Pov Yamaguchi
Als ich aufwachte war Tsukki schon nicht mehr im Schlafsaal. Das war ziemlich ungewöhnlich, denn ich stand jeden Morgen extra früh auf, um allein duschen und meinen Verband wechseln zu können.
Bisher hatte ich es nicht noch einmal getan. Trotzdem merkte ich, wie das Gefühl immer stärker wurde, es zu brauchen. Der einzige Grund warum ich es nicht noch einmal getan hatte war ehrlich gesagt, dass ich nie von den anderen weg kam. Selbst im Bad war ich nie ganz allein und wegschleichen konnte ich auch nicht einfach.
So hatte ich die letzte Woche irgendwie überstanden und war froh, dass ich die Hälfte geschafft hatte.
Ich mochte es mit den anderen zu trainieren und meine Aufschläge zu verbessern, aber es wurde zunehmend unangenehmer als einzige Person in der Jacke rum zu laufen, wo es doch auch langsam immer wärmer wurde.
Ein paar komische Blicke waren mir schon aufgefallen, aber ich hatte sie ignoriert.Nach dem Gespräch an der Ecke, nachdem wir zusammen gestoßen waren, hatte Tsukki nicht mehr viel mit mir geredet. Zugegeben versuchte ich ihm auch ein wenig aus dem Weg zu gehen, aber wahrscheinlich hatte er jetzt auch endlich mal gerafft, was für eine seltsame, schreckliche Person ich war und wollte nun nichts mehr mit mir zu tun haben.
Vielleicht war das auch besser so. Wenigstens konnte ich seine Beziehung nicht auch noch ruinieren.
Aber ich vermisste alles an unseren Treffen und Gesprächen. Ich vermisste seine Gesellschaft und den Blick seiner goldenen Augen.
Verdammt, ich hatte sie wohl nicht mehr alle. Ich war ja hoffnungslos verschossen.Ich hoffte sehr, dass Tsukki nicht im Bad wäre und schlich auf leisen Sohlen dorthin.
Gott sei Dank schien er raus gegangen zu sein, denn der Waschraum war leer und so vollzog ich meine morgendliche Routine.
Nachdem ich endlich damit fertig war, huschte ich wieder in den Schlafsaal und spielte noch etwas am Handy, bis der offizielle Wecker klingelte und wir Frühstücken gingen.Tsukki war immer noch nicht zurück und wie mir auffiel schien auch Yumi nicht anwesend zu sein, daher setzte ich mich einfach zu Nishinoya und Tanaka und hörte ihren Schwärmereien über Shimizu zu.
Nach einer Weile betraten Tsukki und Yumi den Saal und ich merkte sofort, dass etwas anders war.
Sie setzten sich mir gegenüber und blickten ernst in die Runde.
Auch der Rest des Teams hatte aufgehört sich zu unterhalten und so lauschten alle gespannt der Ankündigung, die jetzt höchst wahrscheinlich folgen würde."Wir haben uns getrennt." durchbrach Yumi schließlich die Stille. Tsukki nickte sehr ernst und schob seine Brille hoch.
"Im Guten." ergänzte er schlicht und schaute kurz zu mir.
Eine Stille trat ein und mir wich alle Farbe aus dem Gesicht.
Das konnte doch nicht wahr sein. Yumi und Tsukki hatten sich getrennt. War es wegen mir? Hatte Yumi etwas von meinen Gefühlen bemerkt und Tsukki zu Rede gestellt?
Mir war natürlich bewusst, dass ich nicht der Mittelpunkt der Erde war und sie sich auch bloß einfach so getrennt haben könnten, aber welche Beziehung dauerte denn nur ein paar Wochen?
Vielleicht hatte ich ja irgendetwas verräterisches gesagt oder getan oder Tsukki war wegen des Extratrainings mit mir in Verlegenheit geraten?
Mir wurde schlecht. Ich hatte es schon wieder geschafft. Mehr oder weniger indirekt hatte ich die nächste Beziehung zerstört.
Nur noch am Rande nahm ich wahr wie Sugawara sich vorsichtig erkundigte ob alles gut sei und woher diese plötzliche Trennung rührte, aber ich konnte mir das nicht mehr anhören.Das Gefühl nicht mehr atmen zu können war wieder da und es wurde von Sekunde zu Sekunde schlimmer.
Ich begann zu zittern und musste schon kreidebleich sein, denn Nishinoya fragte vorsichtig, ob alles okay sei.
Ich nickte und erhob mich.
"Tut mir Leid, ich muss kurz auf die Toilette." sagte ich nur und verließ eilig den Speiseraum.
Statt aber ins Bad zu gehen lief ich in den Schlafsaal, indem ich mit zittrigen Fingern in meiner Tasche wühlte. Wo zur Hölle hatte ich diese dämliche Klinge hingetan?!
Mein schon verletzter Arm begann stark zu jucken und während ich mit der Hand in der Tasche suchte, fing ich an mit dem anderen die Schnitte wieder aufzukratzen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit fand ich sie schließlich und taumelte ins Bad.
Ich schloss mich in einer Kabine ein und zog meinen Ärmel hoch.TW
Ich zog die Klinge über meinen Arm. Es war diesmal auf Anhieb ein sehr tiefer Schnitt, aber ich merkte sofort, wie es mich beruhigte.
Ich atmete durch und wiederholte den Vorgang.
Meine Lungen konnten sich wieder mit Luft füllen und meine Hände hatten aufgehört zu zittern.
Immer wieder schnitt ich mich tiefer und tiefer in den Arm.
Die aufgekratzen Wunden an meinem anderen Arm hatten auch wieder angefangen zu bluten und so tropfte Blutstropfen um Blutstropfen auf die alten Verbände, die ich achtlos auf den Boden geworfen hatte.Diesmal brachte mich kein Auto zurück aus meiner Trance sondern eine Tür, die geöffnet wurde.
"Shit!" murmelte ich und vor Überraschung schaffte ich es mich irgendwie in den Finger zu schneiden.TW Ende
Ich sprang auf und verband schnell meinen Arm mit den Verbänden, die ich glücklicherweise bei der Klinge verstaut hatte. Das Blut war ebenfalls relativ schnell aufgewischt.
"Yamaguchi? Bist du da drin?" hörte ich Tsukkis besorgte Stimme.
"Ja!" rief ich und schloss hastig die Tür auf.
"Ist alles okay? Du bist beim Essen so schnell abgehauen und dann finde ich dich hier eingeschlossen im Bad?"
"Äh ja, mir war nicht so gut und hier war wenigstens kurz Ruhe." Ich lächelte ihn schräg an und wedelte mit der Hand. "Mir geht es gut."
Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Vor dem Trainingscamp hatte ich ihm doch extra versprechen müssen ihn nicht mehr anzulügen und jetzt hatte ich es trotzdem getan."Okayyyy..." Er zog das Wort in die Länge und hob dabei argwöhnisch eine Augenbraue.
"Ich wollte dir Bescheid geben, dass wir heute noch ein Spiel gegen die Nekoma haben, aber weil es wohl ein Problem mit ihrem Lehrer gibt, müssen sie früher zurück fahren.
Herr Takeda meinte, dass wir dann auch schon übermorgen fahren werden."
"Oh, das ist ja schade."
Eine wenig enttäuscht war ich tatsächlich. Meine Aufschläge und auch meine Annahmen hatten zwar Fortschritte gemacht, aber nicht so doll, wie ich es gern gehabt hätte.
"Kommst du dann?" Tsukki stand ungeduldig in der Tür und tippte mit den Fingern auf den Türrahmen.
"Sicher!" Ich beeilte mich ihm zu folgen.
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Don't worry, I'm fine!
FanfictionYamaguchi kämpft seit der Trennung seiner Eltern mit schweren Schuldgefühlen. Er lässt sich zwar nichts anmerken, aber eine Person hilft ihm unbewusst trotzdem enorm. Kei Tsukishima, sein bester Freund. Yamaguchi hat sich schon vor einiger Zeit in...