chapter 20

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Liv Sicht

Mein Wecker klingelte um kurz nach 7 Uhr und mürrisch schaltete ich ihn aus. Die paar Stunden waren jedenfalls nicht mehr genug, um ordentlich schlafen zu können. Ich schickte Chris kurz eine Nachricht, bevor ich mich für die Arbeit fertigmachte. Heute stand nur Büroarbeit an, Aufarbeitung alter Fälle und Aktensortierung.

Mit einem Kaffee in der Hand betrat ich die kleine Kanzlei. "Guten Morgen", sagte ich kurz und setzte mich an meinen Platz, wo schon einige Akten lagen. "Morgen Liv, magst du die heute durchgehen? Wenn die fertig sind, ist für heute auch erstmal Schluss.". Lächelnd bestätigte ich ihr, dass ich es mache und widmete mich direkt der ersten Akte. Ein Familienfall, Streit um das Kind und der Fall lief schon eine ganze Weile.

Nach knapp drei Stunden machte ich eine kurze Mittagspause mit meinen Kollegen. Wir unterhielten uns alle etwas, tauschten uns aus. Als ich kurz bei einem Gespräch zuhörte, sah ich auf meinem Handy eine Nachricht von Steffi. Hey Liv, magst du am Sonntag auf einen Kaffee vorbeikommen? So können wir uns vielleicht etwas besser kennenlernen. Ich fand das Ganze etwas komisch. Ihre Art heute morgen und jetzt das? Hatte Andreas ihr etwas gesagt, oder was war nun los? Da ich jedoch keine negativen Schlagzeilen in der Familie Reinelt hinterlassen wollte, stimmte ich zu.

"Ich hatte gerade eben einen Fall, richtig komisch. Es geht um eine Scheidung, soweit ja eigentlich verständlich. Es gibt einen Ehevertrag, der hilft aber nicht wirklich. Sie ist ihm fremdgegangen vor über zwei Jahren mittlerweile.". Meine Kollegin Svenja sah in die Runde. "Ja und jetzt? Klarer Fall", meinte Clara. "Eben nicht. Sie unterschreibt die Scheidung nicht. Seit zwei Jahren, weil sie das nicht einsieht und ihn zurückhaben will. Einfach krank sag ich euch.". Clara nickte. "Der Herr soll das mal vor Gericht bringen, dann wird's was.".

Ich hatte den beiden stumm zugehört. Schon komisch, aber na ja. Das ging mich ja eigentlich nichts an. Mein Handy leuchtete auf. "Ich geh kurz mal raus", ich verließ schnell den Raum und ging ans Handy. "Hallo Süße", Chris liebliche Stimme schallte mir entgegen. "Na du", entgegnete ich lächelnd, "was machst du gerade Schönes?". Ich hörte im Hintergrund viele verschiedene Stimmen und wusste, dass er sich zumindest in der Halle befand.

"Schauen, dass hier alles richtig gemacht wird", lachte er ins Mikro. Ich stimmte in das Lachen mit ein. "Natürlich, Christian der Bauleiter vom Dienst.". Lachend setzte ich mich auf einer der Stufen vorm Gebäude. "Nein, ich sitz im Rang und beobachte etwas. Wollte deine Stimme hören.". Ich lächelte und schämte mich etwas der Röte, die meine Wangen färbten. "Du bist süß", flüsterte ich.

"Ach was", meinte er und ich konnte deutlich das Lächeln heraus hören. "Ich mache gerade Mittagspause, wir haben etwas erzählt und gleich geht's weiter mit den Akten.". "Spannung pur also", meinte er lachend. "Kann ja nicht jeder sich zersägen lassen", entgegnete ich. Wir brachen beide in Gelächter aus. "Der Punkt geht an dich.".

"Hast du Samstag schon was vor?". Ich schwieg kurz. "Kommt drauf an?". "Kommst du her?". Er blieb kurz still, ehe ein "Vermisse dich" folgte. Ich musste lächeln. "Du kannst auch bei uns schlafen und auch zusehen, wir haben genug Zeit zusammen und-". "Ja Schatz.". Ich lächelte leicht und sagte nochmal etwas sanfter: "Ja Schatz, ich komme gerne vorbei.". Ich konnte seinen Blick praktisch vor mir sehen. "Hast du mich eben Schatz genannt?". "Vielleicht.".

Ich konnte sein Grinsen beim Sprechen hören als er mir anfing zu berichten, was wir alles machen könnten. "Hör zu, ich komme Freitagabend, okei? Ich fahr mit Zug und kann dann ja bei euch mitfahren.". "Jap, ich besorg dir ein Zugticket und einen Backstagepass.". Ich nickte leicht und plante mir im Kopf schon die Tage. Wir unterhielten uns noch etwas, bis Chris gerufen wurde und wir uns verabschiedeten.

Als ich wieder ins Büro kam, sahen meine Kolleginnen mich erwartungsvoll an. "Na, wer war denn das?". Grinsend sah Svenja mich an. "Niemand", meinte ich schnell und machte mir noch einen Kaffee. "Deshalb gehst du so schnell und kommst freudestrahlend wieder rein?". Die beiden grinsten mich frech an und ich musste lachen. "Ist ja gut, es war ein Freund.". "Dein Freund?". Zaghaft nickte ich. "Ich denke schon, ja.". "Uhh Glückwunsch.". Beide lächelten mich an.

Zurück am Schreibtisch schrieb ich Chris noch eine kurze Nachricht und widmete mich wieder meiner Arbeit. Diesmal war ich jedoch deutlich motivierter, was sicherlich auch seine Schuld war. Ich freute mich einfach jetzt schon auf das Wochenende. Ich lernte seine Leidenschaft besser kennen, sein Leben. Dass ich die Beiden damals nicht erkannt hatte, muss echt mit dem Look zu tun gehabt haben.

Leicht grinsend schüttelte ich den Kopf. Eine blonde Strähne hat er im Haar, ich glaubs echt nicht. Und das obwohl er immer sagte, dass Haare färben nichts für ihn sei. Ist klar Christian, das hast du ja gut umgesetzt. Ich lächelte einfach vor mich hin, in Gedanken bei ihm.

Someone to YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt