„Ruhe bitte!" Mr. Hoffmanns Stimme gellte durch das Klassenzimmer. Als der Lärmpegel sich kein bisschen senkte, schmetterte er die tonnenschweren Chemiebücher auf das Pult. Die meisten Schüler erschraken, aber nur ich fiel deswegen halb vom Stuhl. Ceil neben mir fing an zu kichern, während ich mich wieder hochrappelte.
„Ich hasse Chemie!", stöhnte ich. Und das lag nicht nur am Lehrer, der den Stoff staubtrocken erklärte und daran, dass man jede Stunde von seinen Freunden Abschied nahm, weil eindeutig die Gefahr bestand, vor Langeweile zu sterben. Nein, es lag auch daran, dass ich Chemie einfach nicht verstand. Ich sah keinen Sinn hinter dem Geschwafel von Mr. Hoffmann. Nur zu dumm, dass er anscheinend nicht das Talent besaß, einer Schülerin wie mir den Stoff verständlich zu machen.
„Ich habe die Kurzkontrolle korrigiert", piepste mein Lehrer. Ich fragte mich, ob er je im Stimmbruch gewesen war. Vielleicht war er nie wirklich in die Pubertät gekommen, was auch erklärte, warum er keinen Bartwuchs hatte. Ich schmunzelte bei dem Gedanken, aber gleich darauf verfinsterte sich meine Miene.
„Es war eine Freude zu sehen, dass ungefähr sechzig Prozent von euch allem Anschein nach noch nie in ein Chemiebuch gesehen haben." Mr. Hoffmann setzte ein böses Lächeln auf. Oh oh. Dieser Lehrer gehörte eindeutig zu der Kategorie, die wollte, dass so viele Schüler wie möglich durchfielen. Das hatte er schon damit bewiesen, dass er gleich in der zweiten Stunde eine Ex geschrieben hatte. Hallo? Gings's noch? In der zweiten Stunde hatte man noch die ganzen Cocktails am Strand irgendwo in der Karibik im Kopf! Aber auf jeden Fall kein Chemie!
„Das wird ein Spaß!", grinste Mr. Hoffmann schadenfroh und teilte die Tests aus. Ich hatte es schon geahnt. Ich war durchgefallen.
„Das fängt ja prima an!", murmelte Ceil, die auch nicht bestanden hatte. Ich nickte.
„Na, Ladies, wie schaut's aus?", ertönte hinter uns eine melodische Stimme. Wir drehten uns um und wurden von Fabios blendendem Lächeln getroffen. Ich stöhnte und drehte mich wieder um. Ich hatte keine Lust dem angehenden italienischen Chemiker von meiner misslichen Lage zu erzählen. Ich überließ es Ceil, während mir eine Idee kam. Ich holte ein Papier heraus, schrieb „Chemie-Hilfe, für verzweifelte Abiturientin gesucht!" darauf und notierte zehnmal meine Handynummer am unteren Blattrand. Mit meiner Schere trennte ich die Nummern in Streifen zum Abreißen. Gleich nach der Stunde würde ich den Zettel an das schwarze Brett in der Aula hängen. Um dem Ganzen noch mehr Dringlichkeit zu verleihen, malte ich noch zwei große Ausrufezeichen darauf. Ich betrachtete zufrieden mein fertiges Werk. Jetzt musste ich nur noch die zweiunddreißig Minuten bis zum Gong abwarten.
Als die Schulglocke uns endlich erlöste, ließ ich die Stunde noch einmal vor meinem geistigen Auge Revue passieren und stellte, wie nicht anders zu erwarten war, fest, dass ich wieder einmal so gut wie nichts verstanden hatte.
Immerhin konnte ich erklären, wie der Versuch, den Mr. Hoffmann vorgeführt hatte, aufgebaut war, welche Ingredienzen er gemischt hatte und welche Beobachtung zu sehen gewesen war. Aber bei der Erklärung dafür hakte es schon wieder aus.
Mir wurde wieder bewusst, wie dringend ich diese Nachhilfe nötig hatte.
'Hoffentlich meldet sich schnell jemand', dachte ich verzweifelt.
Ceil begleitete mich zum Schwarzen Brett und ich befestigte meinen Hilferuf mit einem Stück Tesafilm.
„Da meldet sich bestimmt jemand!", versuchte sie mir Mut zu machen. Konnte sie Gedanken lesen? „Sei zur Abwechslung einmal in deinem Leben optimistisch", meinte sie lachend, während sie einen Arm um meine Schultern legte.
„Ich werd's versuchen." Aber das klang selbst in meinen Ohren nicht sehr überzeugend.
In der Cafeteria setzte sich Fabio zu uns an den Tisch und störte unser Gespräch über Tampons und ihre Nachteile. Er lächelte über das ganze Gesicht und wirkte erschlagend mit seiner Fröhlichkeit.
„Na, ihr Hübschen?"
„Och, Fabio, verzieh dich...", zischte ich genervt. „Leute, die Chemie verstehen, sind hier nicht erwünscht."
„Soll ich etwa wieder gehen?" Fabio schaute mich verletzt an.
„Außer du willst über...AU!" Ceil verpasste mir einen Tritt gegens Schienbein.
„Bleib hier, Meister", meinte sie dann. Fabio saß mir gegenüber auf einen Stuhl und schaute uns nachdenklich an.
„Was habt ihr eigentlich gegen Chemie?"
„Nichts... es ist halt langweilig und ich kapier's nicht", sagte ich versucht gleichgültig.
„Da bist du nicht die Einzige." Fabio wedelte mit einem Zettel. „Ich habe meine Berufung gefunden - ich werde Chemielehrer. Ich werde den Stoff witzig, verständlich und natürlich charmant rüberbringen. Und ich werde jetzt schon mal üben!" Er tippte eine Nummer, die auf dem Zettel stand, in sein Handy.
Ich hatte plötzlich ein wirklich, wirklich, wirklich ungutes Gefühl. Ein WIRKLICH ungutes Gefühl.
Mein Handy klingelte. Und ich ließ es klingeln.
„Willst du nicht rangeh...Oh!" Fabio schaute mich missmutig an und legte auf. Mein Telefon verstummte. „Wieso...wieso hast du mich nicht gleich gefragt!?"
„Du hättest es ja auch selber anbieten können! Und weil du so eingebildet bist!" Wir schauten uns an und brachen dann in Gelächter aus.
„Mag sein", sagte er dann, „aber wer wäre besser in Nachhilfe als ich?"
„Ich weeeiß... Tut mir Leid, Fabio. Also, willst du... Also, willst... Willst du...?" Ich konnte diese erbärmlichen Worte einfach nicht über meine Lippen bringen.
„Ein wenig mehr Demut bitte!" Er schaute mich gespielt hochnäsig an.
„Okay, okay, schon gut. Willst du mir Chemie-Nachhilfe geben?", flüsterte ich mit gesenktem Blick.
„'Tschuldigung, ich hab dich nicht verstanden, lauter bitte."
„Doooh..." Ich räusperte mich genervt. Dann sagte ich etwas lauter: „Willst du mir bitte Nachhilfe geben?"
„Wie? Nochmal bitte...", meinte er dann provokativ wie immer.
„Ach Fabio, zisch ab! Du nervst gewaltig!", fuhr Ceil ihn an. In dem Moment klingelte es. Fabio stand lachend auf und rief mir im Gehen noch zu: „Ich komm nach der Schule zu dir. Ciao, bella!"
Ich stöhnte. „Ach du Kacke, worauf hab ich mich da nur eingelassen?"
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Jaja, Fabio und Robyn...
Gute Mischung oder eher explosiv? ;)
<3<3<3
Tyskerfie & HeyGuys77
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Hearts
Teen FictionRobyn ist 18, gerade mit ihrem Abitur beschäftigt und sehr darauf bedacht in Chemie nicht durchzufallen. Zumindest bis der neue Nachbar Adrian einzieht. 26, verdammt gutaussehend und... Single? Kein Wunder, dass er Robyn von der ersten Minute in sei...