Kapitel 17

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Pov Yamaguchi

Ich atmete wieder tief ein und brachte schließlich hervor:
"Er sagte, ich würde ihm im Weg stehen und ob ich mir nicht bewusst wäre, dass ich für meine Mum der lebende Beweis dafür wäre, dass sie eine schreckliche Ehe hatte."
"Und das hast du ihm geglaubt?" fragte Tsukki entsetzt und ich schaute ihm überrascht in die Augen.
"Sicher, ist doch wahr.
Mir wurde total heiß und ich konnte nicht mehr atmen und bin ins Bad gerannt. Eigentlich war mein Plan irgendein Medikament zu finden, aber stattdessen fand ich eben diese, diese, diese..."

Meine Güte, jetzt konnte ich nichtmal das Wort 'Klinge' vernünftig aussprechen?!

"Schon gut, verstehe." sagte Tsukki schlicht und ich entspannte mich etwas.

"Auf jeden Fall war da das erste Mal, dass ich es getan habe.
Und heute morgen hatte ich wieder das gleiche Gefühl und wollte es eben loswerden und dann hab ich mich im Bad eingeschlossen und..."

Meine Stimme wurde immer leise, bis sie schließlich brach.

Tsukki nahm mich wieder in den Arm und ich schmiegte mich an ihn.
"Tadashi, warum hast du mich denn nicht angerufen? Das mit deinen Eltern stimmt doch gar nicht. Du bist nicht Schuld an der Trennung. Dein Vater hat nur eine billige Ausrede gesucht.
Und außerdem hast du doch keine Schuld an der Trennung von Yumi und mir. Dich trifft überhaupt keine Schuld."
Er legte eine kurze Pause ein.
"Soll ich dir erzählen, wie das mit Yumi wirklich war?" flüsterte er leise in mein Haar und ich überlegte kurz.
Dann nickte ich leicht und er seufzte.

"Wir haben beide festgestellt, dass uns schon die ganze Zeit bewusst war, dass aus unserer Beziehung nichts werden wird.
Heute morgen bin ich früh aufgewacht und wollte dann einfach ein wenig spazieren gehen. Aber als ich an der Tür war, begegnete ich Yumi und wir setzten uns auf eine Bank.
Naja und dann haben wir uns eben etwas unterhalten und kamen zu dem Schuss, dass wir beide keine romantische Liebe füreinander empfinden, sondern mehr so etwas wie Freundschaft.
Sie hat mir deutlich gemacht, dass ich mich die ganze Zeit selbst belogen habe.
Wir hatten wohl beide unsere Gründe, diese Beziehung aufrechtzuerhalten, aber richtig verliebt war ich eigentlich nie in sie.
Und naja, nachdem wir das beide eingesehen hatten, haben wir eben Schluss gemacht und wollten es euch allen schnellstmöglich erzählen, um seltsamen Situationen zu entgehen."

Die ganze Zeit hatte er in mein Haar geflüstert und ich mochte den Klang seiner zarten, liebevollen Stimme.
Eine Erleichterung durchströmte mich, als mir klar wurde, das vielleicht nicht ich allein Schuld an der Trennung der beiden hatte.

"Danke." flüsterte ich zurück und lächelte. "Danke, dass du das mit meinen Armen für mich getan hast und dass du mir das erzählt hast."

Er richtete sich auf und rückte seine Brille zurecht.
Dann begann er die Sachen vom Boden aufzuheben und wieder einzupacken.
Zum Schluss warf er noch die alten Verbände weg und nahm meine Trainingsjacke, die immer noch an den Ärmeln vor Blut triefte.

"Komm, wir sollten die hier waschen gehen und wieder zurück zum Spiel."
Er hatte recht. In der Halle lief ja noch das letzte Trainingsspiel.

Schnell stand ich auf und warf einen Blick in den Spiegel. Ich sah nicht sonderlich gut aus.
Ich hatte rote Augen vom vielen weinen und mein Gesicht war überhaupt sehr gerötet.
Unter meinen Augen zeichneten sich leichte Augenringe ab. Ich hatte eben seit einer Woche nicht mehr entspannt geschlafen.

Ich versuchte glaubwürdig zu Lächeln, aber das Ergebnis war nicht wirklich zufriedenstellend.
Ich seufzte.
"Tch, jetzt komm schon, niemand wird darauf achten wie du aussiehst!"
Obwohl die Worte nicht gerade die nettesten waren, störte es mich nicht ihn wieder so reden zu hören.
"Entschuldige, Tsukki." lachte ich verlegen und für einen kurzen Augenblick sah ich so etwas wie Zufriedenheit in seinen Augen aufblitzen. Oder war es doch nur Erleichterung?
Ich wusste es nicht genau.

Zusammen liefen wir also die Gänge entlang, bis Tsukki schließlich den Erste-Hilfe-Kasten wieder dort abstellte, wo er ihn hergeholt hatte.

"Tadashi, warte einen Moment." hielt Tsukki mich davon ab weiter zu gehen.
"Schaffst du das? Also ich meine willst du gern zurück in die Halle? Spielen kannst du mit deinen Armen sowieso nicht, also wenn du magst können wir auch lieber eine Runde spazieren gehen oder so?"

Mein Herz machte einen kleinen Sprung. Ich würde unglaublich gerne mit Tsukki allein durch den Wald spazieren. So richtig, nicht wie den täglichen Weg, den wir zur Schule hatten.
Trotzdem, wenn wir zu lange wegblieben stellte noch jemand Fragen und ich war noch nicht bereit den anderen zu erzählen, was ich eben mit Tsukki geteilt hatte.

Also schüttelte ich widerstrebend den Kopf und sagte: "Nein, nein, ist schon gut. Hinterher fragen sich die anderen noch wo du bleibst."
Mir war gar nicht bewusst, dass ich nur von ihm gesprochen hatte, aber es stimmte ja.
Ich wurde in der Halle nicht gebraucht. Meine Aufschläge waren noch nicht gut genug und überhaupt konnte ich in diesem Zustand tatsächlich nicht spielen.
Auch wenn ich es nicht gern zugab, meine Arme taten verdammt doll weh und noch eine Annahme würden sie wohl nicht verkraften.

Tsukki sah das anscheinend anders. "Wir." verbesserte er und sah mich vorwurfsvoll an. "Was?" fragte ich etwas verwirrt.
"Na, sie werden sich fragen wo wir bleiben und nicht wo ich bleibe."
"Achso" murmelte ich nur und senkte den Blick.

Ich machte Anstalten mich wieder in Bewegung zu setzten, doch er hielt mich sanft zurück. "Du musst mehr an dich glauben. Schließlich tue ich das doch auch."
Mit diesen Worten zog er mich hinter sich her Richtung Sporthalle.

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