Kapitel 3

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Ich schlug die Augen auf und sah bereits einen Lichtschimmer durch die Jalousien scheinen. Ich drehte mich auf die andere Seite und versuchte noch ein wenig zu dösen, denn die Wochenenden waren mir heilig. Die Erkenntnis, dass heute Sonntag war, ließ mich aber meinen Schönheitsschlaf schnell vergessen. Heute war die Grillparty! Auch wenn ich ihr mit gemischten Gefühlen entgegensah, überwog doch die Vorfreude. Vielleicht würde ich ihn heute besser kennenlernen. Beschwingt von dieser Aussicht stand ich auf und zog die Rollos hoch. Der Himmel war von dunklen Wolken durchzogen und die Sonne wurde größtenteils von ihnen verdeckt. Aber wenigstens die Temperaturen waren annehmbar, wie mir mein Außenthermometer zeigte. Vierundzwanzig Grad Celsius, da konnte ich noch eine leichte Sommerhose anziehen. Oder vielleicht doch einen Rock? Ich hoffte, dass mich unter der Dusche ein Geistesblitz treffen würde und ging ins Bad. Singend kam ich zu einem Schluss: Ich würde natürlich ein Kleid anziehen! Meine Hormone tanzten in meinem Innern einen Tango. Ich war vollkommen aufgeregt, als ich in meinem Jogginganzug in die Küche ging. Meine Mutter Gaby schenkte sich gerade eine Tasse Kaffee ein und blickte hoch, als ich mich auf einen Barhocker vor sie setzte.

„Kaffee?", fragte sie, während sie mich anlächelte. Ich nickte nur, nicht sicher wie meine aufgeregte Stimme klingen würde. Mindestens eine Oktave zu hoch. Mein Blick fiel auf den Toaster, aus dem im selben Moment zwei Brotstücke hochschossen. Nur beim Gedanken daran, eines davon zu essen, wurde mir schlecht. Dummerweise konnte ich nie etwas essen, auch wenn ich nur ein bisschen aufgeregt war. Schnell nahm ich einen Schluck von meinem Kaffee.

„Weißt du, wann wir bei Adrian sein müssen?", fragte ich dann so casual, wie überhaupt möglich. Meine Stimme hörte sich schlimmer an als befürchtet. Mama schüttelte den Kopf.

„Papa weiß es. Aber bei dem Wetter wird vielleicht gar nichts draus..." Ich zuckte leicht zusammen. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Aber klar, falls es anfangen würde zu regnen, würde Adrian wahrscheinlich absagen.

„Schatz", meinte meine Mama dann, während sie sich Butter auf ihr Brot strich, „geh ihn doch mal fragen." Ich schaute sie verwirrt an.

„Papa?" Das könnte doch warten. Aber als meine Mama die Augen verdrehte, machte sich in mir ein ungutes Gefühl breit.

„Nein, Robyn... Adrian! Du kannst ja jetzt schnell bei ihm klingeln." Das Gefühlschaos, das jetzt in mir ausbrach, war fast nicht zu beschreiben. Ich wollte ihn wiedersehen, natürlich, aber auf der anderen Seite wollte ich auf gar keinen Fall zu ihm gehen.

„Was sitzt du denn noch hier rum? Geh schon!"

Meine Mutter ließ mir echt keine Wahl.

Ich zog mir also schnell meine Schuhe an, nahm meinen Schlüssel und ging hinaus. Ich hatte das Gefühl, dass mich meine Beine nicht mehr tragen konnten und dass ich mit jedem Schritt, der mich näher an Adrians Haustür brachte, noch langsamer wurde. Schließlich hatte ich die Tür erreicht und gab mir einen Ruck, damit ich auf den Klingelknopf drückte. Es dauerte keine zehn Sekunden, bis er die Tür öffnete. Als er mich sah, breitete sich sofort ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

„Hi, Robyn! Was für eine Überraschung. Was führt dich zu mir?" Das war eine gute Frage. Mein Herz hatte schon zum Rasen begonnen, als er die Tür aufgemacht hatte, aber als er sich auch noch an meinen Namen erinnern konnte, war mein Kopf wie leer gefegt. Beziehungsweise, ich dachte daran, wie amüsant es gewesen wäre, hätte er die Tür nur im Handtuch bekleidet geöffnet.

,Komm schon, denk nach!', versuchte ich mich anzuspornen. Zum Glück fiel es mir nach wenigen Sekunden wieder ein. "Es geht um deine Grillparty. Wir wollten fragen, ob sie bei dem Wetter überhaupt stattfindet."

Er runzelte die Stirn und blickte nachdenklich in den Himmel. Selbst so in Gedanken versunken sah er heiß aus! „Doch, sie findet statt." Er wandte sein Gesicht wieder zu mir. „Es regnet nicht und es ist noch ziemlich warm. Außerdem hab ich das Essen schon besorgt, das kann ich ja schlecht alles alleine essen", meinte er grinsend.

„Okay, dann bis später!", verabschiedete ich mich.

„Ich freu mich schon!", sagte er noch, dann hatte er die Tür schon geschlossen. In dem Moment bereute ich es, dass ich nicht noch ein wenig mit ihm geplaudert hatte. Obwohl, in wenigen Stunden würde ich mich in seinem Haus befinden. Es wäre also sehr auffällig, falls ich jetzt länger bei ihm bleiben würde. Aber auf einmal ging die Tür hinter mir noch einmal auf. Ich drehte mich um und sah in Adrians schelmisch grinsendes Gesicht.

„Du siehst übrigens auch angezogen sehr gut aus", meinte er und machte dann mit einem Augenzwinkern die Tür wieder zu.

In dem Moment hätte ich am liebsten im Boden versinken wollen, aber dann wurde mir bewusst, dass er mir soeben ein Kompliment gemacht hatte. Ein sehr schönes noch dazu und ich hatte auch das Gefühl, dass er es ehrlich gemeint hatte. Ein Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit, das bestimmt von einem Ohr bis zum anderen reichte. Nur meine Mutter durfte mich so nicht sehen. Also ging ich mit ausdruckslosem Gesicht zu ihr zurück und erstattete ihr Bericht. Wie erwartet freute sie sich.

„Ich hatte mich auch so auf den Abend gefreut. Adrian wirkt so lieb und nett. Er ist charmant, sieht gut aus... Robyn, so einen Mann solltest du dir angeln!" Meine Mama lächelte vor sich hin, während ich nervös vor mich hin lachte. 'Wenn sie wüsste...', dachte ich. Da meine Mama meinen entsetzten Ausdruck nicht bemerken sollte, nahm ich meine Kaffeetasse und schlenderte Richtung Treppe. „Hausaufgaben...", murmelte ich meiner Mutter nur zu. Oben angekommen stellte ich die Tasse auf den Tisch, nahm mein MacBook und schmiss mich auf das eineinhalb Meter breite Bett. Mein Laptop war innerhalb weniger Momente hochgefahren und ich öffnete das Internet. Ich wollte gerade von meiner Startseite 'Google' weggehen, als mir ein Gedanke kam. Mein Blick haftete auf dem Suchfeld. Ich klickte es an und begann zu lachen. Mein Herz raste - aus „unerklärlichen" Gründen natürlich - und ein heftiges Kichern durchfuhr mich. Ich atmete tief ein und schrieb: „Adrian Aldrich" und drückte dann auf ,Suchen'. Ich konnte mein kindisches Benehmen kaum fassen und lachte umso mehr. Ich hielt die Luft an, als die Ergebnisse angezeigt wurden.

Nichts.

Ich schaute ausführlich bei den Bildern nach.

Nichts.

Es existierten zwar genug Adrian Aldrichs, aber keiner davon war mein unwiderstehlicher Nachbar. Beschämt über mein Stalker-Verhalten, klickte ich die Seite weg und checkte meine Mails. Nichts interessantes dabei. Ich klappte meinen PC zu, schmiss eine CD in meine Anlage, machte es mir auf dem Bett so bequem wie möglich und begann in meinem neuesten Buch zu lesen.

Nach drei Seiten bemerkte ich, dass ich keinen blassen Schimmer von dem hatte, was ich gerade gelesen hatte. Seufzend legte ich das Buch beiseite. Allein der Gedanke daran, dass ich in wenigen Stunden im Haus meines Angebeteten sein würde, machte mich schon nervös.

Mein Blick fiel auf meine Dekogegenstände auf meinen Regalen. Viele standen schief, einige gefielen mir nicht mehr und alle hatten es bitter nötig abgestaubt zu werden.

Ich nahm mir einen feuchten Lappen und fing mit meiner Arbeit an. Nebenbei gröhlte ich noch die Lieder mit, die aus meiner Anlage dröhnten.

Schon zwanzig Minuten später war ich fertig. Immerhin hatte mich diese Arbeit von meiner Nervosität abgelenkt. Ich durfte das heute wirklich nicht versauen. 'Na toll', dachte ich mir. 'Jetzt hab ich mich schon wieder nervös gemacht!'

Der Gedanke, dass ich Adrian gerade mal zwei Tage kannte, ernüchterte mich jedoch. Mir wurde die absolute Übertreibung meines Verhaltens bewusst und ich beruhigte mich.

Auf jeden Fall so sehr, dass meine Hände nicht mehr zitterten, als ich mein Make-up auftrug.

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