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Doch dieser wollte nicht mehr. Wollte nicht mehr weiterlaufen, war zu erschöpft, um wieder in meinen Rhythmus zu finden.

Ich war fertig.

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Mit einem großen Stapel verschiedener Ordner ging ich zu meinem sowieso schon vollgestopften Schreibtisch und legte sie ab. Ich machte doch sowieso schon jeden Tag Überstunden, wie viel wollte mein Chef mir denn noch aufhalsen? Jasmin bekam jeden Tag nur ein paar Blätter, die sie einheften sollte, ansonsten saß sie meist nur rum und redete mit der Sekretärin des Chefs, während wir anderen uns den Arsch abarbeiteten. Es ging schon ewig das Gerücht um, das er seine Frau mit Jasmin betrog. Es würde mich wundern, besonders qualifiziert ist sie nämlich nicht. Und sie war ja auch wirklich wunderschön, geizte nicht mit ihren Reizen und war dennoch unfassbar elegant.

Ihre melodische Stimme, riss mich aus meinen Gedanken und katapultierte mich somit zurück in das kleine stickige Büro, als sie aus dem Büro neben an drang.

"Und die Männer gestern waren so dermaßen heiß, ihr hättet ihre Körper sehen müssen, wie Götter. Himmel, ich glaube ich habe noch nie solche Leckerbissen gesehen.

Schade eigentlich das ich das nächste Mal nicht mit kann, aber auf den Malediven gibt es sicher auch den ein oder anderen süßen Typen.

Weißt du die beiden waren eh kein Stück an mir interessiert, haben mich komplett ignoriert, kaum zu glauben, oder?

Dabei hatte ich gestern sogar das rote Kleid an, ihr wisst schon welches ich mein, dass, das mir so eine geile Figur macht.
Keinen Blick habe ich bekommen. Aber wahrscheinlich waren sie schwul, die haben eh viel zu vertraut gewirkt, haben die ganze Zeit die Köpfe zusammengesteckt und sich so seltsam in die Augen geschaut.
Sowas machen doch nur Schwuchteln. Naja, und die besten Männer sind eben immer schwul oder vergeben, okay das letztere hält mich ja nicht unbedingt auf."

Ihr arrogantes Gackern hallte durch den Flur, weswegen ich nur genervt die Augen verdrehte. Das war mal wieder typisch Jasmin. Wenn sie nicht genug Aufmerksamkeit bekam oder ihr etwas nicht in den in den Kram passte, waren natürlich immer die anderen Schuld. Nie sie. Schließlich war sie perfekt. Mir wurde übel, wenn ich nur über die Aussagen nachdachte. So langsam schien ihr ihre Position wirklich zu Kopf zu steigen, wenn sie schon so über potenzielle Geschäftspartner des Bosses redete. Und das nur weil sie keine Aufmerksamkeit kassiert hatte.

Doch mit einem hatte sie wohl oder übel recht, es war wirklich kaum zu glauben das die Männer nicht an ihr interessiert waren. Normalerweise leckten sich alle Männer die Finger nach ihr. Zumindest solange sie ihren Mund hielt.

Ich erhob mich erneut, um ein paar Dateien, die ich zum Glück schon fertigbekommen hatte, auszudrucken und abzuheften. Doch kaum betrat ich den Raum, wandten die drei tratschenden Frauen ihre komplette Aufmerksamkeit auf mich.

"Ach, da ist ja unsere graue Maus, Christian will das du zu ihm kommst, er möchte dir etwas mitteilen!", teilte mir Jasmin mit einem sehr herablassenden Tonfall mit und musterte gelangweilt ihre perfekt manikürte Hand. Eingeschüchtert zog ich meinen Kopf ein. Als könnte ich mich ihrer Anwesenheit dadurch entziehen. "Oh und du schaust viel besser aus seit du abgenommen hast, jetzt fehlen nur noch so ein paar Kilos und dann schaust du fast wieder aus wie vor Weihnachten", sich betrachtete mich mit einem gutmütigem Lächeln, so als ob sie gerade etwas furchtbar Nettes gesagt hätte. Verwirrt meine ich: "Meinst du da, wo ich eine Woche krank war und sogar in Krankenhaus musste?" "Jaja, das könnte sein, du hast da wirklich top ausgesehen. Naja, für deine Verhältnisse eben. Schlank sein ist halt immer noch am Schönsten!"  Fassungslos starre ich sie an.

Die Zeit von der sie gerade redete war eine der schlimmsten meines Lebens gewesen. Ich hatte mich kaum aus dem Bett bewegen können, weil ich nichts zu mir nehmen konnte. Ich hatte mir einen wirklich fiesen Magendarm Infekt eingefangen und musste dann für 4 Tage im Krankenhaus bleiben.
Und auf andere wirkte ich da am Schönsten? Ich war krank am Schönsten?

Als ihr genervter Blick mich traf, wurde mir bewusst, dass ich mich immer noch nicht von der Stelle gerührt hatte und sie immer noch betrachtete, ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben. Also straffte ich meine Schultern, nickte leicht, murmelte ein verlegenes Danke und legte die Unterlagen schnell ab, bevor ich an ihr vorbei in Richtung des verhassten Raumes lief.

Ich klopfte an und nach kurzer Zeit erklang schon ein wieder genervtes: "Herein." Manchmal konnte man wirklich meinen, der Mann kannte keine anderen Emotionen. Zügig öffnete ich die Tür und trat vor den Schreibtisch meines Chefs.

Hoffentlich hatte ich nichts angestellt. Wenn ich diesen Job verlieren würde, wäre mein Leben vorbei. Ich ahtte keinen anderen Lebensinhalt. Nervös räusperte ich mich. "Sie wollten mich sprechen?"
"Jaja, genau." Wieder wandte er seinen Blick nicht einmal von dem Bildschirm ab. "Du wirst am Freitag mit mir auf ein Meeting kommen. Um 20 Uhr vor dem 'Delis'."
Freude stieg in mir auf, also hatte ich wohl etwas richtig gemacht, vielleicht bekam ich jetzt endlich die Anerkennung, die ich verdiente. Schließlich arbeite ich wie eine Verrückte.
Auch wenn mir bei dem Gedanken an ein Restaurant schon wieder übel wurde. Die Worte der anderen hatten sich in mein Gehirn gebrannt.

"Leider hat Jasmin keine Zeit, also musst du mitkommen! Zudem brauche ich jemanden der wenigstens ein bisschen was von seinem Job versteht." War ja klar, wieso dachte ich überhaupt, dass ich irgendwas gutes verdiente. Ich war nutzlos. Aber er hat dir ein Kompliment gemacht, du solltest nicht so hart zu dir sein.
"Okey, danke für die Chance. Soll ich irgendetwas bestimmtes anziehen?" Ich kniff die Lippen zusammen, spürte wie mir die Tränen schon brennend in die Augen stiegen. Doch ich würde sicher nicht hier weinen, nicht vor ihm. Es war wie im Tierreich. Nur keine Schwäche zeigen. Sonst wurde man gefressen.

"Wenn du eike Burka hättest, wäre das vielleicht eine gute Option, ansonsten etwas weites Langes, obwohl, selbst dann wärst du kein Augenschmaus!

Aber egal, sie müssen nur zuhören und mitschreiben, mir egal was sie anziehen. versuchen sie nur, nicht zu krank auszusehen.

Ich habe keine Lust auf eine Anzeige, weil ich meine Mitarbeiter zu schlecht behandele", lachte er und musterte mich abwertend.

"Und jetzt gehen sie, ihr Selbstmitleid verpestet meine Luft und sorgt dafür das ich nicht arbeiten kann!"

Das saß. Er hatte recht, ich wälzte mich schon wieder im Selbstmitleid. Jammern bringt nichts. Ich musste einfach etwas ändern.
Trotzdem. Er musste auch wirklich jedes Mal noch einmal reintreten, wenn ich eh schon am Boden lag. Vielleicht dachte er, es wäre witzig. Doch mein Humor war, wenn es um meinen Körper ging, schon lange restlos aufgebraucht. Dennoch nickte ich mit leicht gesenktem Kopf und verließ mit Tränen in den Augen den Raum. Er hatte recht.

Ich war hässlich.

Bone MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt