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Und das war ein Weg ohne Thilo und mit noch mehr Disziplin.
Ein Weg den ich alleine bestreiten musste.
Denn ich war allein. Wie immer.
×Ich arbeite nun schon seit drei Monaten hier in einer großen Supermarktkette als Verkäuferin. Es war wirklich uninteressant und langweilig, aber auch das einzige was ich auf die schnelle organisieren konnte. Und ich wurde immerhin bezahlt. Nichtmal sonderlich viel weniger als bei meinem alten Job. Und ich arbeitete sogar weniger als zuvor. Andererseits forderte diese Arbeit überhaupt nichts von mit.
Als Teenagerin hatte ich häufiger in Supermärkten gejobt, vermutlich hatte ich hier auch deswegen so schnell einen Job bekommen. Oder einfach nur weil Not am Mann war. Wir waren dauernd unterbesetzt. War auch logisch. Schließlich wollte jeder etwas besseres werden. Niemand wollte bei soetwas hängen bleiben.Und so saß ich nun hier und zog gleichmäßig die Einkäufe der Menschen über das Kassenband. 8 Stunden lang. Sechs Tage die Woche. Einfach nur Lebensmittel und ähnliches über ein Kassenband ziehen. Abscannen. Abkassieren.
Es hatte beinahe schon etwas mediatives.Ziehen. Piep. Ziehen. Piep. Ziehen. Piep.
Ich ließ meine Gedanken schweifen. Ich hatte drei Kilo zugenommen. Ich war so dumm. Doch ich konnte dem Essen einfach nicht wiederstehen. Und für Sport hatte ich zu wenig Zeit gehabt. Ich musste schnellstmöglich meine Disziplin wieder finden. Sonst würde ich mein Ziel nie erreichen. Ich würde immer fetter werden. Aufgehen wie ein Hefeklotz.
Die Leute starrten mich jetzt schon so seltsam an. Hatten immer irgendetwas mitleidiges in ihrem Blick. Ihre Blicke wanderten immer wieder auch meine Arme und meinen Bauch. Mir taten diese Blicke weh. War ich wirklich so fett das ich bemitleidet werden musste? Warscheinlich schon. Ich war einfach zu fett, wenn es die Kunden schon merkten. Ich musste wieder joggen gehen. Heute. Nach dem Arbeiten.Ziehen. Piep. Ziehen. Piep.
Wie es wohl Thilo ging? Seit zwei einhalb Monaten hatte ich ihn nun nicht mehr gesehen. Kurz nachdem ich diesen Job bekommen hatte musste ich umziehen. In ein noch ärmeres Viertel. Um noch mehr Geld zu sparen. Und seit dem kam er nicht mehr zu mir. Zum Glück. Jedes mal wenn ich ihn sah, schrie alles in mir danach zu ihm zu gehen. In in meine Arme zu schließen und ihn nie wieder loszulassen. Aber das dürfte ich nicht. Ich musste ihn schützen vor mir. Vielleicht hatte er mich ja eh schon vergessen und vergnügt sich mit einer hübscgeren. Oder er hatte verstanden, wie kaputt ich war und ekelte sich. Ich würde es verstehen.
Ziehen. Piep. Ziehen. Piep.
Ich war müde. Wollte eigentlich nur noch schlafen. Wie immer. Meine Augen fielen mir immer wieder zu und mein Kopf sackte ab. Mein Herz schlug merkwürdig ruhig. Ich musste wach bleiben. Ich brauchte diesen Job. Ich musste mich zusammen reißen.
Ziehen. Piep. Ziehen. Piep.
Ich fühlte mich schlapp und träge. Wann hatte dieser Alptraum nur endlich ein Ende. Ich wollte das alles hier nicht mehr. Ich wollte nicht mehr leben. Das alles war ein Kampf. Aber so durfte ich nicht denken. Selbstmord war keine Lösung. Selbstmord hieß aufzugeben.
Ziehen. Piep. Ziehen. Piep.
"Mrs Ellton? Mrs Ellton?! Geht es Ihnen nicht gut?" Ich kannte diese Stimme. Hatte sie nur seit Monaten nicht mehr gehört. Sie hatte mir Hilfe angeboten. Mrs Miller. Doch das konnte nicht sein. Und dennoch. Ihre bedringliche Stimme drängte sich zwischen die Watte, die sich in meinem Kopf ausgebreitet hatte. Ich versuchte zu reagieren. Meinen Kopf zu heben. Ihr selbstbewusst in die Augen zu blicken und zu sagen das es mir gut ging. Doch ich konnte einfach nicht. Mein Kopf war so schwer. Und ich hatte einfach keine Kraft mehr. Ich wollte mich nur kurz hinlegen. Danach konnte ich einfach weiterarbeiten. Nur ganz kurz hinlegen.
Mein Kopf sank auch das Kassenband.
Ich spürte wie mein Herz langsamer schlug.
Mein Atem zu stocken begann.
Meine Augen zufielen.
Meine Muskeln sich entspannten.
Ich hörte panische Stimmen um mich herum.
Sie verstummten langsam.
Ich driftete ab.
Alles war wie in Watte gehüllt.
So warm und weich.
Ich merkte wie mein Herz holprig stehen blieb.
Ich merkte wie mein Atem stockte und schließlich stoppte.
Ich merkte wie sich eine warme Flüssigkeit zwischen meinen Beinen verteilte.
Und dann. Dann merkte ich nichts mehr.Alles war ruhig und friedlich.
Und ich, ja ich glaubte,Ich war tot.

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Bone Mate
WerewolfEine von der Angst und dem Mobbing zerbrochene Frau. In einem Teufelskreis gefangen, kaum einer schafft es diesem zu entfliehen. Sich der Opferrolle zu entwinden. Ist es überhaupt möglich? Wird sie es schaffen? Wird sie eine der wenigen sein die die...