Kapitel 15. Unbekannt

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Eine Stunde später hatte er die Polizisten über sämtliche Ereignisse aufgeklärt und auch die Motive des Mörders, der sich momentan schon in einem Hochsicherheitsgefängnis befand, genauer erläutert. Er fühlte sich erschöpf und ausgelaugt, so als hätte man ihm den winzigen Rest Energie, den er noch hatte, entzogen. Watari besprach sich gerade noch allein mit den Beamten, während eine freundliche Krankenschwester versuchte, den Schwarzhaarigen dazu zu bringen, etwas zu essen. Angeekelt betrachtete er die Schale mit gekochtem Gemüse vor sich und stocherte lustlos mit einer Plastikgabel in der Mahlzeit herum. 
„Du kannst wirklich stolz auf dich sein weißt du das?“ fragte die Schwester mit warmer Stimme. L fühlte sich eher schuldig als stolz, nickte aber, um die nette Krankenschwester nicht zu verärgern. Nachdenklich starrte er an die Zimmerdecke, als die Tür sich erneut öffnete und zwei kleine Kinder ins Zimmer stürmten. 

„L!“ kreischten die Kleinen unisono und stürzten auf ihren Freund zu. Es mag vielleicht schlimm sein, von zwei Fünfjährigen beinahe zerquetscht zu werden, wenn man allerding schon zwei gebrochene Rippen hat, macht das diese Erfahrung nicht gerade angenehmer. Dann zerrte Watari A und Beyond endlich von dem zappelnden Detektiv weg, der erleichtert ausatmete und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Seite hielt. 
„Hi, Lawlipop.“ L sah erstaunt auf und erblickte Akane im Türrahmen. Die Rothaarige schüttelte unwillig den Kopf.
„Alter, seit mehr als einem Monat warte ich auf diese scheiß Kekse!“
„Was für Kekse…?“
„Wie geht es dir denn?“ Es war so verdammt typisch für Akane, eine Frage mit einer absolut unpassenden Gegenfrage zu beantworten, dass L unwillkürlich lächeln musste. 
„Sieht man das nicht?“ neckte er sie und die Rothaarige lachte schallend. 
„Mann sieht das vielleicht, aber ich bin eine Frau.“ konterte die Siebzehnjährige. L seufzte schwer und wandte sich dann an Watari. 
„Wann kann ich nach Hause…die Auswahl an Kuchen ist in dieser Einrichtung dramatisch beschränkt…“ beklagte er sich.
„Freut mich, dass du wieder der Alte bist, L.“ erwiderte der Erfinder nur und verschwand kurz aus dem Raum. 

„Hast du wirklich ein Mädchen gerettet? Wie romantisch…“ säuselte Akane. 
„Sie ist vier.“„Eine kleine Prinzessin also, ist sie hübsch?“
„Sie ist VIER!“ Akane tat beleidigt.
„Man wird doch vielleicht noch den kleinen Bruder verkuppeln dürfen…“
„Mann schon aber du bist doch eine Frau.“
„Touché. “

Kurz schwiegen die beiden, dann plapperten A und B los. L erkannte überrascht, dass die beiden Kleinkinder sich offenbar wunderbar verstanden, trotz ihrer vollkommen unterschiedlichen Persönlichkeit.Nach einigen Minuten kehrte Watari ins Zimmer zurück und hielt ein kleines blondes Mädchen mit funkelnden grünbraunen Augen an der Hand. 

„L, das ist Linda, sie wird von nun an bei uns leben.“ Lawliet erschien es, als würde die Zeit stehen bleiben. Fassungslos starrte er das Mädchen an. Wie sollte er es ertragen, dem Mädchen, dessen Eltern er hatte sterben lassen, täglich in die Augen zu sehen? Die Kleine sah so freundlich und niedlich aus, womit hatte sie so ein Schicksal verdient? L ballte unwillkürlich die Fäuste, und das Mädchen schreckte zurück. 

„Soll ich wieder gehen?“ fragte sie mit etwas piepsiger Stimme. 
„Nein, er gibt sich nur die Schuld am Tod deiner Eltern, wie immer.“ bemerkte Akane säuerlich, die, wie auch immer sie das schaffte, einen kompletten Überblick über die Situation hatte. 
„Du hast mir das Leben gerettet…“ flüsterte die Blonde, ging auf L zu und drückte ihm etwas in die Hand, das nach einem Kuscheltier aussah. Ein kleiner Panda…„Der hat mich immer beschützt. Ich schenk ihn dir!“ erklärte sie mit leuchtenden Augen und presste Ls Handflächen gegen das flauschige Tier. Der Schwarzhaarige war gerührt. 
„Das kann ich nicht annehmen…“ murmelte er verlegen und wollte den Bären schon wieder zurückgeben, aber die Kleine sah ihn so verletzt an, das er das lieber bleiben ließ und das Stofftier an seine verbundene Brust drückte. 
„Danke.“ sagte er einfach, und vergrub die Nase in dem wunderbar weichen Fell.

L's Geschichte (Death Note) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt