Kapitel 18

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Pov Yamaguchi

Als wir in der Sporthalle ankamen, war das Spiel schon beinahe vorbei.
Es war natürlich aufgefallen, dass unser bester Blocker einfach abgehauen war, deshalb schauten uns alle etwas verdattert an, als wir die Halle betraten.
Ich merkte selbstverständlich, dass mich niemand vermisst hatte, aber ich ließ mir nichts anmerken. Ich wollte Tsukki nicht noch mehr beunruhigen, wobei dieser Gedanke doch schon sehr ironisch war, nachdem er eben gerade meine Arme gesehen hatte.

Der Blick von Tsukki war kalt und teilnahmslos, als wir uns auf die Bank setzten.
Ich war ein wenig enttäuscht, dass nun wieder seine desinteressierte Art zum Vorschein kam, aber auch irgendwie stolz, diese sanfte, freundliche Seite an ihm gesehen zu haben.

Das Spiel ging nach dieser kurzen Unterbrechung weiter und Nekoma gewann 26 zu 24 den letzten Satz.
Es störte mich nicht, das letzte Spiel verloren zu haben, aber die anderen aus dem Team wirkten alle ziemlich wütend. Tsukki natürlich nicht. Er schaute emotionslos auf das Netz, welches gerade von Ennoshita und Narita abgebaut wurde.
Ich wünschte, ich würde wissen, was ihm gerade durch den Kopf ging. So konnte ich nur hoffen, dass er jetzt nicht schlechter von mir dachte als vorher.
Klar, er hatte mir versichert, es würde sich nichts ändern, aber wer konnte das schon so genau vorhersehen?
Meine Mum hatte mir auch beteuert ich wäre nicht Schuld an ihrer Trennung, aber es war doch allen klar, dass genau das der Fall war.

Ich seufzte. Wie gern würde ich nur diese dämlichen Gedanken abstellen.

Den restlichen Tag verbrachten wir alle gemeinsam am Strand. Natürlich wollte ich nicht ins Wasser gehen und blieb so gezwungenermaßen mit einer dünnen Jacke im Sand sitzen, während die anderen ins Meer sprangen.
Tsukki behauptete, er wolle sowieso nicht schwimmen und blieb ebenfalls mit mir am Strand, aber ich hatte das Gefühl ihn vom Schwimmen abgehalten zu haben.
Ich traute mich zwar nicht etwas zu sagen, aber ein unwohles Gefühl blieb trotzdem bestehen.

Schließlich war auch dieser Tag zu Ende gegangen und die Nekoma brach noch am Abend zur Rückfahrt auf.
Wir wollten noch eine Nacht dort bleiben und dann früh am nächsten Morgen losfahren.

Nach dem Abendessen, bei dem Tsukki mich auf eine irgendwie fürsorgliche Art gezwungen hatte zwei ganze Brotscheiben zu essen, begaben wir uns alle in den Schlafsaal.
Eigentlich hatte ich vorgehabt so schnell wie möglich einzuschlafen, aber Tanaka und Nishinoya hatten andere Pläne.
Sie wollten unbedingt Wahrheit oder Pflicht spielen.
Weil es unser letzter Abend im Trainingscamp war und alle das irgendwie feiern wollten, holten Hinata und Kageyama ein paar Snacks und Tsukki und ich konnten uns nicht vor dem Spiel drücken.

Ein paar Runden lang ging es hin und her und ich erfuhr interessante Dinge über meine Teamkameraden, aber insgesamt passierte nichts spannendes.
Wobei, einmal hätten sich Hinata und Kageyama beinahe geküsst und Daichi musste indirekt zugeben, dass er in Sugawara verliebt war, der natürlich total rot wurde und das restliche Spiel über etwas dämlich grinste.

Nach einiger Zeit war aber schließlich ich an der Reihe.
Weil ich keine Lust auf irgendeine blöde, sinnlose Aufgabe hatte nahm ich Wahrheit.
"Buhh, wie lahm!" rief Tanaka, aber Sugawara, der mir nun eine Frage stellen durfte, schaute nur nachdenklich zu mir herüber und ich sah, wie ihm eine Idee zu kommen schien.

"Okayyy, also Yamaguchi, was war das Schönste, was dir je gesagt wurde?"
Ansich schien die Frage relativ harmlos zu sein und für einen Moment war ich froh, keine in der Art "In wen bist du zur Zeit verliebt?" bekommen zu haben, aber je länger ich über Sugawaras Frage nachdachte, desto schwieriger erschien sie mir.
Nicht, dass ich keine Antwort gewusst hätte, aber es war mir unangenehm die Wahrheit auszusprechen.

Ich spürte wie mich die anderen äußerst interessiert musterten und als mein Blick den von Sugawara traf, zwinkerte er mir kurz zu.
Oh man, wollte der mich jetzt auch noch verkuppeln?
Ein wenig musste ich schon lächeln. Sugawara war der erste gewesen, der von meinem Problem mit Tsukki und Yumi gewusst hatte und jetzt, wo sie offiziell getrennt waren, sah er wohl meine Chance.

Auch Tsukkis Augen waren auf mich gerichtet. Ich schielte leicht zu ihm rüber. Sein Blick wirkte distanziert und emotionslos wie immer, aber ich erkannte ein leichtes Funkeln darin.
Offenbar interessierte auch er sich sehr für meine Antwort.

Ein wenig Panik stieg in mir hoch. Ich wusste genau, was ich sagen müsste, aber ich hatte Angst, dass Tsukki diese Antwort falsch, oder noch schlimmer, richtig deuten könnte.
Würde er sich dann doch abwenden?
Andererseits konnte es ja auch einfach sein, dass ich diese Worte als bester Freund aufgenommen hatte und sie deshalb so schön fand.
Verdammter Mist! Sollte ich es jetzt aussprechen oder nicht?

"Ähem" räusperte sich Nishinoya. "Wir warten..." Dabei zog er leicht seine Augenbraue in die Höhe und ich errötete.
"Sicher. Es ist nur nicht so leicht." lachte ich nervös.
"Jaja, dir wurden bestimmt unzählige nette Sachen gesagt, da musst du erstmal das schönste aussuchen, nicht wahr?" grinste Hinata mich an und ich zuckte leicht zusammen.
Ganz im Gegenteil, eigentlich hatte ich nur wenige schöne Dinge zu hören bekommen und ich konnte die Personen, die mir etwas in der Art gesagt hatten, an einer Hand abzählen. Wenn ich recht überlegte brauchte ich nichtmal eine ganze Hand.

"Du Idiot! Schleim nicht so rum!" Kageyama schlug Hinata auf den Hinterkopf, dieser jammerte: "Auuu, das tat weh!" und schon begannen sie sich zu zanken.

"Ich glaube, es war sowas in der Art wie:
'Ich habe dich sehr gern und brauche dich' und 'ich würde dich nie verlassen' oder so." Während des letzten Satzes wurde ich immer leiser und blickte verlegen zu Boden.
Ich traute mich aus irgendeinem Grund nicht, Tsukki jetzt anzusehen, also nahm ich schnell die Flasche und drehte sie.

Ich hatte überhaupt keine Lust, mir irgendeine dumme Aufgabe oder Frage auszudenken, aber Hauptsache die Aufmerksamkeit aller lag nicht mehr auf mir.

Dummerweise zeigte die Flasche auf Tsukki, weshalb ich nun doch gezwungen war ihn anzusehen.
Sein Blick war noch immer kühl, aber ich meinte wieder ein klein wenig Emotion in seinen Augen erkennen zu können.
Ich war mir aber leider nicht so ganz sicher, was das war und das ärgerte mich mehr als ich zugeben wollte.

"Wahrheit" sagte Tsukki monoton und ich dachte nach.
Rein theoretisch war jetzt die Chance ihn alles Mögliche zu fragen, was ich schon die ganze Zeit wissen wollte, aber vor den anderen wagte ich es doch nicht. Also fragte ich die erste Frage, die mir relativ neutral vorkam, aber mir trotzdem ein wenig Klarheit zu verschaffen schien.
"Bist du gerade verliebt?"
Oh ups, irgendwie war das überhaupt nicht die Frage, die ich stellen wollte. Diese hier war mir einfach rausgerutscht, ohne dass ich etwas hätte tun können.

"Oh, die Standartfrage, aber bei dir ist sie tatsächlich mal richtig interessant." Tanaka grinste Tsukki fies an und klopfte mir auf die Schulter. "Eine gute Wahl!"

"Tch" Tsukki schien ziemlich genervt zu sein.
Ich hoffte sehr, dass ich es mir mit ihm jetzt nicht verscherzt hatte und er nicht allzu wütend auf mich war.

Nishinoya, Tanaka und Hinata lachten und Daichi warf ihnen einen einschüchternen Blick zu.

"Ja" murmelte Tsukki nun leise und mir wurde irgendwie warm, aber gleichzeitig auch total schlecht.
"Na dann..." Wieder dieser wissende Blick von Sugawara und ich errötete.
Tsukki ergriff ohne ein weiteres Wort die Flasche und das Spiel nahm seinen Lauf.

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