8. Glaube und LGBT+ 3 - Transgender sein als Christ

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Dieser Teil ist ganz besonders für die, die schon zu hören bekommen haben, dass sie "einfach nur nicht genug glauben" oder dass man als Christ nicht trans* sein kann oder umgekehrt. (Es ist irgendwie eine Art Andacht geworden, lasst euch davon nicht abschrecken :D)

"Warum ich? Warum nimmt Gott diese Gefühle nicht von mir? Glaube ich einfach nur nicht genug? Ist das eine Strafe?"
Diese und weitere Fragen stellt man sich eventuell früher oder später, wenn man als Christ Transgender ist. Und leider gibt es Leute, die diese Zweifel noch verstärken.

Ganz schnell landen wir bei der Theodizee-Frage: "Warum lässt Gott das zu?" Eine Frage, die sich auch andere stellen, die etwas Unangenehmes im Leben erleben. (Und jeder Mensch erlebt mal etwas Unangenehmes im Leben).
Leider gibt es selbst Menschen, die einem Rollstuhlfahrer ins Gesicht sagen: "Du glaubst nur nicht genug, dann könntest du auch laufen!" Und umso mehr gibt es Leute, die zu trans* Leuten sagen: "Ach, du glaubst nur nicht genug, dann würdest du so nicht fühlen!"
Und das sind immerhin schon die, die diese Gefühle als solche anerkennen.

Muskelkrankheiten und ähnliches kann man immerhin medizinisch mehr oder weniger erklären, eine sachliche, biologische Angelegenheit. Aber wenn es um transgender geht, geht es plötzlich um Gefühle und Identität und gesunde Körper, die verändert werden sollen, und selbst die Experten sind ratlos.

Plötzlich geht es nicht mehr um die Medizin, sondern um die Ethik dahinter. Plötzlich wird es eine Streitfrage.
Plötzlich müssen Christen ein perfektes Leben haben, ohne Dysphorie.
Ich bin heute auf ein Kurzvideo gestoßen, in dem erzählt wurde von dem Druck glücklich sein zu müssen in der Kirche: "wenn du nicht glücklich bist, hast du keine Verbindung zu Gott, denn Gott ist gut und macht immer gute Gefühle."
Ja, Gott ist gut und hilft oft, aber wir leben hier in einer Welt, in der es eben die ganze Palette an Gefühlen gibt, auch schlechte.

Ja, Gefühle können einen zerstören. Ob Hass, Eifersucht oder Dysphorie. Hass macht einen selbst krank. Eifersucht ist zum Kotzen, ich wünsche mir oft, ich könnte sie einfach abstellen und - Klick - die Welt wäre in Ordnung. Dysphorie, die einfach nur versucht wird zu unterdrücken, denn "du musst einfach nur mehr mädchenhafte Sachen machen" kann psychische Krankheiten wie Depressionen verstärken.
Und das ist eigentlich ein Pro-Argument.
Denn letztlich zählt der richtige Umgang damit. Klar, man kann es auch schaffen, als Junge in einem Mädchenkörper zu leben und umgekehrt. Zum Beispiel, wenn man die Nebenwirkungen von Hormonen nicht in Kauf nehmen will, wenn man später mal Kinder haben will. Generell, wenn man keine zu starke Dysphorie hat und es so schaffen will.
Aber das Rezept ist eher nicht zu unterdrücken, sondern sich die Gefühle erstmal einzugestehen und dann kann man sich so seinen Weg suchen bzw Gott nach einem fragen, wie auch immer der aussehen mag.

Eine Frage, die man sich beim vielen Themen in der Richtung stellen kann, ist: worauf baue ich? Was ist mein Fundament, und was ist Mauerwerk, wo man auch mal einen Ziegel weglassen und stattdessen ein Fenster einbauen kann?"
Die Bibel sagt hier ganz deutlich, dass das Fundament Gott sein sollte. Also nicht das Geschlecht als Grundlage der Identität, auch wenn es sicherlich ein wichtiger Bestandteil ist oder sein kann.
Wenn man ein festes Fundament hat, dann hilft das, wenn man gerade wegen der Geschlechtsidentität verwirrt ist.
Aber Gott nimmt die Gefühle nicht immer weg, sondern hilft, damit klarzukommen. Wie bei allen Herausforderungen im Leben. Ich glaube, dass er uns so viel zumutet wie wir (mit Hilfe) schaffen können, und er hilft dabei. Aber blöd anfühlen kann es sich trotzdem.

Das eigene Geschlecht kann auch zu einer Art modernen Götze werden. Eine von diesen Ersatzreligionen der heutigen Zeit. Und das ist eben nicht so gut.
Das gilt für alle, auch für cis-Menschen. (!)

Nun aber noch ein paar ermutigende Gedanken:
Beginnen möchte ich mit einem Bibelvers, und zwar steht dieser in 1. Samuel 16,7: "Der Mensch sieht nur auf das Äußere, der Herr aber sieht das Herz."
Der Bibelvers passt erstens gut, weil er im Buch Samuel steht, was mein Name ist. ✨
Vor allem aber zeigt der Vers, dass Gott immer das wahre Ich sieht, egal wie Menschen dich gerade einordnen, wie dein Passing gerade ist und was der Spiegel behauptet. Egal, was andere gerade an Klischees und falschen Annahmen auf dich projezieren. Egal, wie verwirrt du selbst gerade bist. Gott sieht dein innerstes Ich.

Das zweite, was Gott sieht, ist einen Weg. Egal ob Trans* oder nicht, manchmal sieht man als Mensch den Weg vor sich nicht. Verzweifelt fragt man sich, was man tun soll, hat das Gefühl, man steckt in einer Sackgasse fest. Oder man sieht nur einen Weg, hat aber das Gefühl, dass es der falsche ist. Aber Gott hat einen Weg für dich. Einen, den du schaffst, auch wenn er vielleicht steinig und hart ist. Du musst ihn ja nicht alleine gehen.

Ich wünsche euch allen noch einen schönen Palmsonntag!

How I accidentally became an AllyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt