Kapitel 22

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Pov Yamaguchi

Ich sank an der Wand zu Boden.
Warum?
Warum musste das alles so passieren?
Warum war ich überhaupt am Leben?
Ich wollte nicht mehr.
Ich konnte nicht mehr.
Ich wollte es niemandem länger zumuten, mit mir klarkommen zu müssen.

Mir wurde klar, was ich tun sollte.
Für alle anderen und auch für mich.
Es wäre besser so.

Ich nahm mein Handy und schrieb einige Nachrichten.
Meiner Mutter schrieb ich, sie solle glücklich werden und ich würde jetzt für sie tun, was ich vorher nicht konnte.
An das Team schrieb ich, dass ich an sie alle glaubte und sie für mich mit gewinnen sollten.
Ich wusste selbst, dass es nicht die feine Art war sich per Chat von allen zu verabschieden, aber so ganz ohne Worte wollte ich dann auch nicht gehen.

Bis ich Tsukkis Nachricht fertig hatte, brauchte es mich fast eine ganze Stunde.
Ich hatte mich natürlich versucht so kurz wie möglich zu halten, aber es war trotzdem schwierig meine Gefühle und Gedanken irgendwie in Worte zu fassen.
Schlussendlich stand dort:

Hey Tsukki,
ich möchte dir einige Dinge sagen. Ich habe mich irgendwie nie getraut sie laut auszusprechen, aus Angst du würdest mich hassen oder so, aber jetzt ist das bedeutungslos.
Zuerst einmal danke ich dir für alles.
Und wenn ich für alles sage, dann meine ich auch alles.
Damals, als du mir geholfen hast, war ich ziemlich beeindruckt von dir. Du warst so cool und ich wollte unbedingt dein Freund sein.
Ich wusste schon immer, dass ich nicht wirklich auf deinem Level bin, aber es war schön, dass wir uns trotzdem so gut verstanden haben.
Ich mag deine Vorliebe für Dinos, also behalte die bitte bei, ja?
Ich würde dir gern erklären, was in mir vorgeht, aber es ist so schwer, das in Worte zu fassen.
Ich habe dir doch von allem erzählt. Was du im Trainingscamp gesagt hast, hat mir wirklich geholfen, aber es ist nicht zu übersehen, dass ich nicht hier her gehöre.
Ich bin eine Last für alle um mich herum. Du weißt es doch selbst. Ich habe noch nie etwas wirklich wichtiges für dich getan. Ohne mich würde sich nicht viel verändern und das weißt du sicherlich.
Es tut mir Leid, dass ich nichts für dich tun konnte. Mir zumindest hat deine Anwesenheit immer ausgereicht, um mich glücklich zu machen.
Ich war eifersüchtig auf Yumi. Aber nicht, weil du als Freund weniger Zeit mit mir verbracht hast, sondern weil ich dich mag.
Ich liebe dich, Tsukki. Mehr als ein bester Freund. Es tut mir Leid, dass ich dir das nie ins Gesicht gesagt habe, aber ich wollte unsere Freundschaft nicht ruinieren. Dafür schätze ich sie zu sehr.
Ich weiß, das ganze hier klingt total komisch und ich weiß auch, dass ich im Schreiben von Abschiedsbriefen oder eben Nachrichten nicht der Beste bin, aber irgendwie muss ich dir das alles mitteilen.
Weißt du, ich hatte schon immer so ein Gefühl. Ein Gefühl, das etwas fehlt. Aber jetzt, wo mich hier nichts mehr hält, glaube ich, es erreicht zu haben.
Auch wenn es nur kurz ist, ich kann es fühlen. Diese Freiheit.
Naja, vielleicht kannst du sie ja auch irgendwann spüren. Ich glaube, du kannst sehr glücklich werden, auf dieser Welt.
Es wäre nett, wenn du mich nicht vergessen könntest. Ich weiß, das ist eine egoistische Bitte, aber ich habe riesige Angst davor von dir vergessen zu werden.
Der Rest ist mir egal, aber bitte vergiss mich nicht.
Ich wünsche mir, dass du weiter Volleyball spielst. Ich weiß, du sagst es macht dir nicht wirklich Spaß, aber du bist so gut im Blocken. Es wäre eine Verschwendung das einfach aufzugeben.
Und pass auf Yumi auf. Ich habe sie nie deswegen gehasst. Sie ist immer so lieb und freundlich, vielleicht wird sie ja tatsächlich eure neue Managerin. Das wäre doch toll.
Es tut mir Leid, dass ich nicht alles sagen kann, was ich dir sagen wollte, es ist zu viel für jetzt.
Es tut mir Leid, dass du meinetwegen viele Umstände hattest.
Es tut mir Leid, dass ich dir immer im Weg stand.
Es tut mir Leid, dass ich dich mit meinen Problemen voll geheult und genervt habe.
Es tut mir vieles Leid.
Aber dass ich für diese Zeit dein Freund sein durfte macht mich glücklich.
Obwohl ich gerade weinend auf diesem blöden Schuldach sitze, muss ich trotzdem lächeln. Das ist doch komisch, oder?
Ich werde dich vermissen. Mehr als alles andere.
Ich wünsche dir alles Gute, das meine ich genau so.
Und bitte, nenn mich weiterhin Tadashi, ja? Ich mag es wirklich gern, wie du meinen Namen aussprichst.
Ich liebe dich.
Tadashi

Ich schickte diese letzte Nachricht ab und legte mein Handy beiseite.
Vielleicht war der Text etwas wirr, aber ich hoffte trotzdem er würde ihn verstehen.

Eigentlich wollte ich aufstehen, aber ich konnte nicht. Es war zu schwer.
So saß ich dort zusammen gesunken auf dem Dach unserer Schule und schluchtze leise vor mich hin.
Ich musste daran denken, was ich alles verpassen würde, was ich eigentlich noch machen wollte und was mir fehlen würde.
Aber meine Entscheidung stand fest, denn wenn ich es nicht tat würde sich nichts ändern und alle um mich herum müssten weiterhin mit mir klar kommen. Genauso wie ich. Das wollte ich keinem, weder ihnen noch mir, antun.

Nach einer gefühlten Ewigkeit rührten sich meine Beine endlich wieder und ich stand wackelig auf.
Nur ein paar Schritte und ich stand am Geländer.
Es kostete mich nicht einmal viel Kraft rüber zu klettern.
Aus irgendeinem Grund hatte ich geglaubt es wäre schwieriger.

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