Kapitel 35

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Wie so oft in letzter Zeit, stand ich vor dem Spiegel und begutachtete mein Outfit. Das Menü des heutigen Abends: eine schwarze Shorts, der Figur schmeichelnd, zähe weiße Joggingschuhe, ein knackiges schwarzes Tanktop, untermauert mit einem pinken Sport-BH. Zu guter Letzt, für alle Leckerschmecker: an der einen Seite zurückgeflochtene Haare, die hoch am Kopf in einem Zopf mündeten. Ich grinste schief. Wahrlich nur für Gourmets.

Ich rannte in den Keller, um mir eine Flasche Wasser zu holen. Als ich kurz darauf in der Küche stand, keuchte ich vor mich hin, als hätte ich gerade einen Marathonlauf hinter mir. Meine Mutter beobachtete mich über den Berg Kartoffeln weg, den sie gerade schälte.

„Ich wette, du schaffst nicht einmal einen Kilometer bevor du umdrehst oder in die Knie sinkst."

Ich schaute sie finster an, konnte aber nicht antworten, weil mir immer noch die Puste fehlte. Deswegen ging ich einfach raus und wartete auf Ceil, die jeden Moment kommen sollte.

Die Idee mit dem Joggen war gar nicht mal so schlecht, denn ich war ja mal so was von aus der Form. Und ein, zwei Kilo hatte ich auch zu viel auf der Waage. Obwohl, eigentlich nicht. Aber es hörte sich so erwachsen an, das zu sagen.

Genauso wie: „Es ist unverschämt, wie die Benzinpreise momentan steigen!" Ich schmunzelte.

Ceil riss mich aus meinen sehr reifen Gedanken, als sie um die Ecke geradelt kam. Sie stellte das Fahrrad ab und hüpfte ein wenig herum, um sich bereit zu machen.

„Na, wollen wir los?", fragte sie mich.

„Logo!", sagte ich mit mehr Begeisterung, als ich eigentlich empfand. Ich lief neben Ceil her und wir begannen unsere erste Joggingtour.

Wir beide hatten jeweils nur einen unserer Ohrstöpsel von unseren iPods drinnen, damit wir uns unterhalten konnten. Aber schon bald versiegte unser Gespräch und ich hörte nur noch unser beider Atem, der zunehmend schwerer klang und sich bei mir nach fünf Minuten - vielleicht war es sogar weniger - in ein richtiges Keuchen steigerte.

Meine Güte, war ich aus der Übung!

„Ich brauch 'ne Pause", brachte ich gerade noch hervor, blieb stehen und stützte mich auf meinen Knien ab.

„Schon?", neckte mich Ceil, obwohl ich wusste, dass sie die letzte Minute fast genauso gekämpft hatte wie ich. Mir fiel die Voraussage meiner Mutter ein und ich musste beschämt feststellen, dass ich wirklich keinen Kilometer geschafft hatte.

Ich blieb eine Minute in meiner Haltung, bis sich meine brennenden Lungen wieder halbwegs beruhigt hatten und sagte Ceil dann, wir könnten weiterlaufen. Sie schlug den Weg in den Park ein und ich folgte ihr, während ich nach einem schnelleren Lied suchte. Uns kamen andere Jogger entgegen, die eindeutig schneller waren als wir. Dann überholte uns ein joggendes Pärchen, das nebenbei noch einen Kinderwagen schob. Aber der Gipfel war erreicht, als uns eine Walkerin überholte, die noch dazu schon fortgeschritteneren Alters war! Ich aktivierte die letzten Kraftreserven meines Körpers und legte einen Zahn zu.

„Ganz ehrlich, ich geb mir doch nicht die Blöße und lasse mich von Senioren überholen!", keuchte ich, während ich versuchte das Seitenstechen des Jahrhunderts zu ignorieren. Ceil war so außer Atem, dass sie mir noch nicht einmal zunicken konnten. Ungefähr sechzehn Meter vor uns erblickte ich eine Parkbank und sie wurde vor meinem geistigen Auge förmlich in heiligem Licht erleuchtet.

„Unsere Rettung!", stieß ich hervor. Aus irgendeinem Grund liefen wir jetzt doppelt so schnell auf die Sitzmöglichkeit zu und nach elf Sekunden waren wir angekommen. Wir warfen uns auf die Bank und brauchten fast vier Minuten, bis sich unser Röcheln in normales Atmen umgewandelt hatte. Ich schielte zu Ceil rüber, die mich auch musterte. Unser Grinsen wurde zu einem breiten Lächeln, bis wir schließlich in lautes Lachen ausbrachen.

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