spät am Abend und Ls Gehirn fühlte sich an wie Kartoffelpüree, aber er ließ sich nichts anmerken. Wie immer. Eigentlich war er ganz der typische Teenager, der den ganzen Tag im eigenen Zimmer verschanzt und genervt von der eigenen Familie vor sich hinvegetiert. L seufzte. Schon wieder. Und wenn schon.
„Ich muss dir ein Geheimnis zeigen!“ flüsterte der Blauäugige und schon wurde L durch den Flur gezogen und fand sich wenig später in As Zimmer wieder, wo schon Beyond, Linda und Akane auf dem Bett hockten. Warum die Rothaarige immer noch mit den Kindern abhing, konnte L sich beim besten Willen nicht erklären, aber es waren sowieso alle anderen Waisen um einiges jünger als sie denn die Gleichaltrigen waren längst weggezogen.L selbst konnte mit den meisten anderen Waisen nicht allzu viel anfangen. Oder sie nicht mit ihm. Er blieb lieber in seinem Zimmer oder bei seinen engsten (und einzigen) Freunden, immerhin durfte er den Anderen nicht zu viel von sich preisgeben. Selbst ohne dass sie wussten, dass Lawliet L war, warfen sie ihm ständig ehrfürchtige, eifersüchtige oder unverhohlen wütende Blicke hinterher.
Wammy’s kleiner Liebling, elender Klugscheißer und natürlich Zombie waren nur drei seiner wunderbaren und schmeichelhaften Spitznamen, aber solange er ein paar Leute um sich hatte, die ihn mochten, und die seine wahre Identität sowohl kannten als auch schätzten, war ihm das egal. Und er war in dieser Hinsicht nicht gerade wählerisch, auch wenn man seine kleine Clique nicht gerade als normal bezeichnen konnte.
„Abend, Ellie.“ kam es von Akane, die ihn wie immer sofort an seinen ‚schlurfenden‘ Schritten erkannt hatte.
„Ryuzaki!“ erwiderte er resigniert.
„Du solltest zum Arzt gehen und dir ein Mittel gegen die ständige Nieserei besorgen.“ bemerkte die junge Frau lächelnd.
„Und du solltest dir bei Gelegenheit Augentropfen holen.“ neckte er seine Freundin.
„Sobald du dir Tampons kaufst vielleicht.“ kam es eisig zurück, während Beyond die Diskussion nur mit großen runden Augen verfolgte und schließlich eine VHS-Kassette hinter seinem Rücken hervorholte.„Was haltet ihr von einem Filmeabend!?“ fragte er aufgeregt in die Runde.
„Meine Begeisterung hält sich in Grenzen.“ kam es von der Rothaarigen. Linda und A stimmten natürlich begeistert zu und L erkundigte sich misstrauisch nach dem Titel der Kassette.
„Nightmare on Elmstreet!“ flüsterte Beyond geheimnisvoll und hielt L die Verpackung unter die Nase.
„Beyond, woher hast du den Film?“ fragte dieser plötzlich, als er die Altersbeschränkung auf der Vorderseite bemerkte.
„Katalog.“
„Bitte?“
„Ich hab ihn auf Wataris Namen bestellt, sie ist heute Morgen angekommen!“ erklärte der Rotäugige stolz. Akane lachte schallend los und Lawliet raufte sich die ohnehin schon zerzausten Haare. Er war sich ziemlich sicher, dass irgendetwas da oben wohnte…Zehn Minuten später hockten sie zu dritt vor dem kleinen Fernseher, den L aus Rogers Büro entführt hatte. Sollte der Waisenhausleiter die Abwesenheit seines Heiligtums bemerken, waren die Kinder so was von tot…
L verkabelte noch kurz das Gerät und schob dann etwas widerwillig die Kassette in den Rekorder. Zugegeben freute er sich sogar etwas auf den Horrorfilm, denn die Krimiserien, die er sich gelegentlich im Fernsehen ansah, waren ihm schon lange zu vorhersehbar. Linda und A wurden allerdings ins Bett geschickt, um ihre empfindliche Psyche nicht zu gefährden. Eigentlich waren B und A fast gleich alt, aber B war eindeutig schon psychisch gestört und immerhin hatte er den Film bestellt. Wieso Akane eigentlich mitschaute ließ sich durch die Tüte Chips in ihren Händen erklären.L machte sich um sich selbst keine Sorgen, er hatte immerhin schon genug Tatorte und verstümmelte Leichen gesehen, außerdem war er selbst durch die Hölle gegangen.Das dachte er zumindest, bis er sich nach zwanzig Minuten schreiend auf Akanes Schoß wiederfand, während B den Film nur mit einem irren Grinsen verfolgte und die Rothaarige L gelegentlich fragte, was genau gerade passierte.Nachdem der Bildschirm schwarz geworden war, hockte L immer noch wie paralysiert auf Akanes Schoß, die ihn jedoch gleich darauf mit einem unsanften Tritt zu Boden beförderte.
Beyond streckte sich und gähnte ausgiebig, bevor er ebenfalls aufsprang und L hochzerrte.„Komm Lawli, ich bin müde, lass uns schlafen gehen…“ bettelte er.
„Wie kannst du jetzt nur ausgerechnet ans SCHLAFEN denken?!“ fauchte er und erschauderte. Akane kicherte und erhob sich ebenfalls.
„Gute Nacht ihr zwei, und träumt was Schönes…“ murmelte sie, bevor sie den Raum verließ und die beiden Brüder allein zurückließ. L verdeckte den kleinen Fernseher provisorisch mit einigen Kissen und erinnerte sich daran, ihn möglichst früh wieder zurückzuschleppen. Während L das Mantra ‚nur ein Film nur ein Film nur ein Film‘ immer wieder vor sich hin murmelte, legte sich B stumm aufs Bett und starrte an die Decke.„Wie kannst du dir so was ansehen?“ fragte L schließlich leise. B zuckte nur mit den Schultern und warf sein Kissen gegen den Lichtschalter, der mit einem Klicken die Beleuchtung im Raum ausschaltete. L fröstelte.
„Ich meine, du bist erst acht! Wie viele davon hast du dir denn schon angesehen?“ fuhr er fort, wahrscheinlich um sich von seiner eigenen Angst abzulenken.
„Meine Kindheit reicht mir schon.“ L runzelte verwirrt die Stirn. Tatsächlich hatte er keine Ahnung, wo und wie Beyond eigentlich aufgewachsen war. Plötzlich wurde er neugierig.
„Willst du sie mir erzählen? Ich sag der im Gegenzug auch, wie ich aufgewachsen bin…“
Aber B schüttelte nur den Kopf und drehte sich weg.
„Ein anderes Mal vielleicht.“ murmelte er zittrig. Lawliet musterte ihn nur kurz. Seine kleine Silhouette zeichnete sich dunkel vom Rest des Zimmers ab. So kannte er seinen kleinen ‚Bruder‘ überhaupt nicht.
Vermutlich hat er alles verdrängt und der Film hat ihn irgendwie erinnert, vermutete der Detektiv und schloss dann ebenfalls die nachtschwarzen Augen.…
B konnte es L nicht erzählen. Sein Freund würde ihn dann bestimmt hassen, dass war es auch, was sein Vater ihm immer wieder ins Ohr geflüstert hatte, während er seinen weinenden Sohn mit dem Gürtel grün und blau schlug und später erzählte, er wäre gegen die Wand gelaufen. Welches Kind war den bitte blöd genug, gegen eine scheiß Wand zu laufen?B konnte nicht erzählen, wie sehr er seine Mutter angefleht hatte, nicht zur Arbeit zu gehen, sondern bei ihm zu bleiben um ihn zu beschützen. Konnte ihm nicht sagen, wie diese es als aufmerksamkeitssuchende Spinnerei abgestempelt hatte. Konnte ihm weder erklären, wie es war, vom eigenen Vater beschimpft und dann halb tot geschlagen zu werden, noch konnte er ihm begreiflich machen, welche Befriedigung der Junge verspürt hatte, als er dem elenden Bastard das Küchenmesser ihn die Kehle gerammt hatte.
Er würde es ihm niemals sagen, denn L würde B verachten, genau wie es alle anderen immer getan hatten, die ihn als Teufelskind und Missgeburt bezeichnet hatten. Der Rotäugige erinnerte sich an die Zahl über dem Kopf seiner Mutter, die immer kleiner und kleiner wurde, bis er schließlich erfuhr, dass sie sich das Leben genommen hatte. Er erinnerte sich an all den Schmerz, den er so lange verdrängt hatte. Erinnerte sich an all die blassen Narben auf seinem schmächtigen Körper und er erinnerte sich an seine Verwandten, die ihn alle abgewiesen hatten, als er ein zu Hause brauchte.L durfte keines dieser Dinge jemals erfahren! Denn B hatte zum ersten Mal in seinem noch so kurzen Leben Freunde, und er würde sie nie wieder gehen lassen!
...Heyy, tut mir leid das es nicht wie versprochen am Montag kommt, ich musste für viele Klausuren Lernen und hatte nicht viel Zeit zum schreiben. D:
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L's Geschichte (Death Note)
Fiksi PenggemarIn dieser Geschichte geht es um die Vergangenheit von "L. Lawliet". Ich hoffe es gefällt euch.