Kapitel:11

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Schweißgebadet wachte ich aus dem Albtraum auf, indem ich wie eine Verückte rumkreischte.
Mein Brustkorb bebte und ich schnappte ungeduldig nach Luft.
>> Was ist passiert? Wieso brüllt du so rum? <<
Ich wandte mich verschnauft zu Mary und blickte in ihr geschocktes Gesicht.
Sie lebt. Natürlich lebt sie! Das war ein Traum.
Erleichtert ließ mich wieder nach hinten fallen. >>Ich hab nur schlecht geträumt. Alles gut. Tut mir leid, dass ich dich schon so früh geweckt habe.<<
Ihr Blick ruhte immer noch auf mir, dass spürte ich.
>>Schon wieder ein Albtraum. Die hast du ganz schön oft. Glaubst du wirklich dir geht es gut? << fragte sie besorgt und nahm mich unter die Lupe.
>> Ja. Mir gehts gut. << log ich.>>Mach dir keine Sorgen um mich. <<
>>Das sagt sich so leicht. << murmelte Mary und ließ sich wieder neben mich fallen.
Keiner von uns konnte mehr schlafen. Ich sowieso nicht mehr. Ich bekam die furchtbaren Bilder nicht mehr aus dem Kopf.
>>Was macht Radagast jetzt wohl? << fragte Mary. Eher zu sich selbst als zu mir.
Trotzdem antwortete
ich. >> Wahrscheinlich den Stall ausmisten. Das hat er meistens um diese Uhrzeit gemacht. <<
>>Ja. Wahrscheinlich.<<
Das Licht des frühen Morgens fiel durch die großen Fensterscheiben. Bald würde sich die Sonne auf dem Himmelszelt zeigen. Uns blieb nicht mehr viel Zeit zusammen.
>>Ich wollte dir noch was geben. << beschloss ich und sprang vom Bett auf.
Mary setzte sich neugierig auf. >>Was denn? <<
Ich kramte in den Tiefen meines Rucksackes und da fand ich es. Eine selbstgemachte Erinnerung an den Wald. Ich habe fast zwei Monate dafür gebraucht. Doch es hat sich gelohnt. Es war eigentlich für Ihren Achtzehnten Geburtstag gedacht. Aber ich werde heute gehen.
Ich strich über den Ledereinband, der in eine feine Schicht Staub gehüllt ist.
>>Es ist nichts besonderes. << gestand ich ihr und hielt das Buch mit den getrockneten Blüten und Blättern hin.
Als sie das Stückchen Erinnerung öffnete, traten Tränen in ihre Augen.
>> Das ist das schönste, was ich je bekommen habe. << verriet sie mir.
Mit den Fingerspitzen berührte sie die einzelnen Blüten. >> Es ist wie ein Stück Zuhause. <<
Eine kleine, glänzende Träne kullerte ihre rosige Wange hinunter und fiel auf die offene Buch Seite. Das vergelbte Papier sog sich die salzige Träne auf, doch man sah genau, wo die Flüssigkeit das Papier berührt hat.
>>Danke. << hauchte sie. >> Ich habe nichts für dich. <<
>>Ich brauche nichts. Dein Freude reicht mir vollkommen aus. <<
Sie strahlte und wischte die Tränen aus ihren Augen. >>Wir sollten uns fertig machen. <<
>>Glaubst du ich kann eine Hose anziehen?<< wollte ich wissen.
Sie nickte. >>Bestimmt. <<
Nach eine erfrischenden Bad und einer Bequemen Hose, machen Mary und ich uns auf dem Weg zum Tor.
Es ist so weit. Wie schnell sich alles ändert. Vor ein paar Jahren war ich ein 15 jähriges Mädchen, dass kein zuhause hatte und was bis jetzt noch keins gefunden hat. Doch nun breche ich ein Abenteuer auf, was mich mit Freude und Angst erfüllt.
Eigentlich hasse ich Veränderungen wie die Pest. Da sich alles meistens in etwas schlechtes umwandelt. Aber diesesmal freue ich mich auf das, was mich erwartet. Ich werde nicht aufgeben. Das Böse, was sich immer mehr ausbreitet wie eine ansteckende Krankheit, werde ich vernichten. Ich höre die Freiheit rufen. Ihr auch? Sie ist so laut, dass man sie kaum überhören kann. Ich spüre es in meine Knochen, dass ich die Ungerechtigkeit zersplittert muss, sonst wird es keinen Frieden mehr geben und Mittelerde wird für immer verloren sein.
Das kann ich nicht zu lassen, wir nicht zu lassen. Die Gefährten.
Alle waren bereit. Wir mussten uns nur noch verabschieden.
>>Ich wünsche euch viel Erfolg bei eure Reise. In euren Händen liegt nun das Schicksal Mittelerdes. << ertönte Elronds Stimme. Er wirkte zum erstenmal etwas besorgt. Wahrscheinlich hatte er auch Angst.
Mary verabschiedete sich von Gandalf und den anderen. Ich nutzte den Zeitpunkt und trat auf Elrond zu.
>>Passen sie bitte gut auf Mary
auf!<<flehte ich.
Elrond nickte stumm, doch zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass er es ernst meint.
Ich knickste kurz um meine Dank auszusprechen und machte wieder Kehr zu den Hobbits und Mary.
Als Pippin mich bemerkte, plapperte er>>Sehr Hübsch, Miss clair. << Er musterte erstaunt meine dunkle Hose, die ich zum Glück angezogen hatte.
Merry stuppste ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen und zischte:>>Hör auf zu schleimen, Pippin.<<
Mary verdrehte amüsiert die Augen.
>>Haben sie alles? << erkundigte Aragorn sich bei mir. Er hatte dunkle Schatten unter seinen blau-grauen Augen. Er sah nicht besonders wach aus. Doch trotzdem schenkte er mir ein leichtes Lächeln, was ich gerne erwiderte. >>Ja, ich glaub schon. <<
Er nickte und richtete sich an alle. >>Wir sollten nun aufbrechen. <<
Bevor ich nach meinen Rucksack greifen konnte, schlung Mary ihre Arme um mich. So fest, dass ich dachte sie wolle mich ersticken lassen.
>>Vergiss dein Versprechen
nicht. << hauchte sie. Mein Herz schmerzte, wenn ich daran dachte sie erstmal nicht mehr zu sehen. Keine Umarmungen und Gespräche mehr. Für eine lange Zeit.
Mein Tränendamm drohte zum ausbrechen. Ich tat alles damit dies nicht geschieht. Doch ein paar Tränen quollen über die Grenze.
Wie soll ich alles überstehen ohne dieses Wunder?
Sie löste sich von mir und lächelte mich an. >>Ich hab doch noch was für dich. << 
Sie drückte mir ein altes, fast zerfallen Buch in die Hand. In einer silbernen Schrift stand geschrieben >Der Ozean und ich<. Bevor ich mir Gedanken um den Titel machen konnte, riss Mary es mir aus der Hand  und ließ es in meinem Rucksack verschwinden.
Ich starrte sie verständlos an. >>Was.. <<
Sie legte mir einen Finger auf die Lippen um mich zum Schweigen zu bringen. >> Das Buch ist für später. <<
Ein letztes Mal blickte ich in ihre treuen Augen, die mich wie jedesmal verzaubern.
"Wiedersehn" ruften alle außer mir. Ich war nur dazufähig stumm den anderen zu folgen. Mein Herz tobt und kreischt und brüllt, da es  einen der wenigen Lebewesen zurücklässt, die mein Herz je vertraut hatte. Ich fühlte mich so einsam obwohl ich nicht alleine war. Die Gefährten waren bei mir.  Ein Abenteuerlustiger Zauberer, vier kleine neugierige Hobbits,ein sturrer Zwerg, zwei komplett unterschiedliche Menschen, einer davon ist Thronerbe von Gondor und der andere Sohn des Trochsess. Noch ein arroganter, eingebildeter und hochmütiger Elb, der abzu liebevoll und menschlich wirkt. Das ist also die Gemeinschaft des Ringes. Ach ja ich habe noch jemanden vergessen: eine seltsame Halbelbin, die nie daran gedacht hätte ihre Seelenschwester zu verlassen. 
Meine Gedanken kreisen sich nur um sie. Wir haben Bruchtal längst verlassen und sind schon seit einer Ewigkeit unterwegs und ich kann nur daran denken, dass ich nicht mehr ihr heiteres Lachen lauschen kann.
Mit jeder Sekunde die vergeht, bereue ich es, sie alleine gelassen zu haben. Aber ich bereue es auch nicht, dass ich gegangen bin. Irgendwas sagt in mir, dass es richtig war das ich mich angeschlossen habe.
>>Vierzig Tage lang, müssen wir den Pfad westlich des Nebelgebirges folgen. Wenn uns das Glück heut ist, wird die Pforte von Rohan noch offen für uns sein.Von dort biegen wir östlich nach Mordor ein. <<erklärte uns Gandalf auf dem Weg.
Wenn ich ehrlich war, bekam ich nur die Hälfte mit. Die Sonne blendete und benebelte meine Sinne.
Es muss bereits Mittag sein, so hoch sie am Himmel steht. Das große Blau was sich über unseren Köpfen ausbreitete, schien unendlich zu sein. Die Berglandschaft auf der wir wanderten, schien genauso grenzenlos zu sein.
>>Wir sollten eine Pause machen<< schlug Aragorn vor. Wodruch er mir noch zehnmal sympathischer wurde.
Ich ließ mich neben ihm auf einen Felsen fallen. Die anderen waren Anscheint nicht so fertig wie wir.
Aragorn und ich beobachten Merry und Pippin dabei, wie sie gegen Boromir mit schwertern kämpften. Boromir meinte, sie sollten lernen, wie man kämpft. Es sah putzig aus den kleinen Hobbits zu zusehen wie sie den Trochsess Sohn vernichten wollten.
>>Beweg deine Füße.<<befiel Aragorn. Er nuschelte leicht, was an seiner Pfeile im Mund lag, die den Rauch der in der Luft spielte, erzeugte.
>>Gar nicht schlecht, Pippin.<< lobte Merry seinen Vetter.
>>Ihr seit klein und flink, dass müsst ihr beim Kämpfen ausnützen.<<rief ich zu den beiden herüber.
Merry lachte:>>Dass ist gar nicht so einfach. << Diesen Satz erinnerte mich an Mary. Und schon tobte mein Herz schon wieder.
>>Versucht du es doch, clair.<< riss Aragorn mich aus meinen Gedanken und zeigte mit seiner Pfeife auf Boromir und die Hobbits.
>>Ich weiß nicht.<< nuschelte ich.>>Und außerdem möchte ich den Hobbits doch nicht die Show stellen.<<
>>Ich glaube, die können von dir noch was lernen. << meinte Aragorn amüsiert, worauf ich leicht grinsen musste, doch es verging mir gleich wieder. >>Das kannst du von ihr doch nicht erwarten. Sie ist eine Frau!<<mischte der nicht grandiose Boromir ein. Der hat es immer noch nicht verstanden.
>>und deshalb weil ich eine Frau bin,werde ich kämpfen.<< teilte ich mit und stand auf.
Merry warf  mir sein Schwert herüber. >>Danke.<<gab ich zurück.
Der vor mir stehenden Boromir starrte mich mit großen Augen an.
>>Na los. Oder hast vor mir, einer Frau, Angst bekommen.<<betonte ich.
Meine spitzen Ohren vernahmen Gekicher.
>>Aber keine Zauberei!<< bittete er und erhob zögerlich sein Schwert.
Jetzt konnte ich mir mein Grinsen nicht mehr verkneifen. >>Glaub mir, dass wäre Verschwendung unnutzer Kraft.<< Ich erhob ebenfalls mein Schwert doch nicht zörgend, sondern sicher. Es machte mir nichts aus einem Mann in seine Schranken zu weisen.
Ein paar mal traf mein Schwert seins. Doch es dauerte nicht lange, bis er unbewaffnet  auf dem sandigen Boden lag. Nur ein Stückchen war die Schwertspitzte von seiner Kehle entfernt. Nur eine kleine Bewegung hätte aus gereicht. Doch die wäre nicht nötig. Ich wollte ihm nur zeigen,dass er sich besser nicht mit mir anlegen sollte und ich glaube mit dieser Vorstellung ist das sehr gut gelungen. Ich brauch nur in sein Gesicht zu blicken um die Angst in seinen Augen zu erkennen.
>>Mein Mut wächst mit jedem Versuch mich einzuschüchtern.<< hörte ich mich sagen.
Triumphierend klopfte ich mir den Staub von der Schulter.
Das Schwert fiel zu Boden, worauf der Verängstigte erleichtert aufatmete.
Er hatte wirklich geglaubt, ich würde ihn töten. Ich gab ihm meine Hand, die er zaghaft an nahm. Mit einen Ruck zog ich ihn Hoch auf die Beine. >>So Merry und Pippin gibt euer bestes.<< befahl ich.
>>Das war total abgefahren, Clair. Das musst du uns beibringen.<<erkannte Merry an und strahlte mich mit einem breiten Lächeln an.
Ich beugte mich zu den beiden vor und flüsterte :>> Lasst euch lieber von Boromir helfen.So schlecht ist er gar nicht.<< Ich erhob mich wieder. >>Ich bin halt nur besser.<< Die beiden nickten und nahmen ihre Schwerter und kämpften weiter. Auch wenn man bemerkte, dass Boromir leicht beleidigt war.
Auffeinmal dachte ich an Mary und das Buch. Ich machte mich schnell auf den Weg zu meinem Rucksack und kramte nach dem Buch. Als meine Hände etwas viereckiges berührten, zog ich es aus der Tasche heraus.
>Der Ozean und ich< fiel mir sofort in die Augen. Was meinte Mary damit? Doch nicht etwa... Nein, ganz bestimmt nicht.
Ich meine, nur weil er einmal nett zu mir war, heißt es nicht, dass er mich mag? Oder?
Doch als ich gerade den Blick von dem nervenaufreibenden Buch heben wollte, blickte ich in den Ozean. Den weiten Ozean.

Etwas Böses lauert im Dunkeln Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt