sechsunddreißig

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Am nächsten Tag ging Jimin nicht zur Schule und am darauffolgendem Tag ebenfalls nicht. Erst als sein Vater in sein Zimmer kam und ihn regelrecht dazu zwang, mit ihm mitzukommen, verließ er zum ersten Mal sein Haus seit einer Woche.

Die Schule hatte seinen Vater angerufen und sich nach Jimin erkundigt, da er so viele Fehlzeiten wie noch nie hatte und das Ordnungsamt eingeschaltet werden musste, wenn er sich weigerte, zur Schule zu gehen.

Jimin hatte einen großen Hoodie an, um sich in diesem zu verstecken. Er schämte sich, dass er von seinem Elternteil zur Schule gefahren wurde.

Er setzte sich allein auf eine Bank und wartete, bis es zum Schulbeginn klingelte. Seine Kopfhörer dröhnten ihn mit Musik voll, weshalb er nichts um sich herum hörte. Sein Kopf hielt er mit einem Arm fest, damit er nicht kraftlos einnickte.
Jimin wollte bloß nach Hause und nichts tun.

Ein Tippen an seiner Schulter ließ ihn aufschauen. Er sah Hoseok an, der seine Lippen bewegte, doch durch die Musik hörte Jimin natürlich nichts.
Verwirrt zog er seine Kopfhörer aus den Ohren.
"Es hat geklingelt." wiederholte er sich und lächelte leicht. "Wie geht es dir?"
"Gut." log Jimin und stand langsam auf. Er torkelte ein paar Schritte, bis sein Kreislauf wieder richtig funktionierte.

"Du siehst aber nicht so aus. Schläfst du genug?"
Jimin nickte kurz. Er schlief nur wenige Stunden. Wenn er einmal eingeschlafen war, träumte er schlecht oder wachte ständig auf.

"Hoseok, kommst du?" rief Jungkook und sah den Angesprochenen an. Er stand mehrere Meter neben ihnen und wollte ebenfalls in den Klassenraum gehen.
"Schön, dich wieder zu sehen." murmelte Hoseok und lief zu Jimins Exfreund.

Jimin biss sich auf seinen trockenen Lippen herum und vergrub seine Hände in der Hoodietasche.
Allein ging er die Treppen hoch und setzte sich auf seinen Platz.

Er spürte Jungkooks Blick auf sich, doch Jimin versuchte ihn zu ignorieren und sah Yoongis leeren Platz an.
"Jimin, ich möchte nach der Stunde noch mit dir reden." kündigte seine Lehrerin an.

Nach zehn Minuten öffnete sich die Raumtür und Yoongi trat ein.
"Tut mir leid für die Verspätung." entschuldigte sich der Schwarzhaarige und setzte sich schnell auf sein Platz. Als er Jimin bemerkte, erhellte sich seine Miene und er lächelte leicht.

Jimin erwiderte es zwar nicht, doch es schien ihn nicht zu beunruhigen. Er hatte Jimin schließlich vor ein paar Tagen gesehen und wusste, wie er sich fühlte.

[...]

"Ist bei dir irgendetwas passiert, dass du dich wieder so hängen lässt?" fragte die Lehrerin Jimin, als alle Schüler den Klassenraum verlassen hatten.
"Nein, alles gut." antwortete Jimin gleichgültig. "Ich habe nur keine Lust auf Schule."

"Aber du weisst, dass es deine Pflicht ist, in die Schule zu gehen? Du möchtest doch deinen Abschluss kriegen oder nicht?"
"Das ist mir egal." murmelte der Schwarzhaarige. "Kann ich gehen?"
"Komm einfach in die Schule. Ich möchte nicht, dass du die Klasse wiederholen musst."

Jimin nickte knapp und ging schließlich aus dem Zimmer. Er wollte seinen Abschluss und endlich die Schule verlassen, doch momentan schien es einfach unmöglich zu sein.
Der Druck auf seiner Brust, den er schon viel zu oft spürte, kam wieder, weshalb er sofort auf die Toiletten verschwand und sich in einer Kabine verschloss.

Leise schluchzte er auf und ließ sich an der Tür heruntergleiten.
Es klingelte zur nächsten Unterrichtsstunde, doch Jimin bewegte sich nicht. Er wollte nicht weinend im Unterricht sitzen. Am liebsten wollte er gehen, doch seine Tasche war noch im Raum.

Als Jimin nicht zum Unterricht erschien, fing Yoongi an nach ihm zu suchen. Überall rief er seinen Namen und hörte schließlich in einer der Kabinen Jimin weinen.
"Jimin, ich bin's. Mach die Tür auf." seufzte Yoongi und klopfte an die Tür.

"Lass mich in Ruhe." antwortete Jimin wütend. "Ich will allein sein."
"Kannst du bitte aufmachen?" fragte Yoongi nett. "Sonst kletter ich gleich über die Wand."
"Mach doch."

Yoongi verdrehte seine Augen und ging in die Nachbarskabine. Dort stellte er sich auf die Toilette und sah über den Sichtschutz.
Jimin saß zusammengekauert auf dem Boden und umarmte seine Beine.
"Machst du auf?"
"Nein."

Mit Kraft zog sich Yoongi hoch und schwang sein Bein über die Wand. Etwas umständlich ließ er sich schließlich auf den Boden gleiten und sah Jimin amüsiert an.
"Verpiss dich." murmelte Jimin und drehte seinen Kopf weg.

"Worüber hast du mit unserer Lehrerin geredet?" fragte Yoongi und quetschte sich neben Jimin auf den Boden. Den Ekel unterdrückte er gekonnt.

"Ich werde die Schule nicht schaffen." erzählte Jimin und sah Yoongi an. "Ich kann nicht zur Schule gehen. Mich schauen alle an, als wäre ich ein Alien und meine Freunde hassen mich. Und du bist auch nicht da."

"Woher sollte ich denn wissen, dass du heute kommst?" fragte dieser und strich Jimins Tränen aus dem Gesicht.
"Mein Vater hat mich gezwungen. Die Schule hat bei uns angerufen."

"Du darfst aber jetzt nicht aufgeben, Jimin." sagte Yoongi und nahm seine Hand. "Du musst nicht reden, aber stell dich wenigstens zu deinen Freunden in den Pausen. Wieso sollten sie dich hassen, wenn es eine Sache zwischen dir und Jungkook ist?"

Schweigend sah Jimin Yoongis Hand an. Er fuhr sanft mit seiner anderen Hand über den Handrücken und seufzte.
"Ich werde es versuchen."

Boyfriendsʸᵒᵒᶰᵐᶤᶰ/ʲᶤᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt