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Doch heute kam ich immerhin aus dieser Hölle raus. Die Ärzte hier waren überzeugt davon das es mir besser ging. Das ich meine Essstörung überwunden hatte. Doch so war es nicht. Ich wollte einfach nur hier raus. Deswegen hatte ich gegessen. Meine Psyche war immer noch kaputt.

Doch ich wollte hier weg. Einfach nur noch hier weg. An diesem Ort würde mir niemand helfen können. Da war ich mir sicher.

Als die gläserne Schiebetür mir endlich Platz machte, hüpfte mein Herz bereits freudig auf und ab. Endlich war ich wieder hier raus. Weg von diesem Ort.

Ich war wieder frei.

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Gierig sog ich die frische, eiskalte Luft ein. Auch wenn ich während ich hier war, natürlich immer raus gedurft hatte, war das hier trotzdem einfach etwas anderes. Als ich meine Augen wieder öffnete, erstarrte ich augenblicklich. Dort, an einem silbernen Sportwagen lehnte Thilo. Mit einem breiten glücklichen Lächeln auf den Lippen. Er sah gut aus. Wie immer. Was machte er denn hier? Ich hatte nicht mehr mit ihm geredet seit ich hier war. Er hatte es zwar versucht, wie ich von einer Pflegerin erfahren hatte, aber wir durften in der Klinik keinen Besuch empfangen. Zu groß war die Gefahr, dass wir durch eine Begegnung mit einer Person aus unserem früheren Leben, wieder in alte Gewohnheiten zurück fallen würden. Doch jetzt. Jetzt war ich meinem früheren Leben wieder ausgeliefert. Schutzlos.

Ich hatte meine Wohnung gekündigt bevor ich hier her gekommen war  und meine Kündigung bei dem Supermarkt eingereicht. Um so wenig wie möglich an früher erinnert zu werden. Ich hatte mich außerdem an einem alternativen Programm beworben. Teil des Programm war es in eine Art WG zu ziehen, in der sowohl Süchtige als auch Leute mit Psychischen Problemen waren. Wir sollten uns gegenseitig unterstützen und kontrollieren. Jeder blieb solange dort bis er sich sicher war in einem neuen Leben, mit neuem Job und allem drum und dran, klarzukommen. Ich hatte zwar ein wenig Angst davor, hoffte aber auch das es mir mehr helfen würde als diese Klinik. Ich hoffte das es nicht so werden würde wie hier.

Ich wollte schließlich gesund werden. Wollte glücklich sein. Mich selbst lieben. Und das würde ich nicht alleine schaffen. Das hatte ich mir eingestanden.

Und jetzt stand Thilo da. Empfing mich lächelnd. Als wären wir schon lange Freunde. Und ich war froh. Ich war froh, nicht alleine dazustehen und jemanden zu haben der mich zu unterstützen schien. Doch gleichzeitig hatte ich auch unfassbare Angst, dass ich das mit uns, was auch immer das war, verkacken würde. Ihn verletzten würde.

Und obwohl ich ihm das gesagt hatte, war er wieder hier. War für mich da. Wollte mich unterstützen. Mir helfen.

Mein Herz pochte schneller. Schlug mir bis in den Hals, während meine Hände schwitzig wurden. Nervös verknotete ich meine Finger und ging ihm zögerlich entgegen. Er stieß sich von seinem Auto ab und lief mir entgegen.

"Hey Lune" Er lächelte mich liebevoll an. Seine Grübchen ließen meine Knie weich werden. Nervös lächelte ich ihm entgegen. Seine Lippen sahen so weich aus. "Hey. Was machst du hier? Holst du mich ab?" "Ich soll hier eine junge Dame abholen. Etwa 1,70 m groß. Rotbraune Locken. Ein wunderschönes Lächeln. Sie hat mich jetzt schon zweimal gekorbt. Kaum zu glauben, oder? Kennst du sie zufällig?" Er grinste mich spitzbübisch an. Ich lief rot an und musste mir angestrengt ein Grinsen verkneifen. "Hmm, nee. Die ist mir glaub noch nicht über den Weg gelaufen. Muss ja komplett verrückt sein. Jemanden wie dich zweimal zu korben. Hätte sie wohl besser noch häufiger machen sollen, scheint ja ganz so als wäre sie dich nicht losgeworden, oder?" Ich spielte mit und grinste nun frech zurück. "Na hör mal. Etwas so hübsches wie mich korbt man nicht einfach. Und loswerden tut man mich erst recht nicht. Ich bin wie Herpes. Ich komm immer wieder." Mit einem Schmollmund und Hohlkreuz schmiss er sich gespielt arrogant die Haare über die Schulter, um mich dann anzulachen.

Leise lachte ich mit und biss mir leicht auf die Unterlippe, während ich ihn beobachtete. Ich hatte ihn vermisst. Kaum das er hier bei mir war, war es , als würde er alle dunklen Gedanken zur Seite stoßen und mich retten. Wie mein Ritter in glänzender Rüstung. Er rettete mich aus meiner eigenen Dunkelheit und brachte mich in seinen Armen in Sicherheit. Und obwohl ich mich vermutlich selbst vor dieser Dunkelheit retten sollte. So war ich im doch unfassbar dankbar das er mir half und mit unterstützte. Mich immer wieder vor mir selbst bewahrte. Und das, obwohl wir uns kaum kannten. 

Es war, als wäre er mein Seelenverwandter.

Bone MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt