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POV (Y/N):

Als sie die Zahlreichen kleinen und großen Schnittwunden sieht zeigt sie kaum eine Reaktion. Sie zieht nur die Augen hoch, als sie mich anschaut und sagt "Der Spiegel war also dein Opfer?" Ich kann sie daraufhin nur verwundert ansehen und nicken. Während sie mir nochmal Wasser über die Hand laufen lässt fragt sie mich "Und wieso?" Ich zucke daraufhin zusammen. Einerseits, weil das Wasser in den Wunden brennt, andererseits auch, weil ich gehofft hatte das diese Frage nicht kommt. Ich sage daraufhin nur "Ein anstrengender Tag."

"Weißt du noch was ich zum Thema lügen gesagt hab?"

"Aber das ist keine Lüge!"

"Das gilt auch für 'unwichtige Details auslassen', wie Lügner das gerne nennen." sie formt kleine Anführungszeichen mit ihrem Ring und Mittelfinger in der Luft während sie das sagt und desinfiziert daraufhin meine, vorher mit einem Handtuch abgetupfte Hand.

"Warum weißt du so gut Bescheid?"

"Krankenschwester in Kriegs- und Nachkriegszeiten. Schon vergessen?"

"Aber ich war nie im Krieg. Warum denkst du das immer?"

"Weil es bei Traumata immer die gleichen anzeichne sind. Wiedererleben in Form von Alpträumen und Flashbacks, was ich bei dir schon live gesehen hab; Schlaflosigkeit, sieht man dir ja gar nicht an *hust* Ironie *hust*; Ausbrüche von vor allem zurückgehaltenen Emotionen, war ich ebenfalls live dabei; Rückzug, Vermeidung von Bindungen, Passivität, weißt du selbst zu genüge, dass es zutrifft; Misstrauen, Schuldgefühle vermindertes Selbstwertgefühl, bin ich mir noch nicht so sicher, aber glaube ich trifft auch zu. Im großen und ganzen bin ich mir sehr sicher, das du ein Trauma erlitten hast und nicht darüber reden möchtest. Das ist auch oke. Aber gib dir nicht selbst die Schuld für Dinge, die du nicht beeinflussen kannst. Wenn du doch mal reden willst, bin ich immer für dich da."

Ich weiß, dass ich ein Trauma habe. Wie soll man das sonst nennen, doch was soll ich bitte tun? Ich bin nun mal schuld an dem Tod meines Bruder. Ich weiß, dass ich für meine Eltern nichts mehr tun konnte, doch meinem Bruder hätte ich helfen können. Er hat mir geholfen. Wieso konnte ich ihm nicht helfe?

"Es war..." fange ich mit brüchiger Stimme an zu reden weshalb ich mich kurz räuspere. "Heute war einfach ein scheiß Tag. Ich hab Dinge getan, die ich selbst nicht mal gut heißen kann. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist, dass ich-" ich muss schlucken, als ich daran denke, wie ich dieses Mädchen beträgt hab.

"Es ist egal was du getan hast, wenn du selbst weißt, das es falsch war, dann entschuldige dich und lass es hinter dir."

"So einfach ist das nicht."

"Dann erklär mir mal warum?"

"Wo fang ich da nur an?" sage ich verzweifelt lachend.

"Versuchs mal mit dem Anfang."

"Ich denke es hat damit angefangen, dass Kouki mich zu diesem dummen Volleyball Spiel unserer Schule geschleppt hat."

"Wer ist den Kouki?"

"Mein einziger und bester Freund würde ich sagen. Er geht mit mir in eine Klasse und hat mich von Tag eins nur genervt, doch irgendwie hab ich ihn irgendwann ins Herz geschlossen."

"Das ist doch schön!"

"Ja. Vermutlich zu schön für mich." plötzliche fahre ich hoch. Ich spreche meine Gedanken laut aus. Fuck!

"Warum?" fragt mich Hina, als währe nichts gewesen und verbindet dabei meine Hand.

Ich schüttle einmal leicht den Kopf und entschließe mich, Hina zu vertrauen. Sie hat es verdient. Denke ich. "Ich stoße ihn die ganze Zeit von mir weg. Ich meine, wir kennen uns seit über einem halben Jahr und ich habe ihn vor ein paar Tagen das erste mal freiwillig berührt und ihm ein ehrliches Gesicht gezeigt. Er war deshalb so fröhlich...."

"Die Dinge brauchen eben ihre Zeit."

"Da hast du vermutlich Recht."

"Ich hatte dich bei dem Volleyball Spiel unterbrochen."

"Ja genau, also..." ich erzähle ihr von dem Abend, von den Undeutbaren Blicken und allem was passiert ist.

"Das klingt für mich so, als hätte dieses Mädchen ein Auge auf dich geworfen und du scheinst wohl ihr auch nicht besonders abgeneigt gegenüber zu sein."

"Mit ihr hast du recht, sie hat es mir heute gesagt, doch ich...ach ich weiß nicht. Ich habe sie nur ein paar mal gesehen, bevor Kouki das gesamte kack Volleyball Team inklusive Managerinnen mitgebracht hat. Hat nur noch gefehlt, dass er die Lehrer persönlich zu dem Dach führt, auf dass wir nicht dürfen."

"Okay, dass ging jetzt etwas zu schnell."

"Oh, tut mir leid, also ich hab diese Dachterrasse entdeckt, auf die ich in den Pausen immer gehe, weil ich da meine Ruhe hab. Das Schloss an der Tür hat mir gesagt, dass man da nicht hin darf, doch es war so kaputt, das es mit einem leichten Ruck auf ging. Als ich dann angefangen hab Zeit mit Kouki zu verbringen, wie er es nennen würde. Ich würde es eher, er ist mir wie ein Küken seiner Mutter hinterhergerannt, nennen. Dann hab ich ihm halt diesen Ort gezeigt. Zu dem selben Ort hat er dann vor ein paar Tagen das Team gebracht ohne mir Bescheid zu sagen oder sonst was. Ich wurde vollkommen überrumpelt, doch das haben wir geklärt. Woraufhin ich ihn wie gesagt das erste mal Umarmte und ihm das erste mal einen 100% ehrlichen Blick schenkte. Dann hab ich akzeptieren müssen, dass jeden Tag viele Menschen da sein würden, doch Kouki zu liebe hab ich es zugelassen, nur mit ihnen geredet hab ich eher unfreiwillig. Meistens sind ein paar von den Jungs zu mir gekommem. An erster Stelle war da der rote Zwerg, welcher mir immer irgendwas über Volleyball erzählen muss. Aber diese Jungs tun eigentlich nichts zur Sache. Ich mach mir einen Spaß daraus, einen anstrengenden Typen aufzuziehen, welcher darauf einstieg. Ich zeige ihnen allen nur eine einzige Emotion. Ich bin die meiste Zeit genervt, deswegen ist das diese Emotion, die sie immer sehen."

"Und was ist mir diesem Mädchen?"

"Tzja, sie hat mich immer beobachtet. Sie dachte vielleicht, ich würde es nicht merken, hab ich aber."

"Und du hast sie daraufhin angesprochen?"

"Bingo. Ich bin mit ihr in das leere Treppenhaus gegangen und wir haben geredet. Oder was man so reden nennt."

"Du bist ausgerastet?"

"Sie hat mir gesagt, dass sie mich seit dem ich auf dieser Schule bin beobachtet! Dann hat sie noch gemeint, sie würde mich gerne kennenlernen und dass ich ihr vertrauen kann, doch ich kenne sie nicht. Ich wollte gehen, doch sie wollte unbedingt wissen, warum ich ihr nichts über mich erzählen will, nicht mein dunkelstes Geheimnis einer vollkommen Fremden sagen will."

"Du musst nicht lauter werden. Es ist oke. Es ist vorbei."

"Oh, tut mir leid."

"Ist oke. Du hast es vermutlich selbst nicht gemerkt."

"Stimmt." sage ich leicht schmunzelnd und fahre dann mit meiner Erzählung fort. "Ich wollte gehen, doch sie meinte, sie würde mich nicht in Ruhe lassen, als ich sie fragte warum meinte sie, sie würde sich Sorgen um mich machen und fing an zu stottern-" ich muss schlucken als mir auffällt, was ich für ein Arschloch war.

"Sie hat dir ihre Liebe Gestaden?"

"Nachdem ich sie unter Druck gesetzt hab, endlich mit der Sprache raus zu rücken, hat sie mir gesagt, sie währe gerade dabei sich in mich zu verlieben. Ich-...wie kann sich ein Mensch in mich verlieben, wenn ich ein absolutes Arschloch zu der Person und allen anderen bin? Ich meine, ich hab sie daraufhin bedräng. Ich hab sie unter Druck gesetzt, sie an die Wand gedrückt, sie auf brutale Art verführt. Ich war... Ich hatte die Kontrolle verloren!"

"Wie weit ging das ganze?"

"Ich hab sie an die Wand genagelt und war ihr körperlich sehr nahe. Zu nahe....Verdammt! Ich hab über ein halbes Jahr gebraucht, um meinen besten Freund zu umarmen und dieses Mädchen kenne ich kaum und belästige sie?"

"Hey! Es ist ok-" ich unterbreche Hina

"Warum hab ich das getan? Nur damit sie mich abstoßend findet, damit sie sich vor mir fürchtet wie die ganzen Sportler welche als Mutprobe meine Nummer bekommen sollten? Welche unter mir zusammengeschrumpft sind, wenn ich nur etwas böse geguckt hab? Sie hat das doch gar nicht verdient! Warum bin ich so?"

The other side - Kiyoko X Reader Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt