:22:

4.7K 164 5
                                    

×

Nur weil ich anders aussehen wollte hatte ich ein unschuldiges Wesen auf dem Gewissen. 

Etwas in mir zerbrach. Ich konnte nicht mehr. Ich wollte nicht mehr. Ich hatte keine Kraft mehr. 

Ich war eine Mörderin.
×

Dumpf starrte ich an die Zimmerdecke. Ich bin eine Mörderin. Ich bin eine Mörderin. Ich bin eine Mörderin.
Immer und immer wieder hallten diese Wörter in meinem Kopf wieder. Ich nahm nichts anderes mehr wahr.

Ich nahm nicht wahr wie Thilo das Zimmer wieder betrat oder das mein Körper gerade mit Kalorien voll gepumpt wurde. Vermutlich hätte ich mir sonst den Schlauch aus der Nase gerissen. Doch ich nahm es einfach nicht wahr. Ich nahm auch nicht wahr wie mein Herz immer schneller schlug oder ich kurz vor einer Panikattacke stand. Ich nahm nichts wahr.

Es war als würde ich mich in einem Tunnel befinden. Einem Tunnel aus Schuld. 

Denn ich war Schuld. Schuld am Tod meines eigenen Babys. 

Ich war eine Mörderin.

Erst als Thilo wieder meine Hand umfasste wurde ich aus meiner Trance gerissen. Es war als würde seine Wärme die Dunkelheit vertreiben.  Zumindest kurzzeitig. Ich blickte in Thilos Bernsteine und wurde augenblicklich ruhiger. Bis es mich wieder traf. Es überschwapte mich wie eine Welle. Eine eiskalte Welle.

"Ich habe dein Kind ermordet. Ich bin Schuld am Tod deines Babys. Ich... Ich... Ich...." Ich rang nach Luft. Die Worte blieben mir wie Klöße im Hals stecken und Tränen rannen mir über die Wangen. 

Traurig lächelte er mich an.
"Es ist alles gut mein Engel. Du wusstest es ja nicht. Und du bist krank. Du kannst da nichts dafür. Ich hätte besser auf dich aufpassen müssen. Ich bin einfach nur froh das du noch lebst", flüsterte er während er mir zu während er mir beruhigend über die Haare strich.

Ich schloss die Augen. 

Er hatte recht.  Ich war krank.
Und genau deswegen war ich auch Schuld, dass unser Baby tot war. Ich hätte merken müssen das ich krank und schwanger war. Ich hätte auf meinen Schatz aufpassen müssen. 

Ich wollte schon immer eine große glückliche Familie haben. Das Gegenteil von meiner Familie früher. Und auch wenn ich das Baby vermutlich alleine hätte aufziehen müssen. Es wäre zumindest einer kleiner Schritt in diese Richtung gewesen. Und ich hatte es umgebracht. Es wäre meine Verantwortung gewesen. Meine einzige Verantwortung. Und ich hatte es verbockt. Unwiderruflich. 

Mein Kind war tot.


Ich wollte nicht mehr. Ich hatte keine Kraft mehr. Ich wollte einfach nur noch schlafen und nichts mehr tun müssen.

Mit Tränen in den Augen und unter unentwegtem Schluchzen schloss ich die Augen und versuchte zu schlafen.

Thilo strich mir weiterhin beruhigend über die Haare und flüsterte mir liebe Worte in mein Ohr. Doch ich hörte sie nicht. Ich wollte sie nicht hören.
Er konnte und sollte mir den Schmerz nicht nehmen. Oder die Schuldgefühle.                                         Ich hatte sie verdient. Es war meine Schuld.

Langsam döste ich ein. Meine Gedanken wurden zäher. Langsamer. Wie Teer. Hüllten mich in dumpfe Stille. Alles wurde leise. Und ich versank wieder im Wattemeer. 

Als ich erneut aufwachte war Thilo immer noch da. Und er hielt immer noch meine Hand.
Er war bei mir geblieben. Bei mir! Obwohl ich sein Baby getötet hatte. Meine Lippen fingen an zu zittern und nur stockend bekam ich die Worte herraus, die mir schon auf der Zunge lagen, seitdem ich hier war.

"Wieso bist du noch hier? Wieso haust du nicht ab wie jeder andere auch? Du schuldest mir nichts. Ich habe dein Kind getötet." 

Er sollte einfach weggehen. Ich konnte es nicht aushalten zu wissen das er jetzt zwar da war, aber mich später wieder verlassen würde. Wie jeder andere. Um so länger er bei mir blieb, umso mehr würde ich mich an ihn verlieren. Ich war im schon so, viel zu sehr verfallen. Niemand würde mir noch helfen können, wenn er sich noch weiter um mich kümmerte und so nett zu mir war. Bei mir blieb. Versuchte mich zu trösten und mir Beistand gab. Wenn das so weiterging würde ich mich hoffnungslos in ihn verlieben. Obwohl. Dafür war es vermutlich schon zu spät.

In der gesamten Zeit, in der ich ihn nicht gesehen hatte, konnte ich ihn einfach nicht  aus meinem Kopf bekommen. Immer und immer wieder hatte ich an diesen einen Abend, an diese eine Nacht und an ihn zurückdenken müssen. Und ich hatte einfach nicht verstanden wieso. Doch jetzt. Jetzt hatte ich es begriffen. Die Wärme, die er in mir auslöste. Das Kribbeln in meinem Bauch, für was er sorgte. Und die Ruhe, die sich wie eine Welle in meinem Körper ausbreitete, jedes mal wenn er mih berührte.

Ich hatte mich in nur einer Nacht absolut und unwiederruflich in Thilo Lorenzo verliebt.

Bone MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt