Ben brauchte ein paar Augenblicke. Seine Gliedmaßen fingen an zu kribbeln, als er zu schnell und zu flach atmete. Ein Druckgefühl legte sich um seine Brust. Angst breitete sich in ihm aus. Erlitt er einen Herzinfarkt? Er zwang sich zu tiefen Atemzügen, um seinen Herzschlag etwas zu beruhigen und sein Blut wieder ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen, indem er frische Luft in seine Lungen sog.
Das ist unmöglich. Nein, es gibt keine Zeitreisen. Es muss ein Irrtum sein. Oder konnte es tatsächlich sein? Dann ist es ja ...
»Achtzehnhundertdreiundsechzig? Pennsylvania? Dann bin ich mitten im Bürgerkrieg!«
Claire, die immer noch neben ihm stand, zog Ben sanft, aber nachdrücklich, vom Tisch hoch:
»Stehen Sie auf. Ihr Körper braucht mehr Erholung, als sie glauben möchten. Sie sollten etwas schlafen.«
Er protestierte nicht.
In der Nacht war an Schlaf nicht zu denken. Zu viele Gedanken prasselten auf ihn ein und obwohl er diese Idee zuerst die Verrückteste von allen war, schien er eine Zeitreise unternommen zu haben.
Am nächsten Morgen ließ er das Frühstück ausfallen und ging erneut im Dorf spazieren. Ben versuchte, seine Gedanken zu ordnen und eine Erklärung für diese Situation zu finden, so unglaublich sie auch sein mochte. Er war sich sicher, dass das alles mit diesen eigenartigen Vorkommnissen beim Einkaufen zusammenhing. Nur, was war passiert? Auf jeden Fall ist er im Sezessionskrieg der USA gelandet, mitten in Pennsylvania, einem Staat, der direkt an der Grenze zum rebellischen Süden lag. Ben war so tief in Gedanken versunken, dass er zusammenfuhr, als ihn jemand ansprach. Es war eine ältere Dame in einem langen, zerfaserten Wollkleid und sie trug ebenfalls einen Sonnenhut:
»Junger Mann, warum denn so nachdenklich?«
Ohne das geringste Interesse daran ihr sein Problem zu erklären, zuckte Ben nur mit den Schultern:
»Es ist nichts. Kann ich etwas für sie tun?«
»Für mich nicht, aber sie sind doch ein junger Mann, warum sind sie nicht bei der Armee?«
Mit der Frage hatte er nicht gerechnet. Zu erklären, dass er aus einer anderen Zeit stammte, war recht unglaubwürdig. Er hüstelte gekünstelt, um die Situation etwas zu verzögern. Diese Sache war ohne solche Fragen schon kompliziert genug:
»Nun ja.«
Die Gesichtszüge der Dame nahmen einen argwöhnischen Ausdruck an:
»Sind sie auf Seiten der Konföderation?«
Ben hob abwehrend die Hände:
»Nein, absolut nicht.« Er überlegte angestrengt und suchte nach einer Ausrede, »Ich bin noch nicht eingezogen worden.«
Die Antwort taugte wenig und die Reaktion der Dame bestätigte diese Vermutung:
»Alle Männer, die ich kenne, haben sich freiwillig gemeldet.«
Es war klar, dass er auf keinen Fall mehr sagen würde und diese Situation sofort beenden musste. Mit jedem weiteren Gespräch bestand die Möglichkeit, mit einem unbedachten Satz die Geschichte zu ändern:
»Bitte entschuldigen sie mich.« Zu Claires Haus zurückeilend führte Ben hektische Selbstgespräche:
»Und jetzt? Ich darf hier mit niemanden reden und nichts tun, was die Geschichte ändern könnte. Und wie komme ich wieder zurück? Scheiße!«
Am Nachmittag, er hatte immer noch nichts gegessen, saß Ben auf der Veranda des Hauses und blinzelte in die Sonne. Ein sanfter Wind sorgte dafür, dass man die nahezu unnatürliche Hitze kaum spürte. Wäre die Situation nicht so furchtbar ernst, hätte er in so einer Gegend gerne Urlaub gemacht. Trotz dieser friedlichen Atmosphäre schlug Ben das Herz bis zum Hals. Er war hier nicht im Urlaub. Er gehörte nicht einmal in diese Zeit. Er war im Jahr 1863, mitten im US-Bürgerkrieg im Bundesstaat Pennsylvania. Einem Teil der USA, der direkt an einen wichtigen Staat der Rebellion grenzte: Virginia. Die Frontlinie war wahrscheinlich gar nicht so weit weg.
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1863 - Was würdest Du machen?
Historical FictionWas mache ich hier eigentlich? Ben ist verzweifelt. Ja, was macht man eigentlich, wenn man eigentlich als Student eine Party plant und sich plötzlich im blutigsten Krieg des 19ten Jahrhunderts, dem amerikanischen Bürgerkrieg, wiederfindet? Auf jeden...