73 | kalte Mauer

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ZWEI JAHRE SPÄTER

Fest hielt ich die Blumen in meiner Hand und blickte langsam auf den Friedhof. Eine leichte Gänsehaut bildete sich auf meiner Haut als ich die kalten, großen Mauer ansah, die uns von den Toten trennte. Ich hasste diesen Ort. So viele Seelen liegen hier unter der Erde, die ihre Liebsten viel zu früh verlassen mussten. Aber irgendwann werden wir alle mal da liegen. Egal, ob wir es wollen oder nicht.

Jeden Tag seh ich wie Patienten von mir sterben müssen. Obwohl ich mein Bestes gebe, kann ich nicht alle retten. Und nach einiger Zeit kann es einen echt fertig machen. Obwohl ich jetzt schon seit vielen Jahren Ärztin bin und mich mit dem Tod besser auffassen kann, kann ich mit dem Tod einer Person immer noch nicht abschließen. Es ist schon Jahren her und die Person liegt immer noch in meinem Herzen. Letztes Jahr bin ich hierhergekommen um auf das Grabmal Blumen zu legen, dieses Jahr werde ich dasselbe machen und die nächsten Jahre werde ich hier ebenfalls stehen.

Wieso muss der Tod auch immer die Besten von uns nehmen?

Eine Träne floss meine Wange runter, die ich aber sofort wegwischte. Ich riss mich schnell zusammen und blickte genervt auf meine Uhr. Wieso kann man nicht einfach pünktlich ankommen? Vor allem, wenn man Tote besuchen will, könnte man sich ein wenig Mühe geben und früher losgehen. Gerade als ich mein Handy aus meiner kleinen Tasche holen wollte, um zu fragen, wieso es so lange dauerte, griff jemand plötzlich harsch meine Schultern und zog mich zu sich. Die Person schrie auf, woraufhin ich ebenfalls laut vor Schreck aufschreien musste.

„Spinnst du?!", schrie ich die Person an und schlug ihn mit meiner Tasche mehrmals auf den Bauch. Dieser Idiot lachte laut auf und schützte sich vor meiner Tasche mit seinen Händen.

„Du solltest deine Fresse sehen.", sagte er belustigt, woraufhin ich wütend meine Augen zusammen kniff und ihn ungläubig ansah.

„Deine Fresse sieht gleich auch was.", sagte ich wütend und wollte meine Tasche auf diesen dann schmeißen, doch natürlich kam er mir zuvor. Er packte meine Arme fest und zog mich zu sich, wobei ich mich dann nicht mehr bewegen konnte.

„Tut mir leid.", sagte er dann breit grinsend und legte dabei seine breiten Armen um mich. Ich rollte mit den Augen und versuchte mich wieder von dem Gorilla zu trennen, was aber natürlich nicht klappte.

„Wieso hast du eigentlich wieder so lange gebraucht?", fragte ich ihn, während ich auf die Blume runterblickte, um mir zu vergewissern, dass ihnen auch nichts passiert ist.

„Musste mich noch um einen Kunden kümmern.", sagte er, wobei ich dann verstehend nickte. Er legte daraufhin seine Hände auf meine Wangen und zog mein Gesicht sanft zu sich. Ich schloss langsam meine Augen, doch bevor sich unsere Lippen treffen konnten, hob ich meine Tasche hoch und boxte diesen gegen sein Gesicht.

„Ich hab dir gesagt, dass deine Fresse noch was sehen wird.", sagte ich laut lachend und entfernte mich sofort von ihm. Dieser sah mich verdutzt an und öffnete leicht geschockt seinen Mund. Doch er grinste dann breit und schüttelte belustigt mit dem Kopf.

„Wirklich, Adelina? Vor einem Friedhof? Du solltest etwas Respekt haben.", sagte er scherzend, kam auf mich zu und legte seinen schweren Arm um meine Schultern.

„Du hast aber angefangen.", sagte ich provozierend und blickte grinsend zu ihm hoch. Daraufhin drückte er einen leichten Kuss auf meine Stirn und drückte mich fester zu sich. Dann liefen wir gemeinsam in die Richtung des Tores vom Friedhof.

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