Kapitel 16

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Als ich in der zweiten Pause zum siebenhundertdreiundfünfzigsten Mal auf das Display meines Handys blickte und immer noch keine Antwort angekommen war, schlussfolgerte ich, dass Ceil unseren Streit wohl noch nicht vergessen hatte. Bitte, dann sollte sie halt weiterhin schmollend zu Hause sitzen.

Als es klingelte stand ich auf und wappnete mich für den Endspurt vor dem Wochenende. Auf dem Weg zur Klasse tauchte Fabio an meiner Seite auf.

„Wo hast du Ceil gelassen?", fragte er. Ich zuckte mit den Schultern und vermied es, ihm in die Augen zu schauen.

„Schreib ihr doch", schlug er vor.

„Hab' mein Handy vergessen", log ich und machte die Tür zum Zimmer auf. Wir setzten uns in die letzte Reihe. Ich holte meinen iPod raus, steckte mir die Kopfhörer in die Ohren und zog die Kapuze über den Kopf, sodass sie nicht sichtbar waren. Englisch war so ziemlich das langweiligste Fach, das in meinem Schulalltag aufzutreiben war. Und da eh nur in staubtrockenen Büchern gelesen wurde, konnte ich mich gleich anderweitig beschäftigen.

Nämlich gar nicht.

Ich verschränkte die Arme auf dem Tisch und legte meinen Kopf darauf. Ich schloss die Augen und genoss meine Musik. Plötzlich wurde ich von der Seite angestupst. Ich öffnete die Augen und starrte auf Fabios Handy, das er mir reichte.

„Spielst du mit mir Trivial Pursuit?" Ich grinste, setzte mich auf und nahm sein Handy entgegen. Ich versteckte es unter dem Tisch und beantwortete die erste Frage richtig. Bei der dritten Frage lag ich falsch und das Handy vibrierte lautstark.

„Oooh, war wohl falsch", neckte mich Fabio, der sein Handy nahm und weiterspielte. Nach eineinhalb Minuten grinste er mich an. Er hob den Zeigefinger.

„Erstes Tortenstück", hauchte er siegessicher. Sein selbstgefälliges Lächeln verschwand jedoch schnell, als er die nachfolgende Frage falsch beantwortete. Ich riss ihm das Handy aus der Hand, „würfelte" und landete auf einem Tortenstück.

Kunst und Literatur.

Die Frage musste ich unbedingt richtig beantworten! Die Frage tauchte auf und ich verzog das Gesicht zu einer irritierten Grimasse. Woher sollte ich bitte wissen, ob Achilles' linke oder rechte Ferse verwundbar war? Ich überlegte fieberhaft , als ich ein paar Fetzen aus dem Unterrichtsgespräch mitbekam.

„...in der griechischen Mythologie..." Ich überlegte nicht lange und meldete mich.

„Ja, Robyn?" Mrs. Owens schaute mich fragend an.

„Ähm, ich habe eine Frage, die mir gerade einfach so ganz zufällig gekommen ist." Ich blickte kurz zu Fabio, der allem Anschein nach schlief. „Achilles, also aus der griechischen Geschichte, war seine rechte oder linke Ferse verletzbar?" Ich tat so, als wäre ich aufrichtig interessiert. Fabio öffnete neben mir, verblüfft über die Frage, seine Augen und starrte mich an.

„Ist das denn wichtig?", fragte mich Mrs. Owens. Ich zuckte unschuldig mit den Schultern.

„Ich würd's nur gerne wissen, weiter nichts." Fabio schielte auf sein Handy hinunter, lachte, schüttelte den Kopf und knallte seine Stirn gegen die Tischplatte.

„Also, wenn du darauf bestehst, es war die rechte Ferse."

„Okay, danke!", flötete ich und tippte, sobald Mrs. Owens sich einem anderen Schüler zugewandt hatte, das Ergebnis in das Handy ein. Die Antwort war richtig und ich sah Fabio herablassend an.

„Gleichstand."

„Du kleine Schummlerin!", flüsterte er grinsend und schubste mich leicht an der Schulter.

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Sechs Stunden später ging ich ruhelos in meinem Zimmer auf und ab. Meine Hausaufgaben hatten mich davon abgelenkt, über den Clinch mit Ceil nachzudenken, aber jetzt...

Es tat mir weh, mit meiner besten Freundin so zerstritten zu sein, nur weil ich kein Feingefühl aufbringen konnte und so stur war!

Ich überwand mich schließlich und wählte Celias Nummer, aber sie hob nicht ab.

Abermals sah ich auf die Uhr und fast wie automatisch öffnete ich die Türen meines Kleiderschrankes, nahm ein Top heraus und zog mich um. Ich schmiss meinen Geldbeutel, mein Handy und meinen Schlüssel in die Tasche und lief nach unten. Während ich meine Jacke anzog, rief ich meiner Mutter zu: „Ich bin jetzt weg. Bis später!"

„Tschüss, ich wünsch' dir viel Spaß!"

'Wenn sie nur wüsste...', schoss es mir durch den Kopf, bevor die Tür ins Schloss fiel.

Dieses Mal pfiff mir niemand hinterher.

Als ich die mit lila Neonlicht beleuchtete Tür aufmachte, wurde ich vollkommen von der Musik umschlossen. Wie immer ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen, auf der Suche nach Ceil.

Aber sie war nicht da.

Trotzdem setzte ich mich an einen Tisch und wartete. Mehr aus Gewohnheit bestellte ich zwei 'Swimmingpool'-Cocktails, die ich dieses Mal nicht selbst an der Bar holte, sondern mir bringen ließ. Ich wartete etliche Minuten, ob Ceil vielleicht doch auftauchen würde. Um meine Nerven zu beruhigen, nahm ich einen Schluck von meinem Cocktail. Desinteressiert betrachtete ich die anderen Leute im Pub, um die Zeit zu vertrödeln. Ich bemerkte eine Gruppe junger Männer, die mich von ihrem Tisch aus beobachteten. Was musste ich wohl für einen Eindruck geben! Hier saß ich mutterseelenallein und war dabei meinen zweiten Cocktail zu schlürfen. Ich blickte auf mein Handy und stellte erstaunt fest, dass ich schon fast eine Stunde gewartet hatte. Ich gab jegliche Hoffnung auf, dass Ceil noch kommen würde. Naja, wenigstens hatte ICH meinen wöchentlichen Cocktail bekommen.

„Hey, wen seh' ich denn hier?"

Ich schaute aufgeschreckt hoch und blickte mit einem dümmlichen Ausdruck in Adrians Gesicht.

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Tyskerfie & HeyGuys77



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