Adina war mal wieder ganz in ihren Monolog vertieft, dieses Mal über den vorangegangenen Zauberkunstunterricht. Ich hörte ihr wie üblich mit einem Ohr zu, während ich mit dem anderen Musik hörte. Antiope und Bärchen sprangen glücklich bellend um uns herum. Blaise hatte tatsächlich einen Stock in seiner Tasche, welchen er immer wieder für die beiden Tiere warf.
Hinter mir hörte ich jemanden gekünstelt Hüsteln. Während ich einfach weiter lief, drehten sich sowohl Adina als auch Blaise um. Ich verdrehte die Augen. Ernsthaft? Das nahmen sie als Aufforderung zu reagieren? Es konnte doch an jeden hier gerichtet sein. Doch wenn sie meinten.
Ich sah ebenfalls zurück und entdeckte eine blonde Frau mit kunstvoller und auffällig steifer Lockenfrisur, welche den Gang entlang auf uns zu kam. Dabei hatte sie ein gewinnend wirkendes Lächeln aufgesetzt, weshalb man ihre drei Goldzähne sehen konnte, welche ihre echten ersetzte. Wer ihr wohl die normalen Zähne ausgeschlagen hatte? Und aus welchem Grund?
„Patricia Primrose Black, wenn ich mich nicht irre", wurde ich von ihr angesprochen. Ich zog fragend eine Augenbraue hoch. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass sie sich mir jemals vorgestellt hätte oder ich mich ihr. Dabei hätte ich es mit Sicherheit nicht vergessen, hätten wir jemals miteinander gesprochen.
„Mein Name ist Rita Kimmkorn. Ich bin Reporterin für den Tagespropheten." Mir wurde ihre Hand hingehalten, weshalb man jetzt sehr gut ihre fünf Zentimeter langen und karmesinrot lackierten Fingernägel zu sehen waren. Ich sah fragend zu dem mir hingestreckten Körperteil.
„Ich weiß, wer sie sind", stellte ich klar.
Antiope stupste mir leicht gegen die Hand, weshalb ich wieder ihr meine Aufmerksamkeit schenkte. Der Unterricht war vorbei, jetzt war es Zeit für unseren gemeinsamen Spaziergang, bevor es wieder in die Bibliothek für meine Hausaufgaben ging. Dieses bisschen Zeit wollte ich meinem Hund nicht verwehren, schon gar nicht wegen Rita Kimmkorn.
Als ich mich von der Frau in dem auffälligen karmesinroten Umhang abwandte, verrutschte ein wenig ihr gewinnendes Lächeln. Das passte ihr jetzt kein bisschen.
„Wie wunderbar, dass ich sie mal endlich antreffe. Eigentlich wollte ich sie schon letztes Jahr um ein Interview bitten. Meine Leser interessiert es brennend, wie es für sie war, herauszufinden, welche blutigen Taten ihr Vater begangen hat, doch leider hat Dumbledore letztes Jahr dies zu verhindern gewusst." Ich wusste auch genau, warum der Schulleiter es verhindert hatte, wenn ich auch nur zwei Sekunden über ihre bisherigen Artikel nachdachte.
Doch der Reporterin schien meine Antwort nicht so klar zu sein. Sie richtete ihre juwelenbesetzte Brille, bevor sie eine giftgrüne Schreibfeder und einen Block aus ihrer protzigen Krokodillederhandtasche zog.
„Ich habe kein Interesse daran, dass irgendjemand meine Geschichte erfährt. Und falls ich jemals ein Interesse entwickel, werde ich mir lieber einen richtigen Journalisten suchen und keine zweitklassige Klatschreporterin", meinte ich kühl, weshalb Kimmkorn mich ziemlich empört ansah.
Ich wandte mich an meine beiden Freunde. Während Blaise so wirkte, als hätte er mit genau dieser Antwort gerechnet, sah mich Adina ziemlich geschockt an. Die Blondine schien mit vielen gerechnet zu haben, aber nicht damit.
„Kommt ihr beiden?", fragte ich, während ich mich auch schon in Bewegung setzte.
„Es soll ein Zeitungsartikel über dich geben, Patricia. Das ist doch toll!", rief Adina überrascht.
„Und du kennst ihre Artikel, dein Bruder zitiert sie oft genug. Die Hälfte darin ist erstunken und erlogen. Ich kann es mir sparen, ihr meine Geschichte zu erzählen. Sie erfindet eh eine für mich."
Ich drehte mich noch einmal um, doch von der Reporterin des Tagespropheten war nicht mehr zu sehen. Ich atmete erleichtert auf. Fürs erste hatte ich sie vom Hals, doch das würde mit Sicherheit nicht sehr lange so bleiben. Da sie bei mir kein Erfolg hatte, würde sie sich jetzt woanders her ihre Informationen holen wollen. Damit würde sie irgendwann auch bei meiner Adoptivfamilie vorbeischauen.
Ich sah mich noch einmal um, ob die Reporterin auch wirklich weg war, dann machte ich mich an meinem Armband zu schaffen. Ich musste Marlon kontaktieren, damit Sirius dort nicht entdeckt wurde.Ich merkte, wie ich vorsichtig an der Schulter gerüttelt wurde. Als Reaktion gab ich ein leises Grummeln von mir. Als Nächstes wurde mir von Antiope vorsichtig gegen die Wange gestupst, weshalb ich sie wegschob. Auch wenn ich gerade nicht gemütlich lag, wollte ich gerne weiterschlafen. Es war keine Gefahr in der Nähe, mein Wecker hatte noch nicht geklingelt, also konnte ich auch weiterschlafen.
„Ms Black, wachen sie auf. Ein kalter Gang sollte nicht ihr Bett ersetzen." Mir wurde erneut an der Schulter gerüttelt. Dieses Mal schlug ich auch tatsächlich die Augen auf.
Professor McGonagall hockte vor mir. Sie sah mich mit einem ziemlich strengen Blick an. Rechts hinter ihr stand Arienne, welche ziemlich besorgt auf mich herabsah.
„Die Nachtruhe hat vor einer halben Stunde begonnen, Ms Black", wurde mir mitgeteilt. Ich schluckte schwer. Das würde definitiv ärger geben.
„Es tut mir leid, Professor." Ich sah hilfesuchend zu der anderen Slytherin herüber, welche sich an der strengen Lehrerin vorbeischob, um sich neben mich zu setzen. Kaum hatte sie das gemacht, zog sie mich auch schon wieder in eine Umarmung.
„Adina hat sich große Sorgen gemacht, als du nicht wieder aufgetaucht bist und noch größere, als ich dich nicht erreicht habe. Deshalb ist sie zu den Lehrern gerannt, die jetzt nach dir suchen."
„Ich wollte nicht, dass sich jemand Sorgen macht", murmelte ich kleinlaut. Ich sah zu Professor McGonagall, welche uns noch immer mit ihrem strengen Blick bedachte. Automatisch machte ich mich ein wenig kleiner und rutschte näher an Arienne. Gleich würde die Standpauke losgehen. Danach war ich sehr wahrscheinlich einen Kopf kürzer.
„Ich wollte niemanden Sorgen bereiten. Ich habe Hausaufgaben gemacht und muss wohl dabei eingeschlafen sein. Es tut mir wirklich leid, Professor McGonagall", versuchte ich mich zu erklären. Die Französin fing an, beruhigend über meine Schulter zu streicheln.
„Das weiß ich, Ms Black. Trotzdem haben die Schüler nicht grundlos zu einem bestimmten Zeitpunkt im Gemeinschaftsraum zu sein. Aus diesem Grunde ziehe ich Slytherin 20 Punkte ab. Jetzt packen sie ihre Sachen und sehen sie zu, in ihr Bett zu kommen." Ich löste mich, um mein Zauberkunstbuch, die zwei Pergamentrollen, meine Feder und mein Tintenfass wieder einzupacken. Arienne half mir dabei. Kaum war ich fertig, sprang ich auch schon auf.
„Sind sie denn gut mit den Hausaufgaben voran gekommen?", wurde ich von der Lehrerin gefragt. Ich nickte stolz. Da ich letzte Nacht gar nicht geschlafen hatte, weil mich der Gedanke, wer nun der Todesser war, und was Rouxs Romantikgen mit Blaise und mir zu tun hatte, wachgehalten hatte, habe ich die Zeit genutzt mich näher mit den Hausaufgaben zu beschäftigen, als normalerweise. Daher hatte ich jetzt tatsächlich einen Aufsatz in der richtigen Länge geschrieben.
„Das höre ich gerne. Jetzt gehen sie in den Gemeinschaftsraum." Ich nickte erneut, dann sah ich zu Arienne herüber. Diese hielt mir ihre Hand hin, welche ich dankbar ergriff. Als Nächstes sah ich zu meinem wuscheligen Hund, welcher einen Käfer beobachtete, der gerade über den Boden krabbelte.
„Antiope, kommst du mit oder willst du dem Käfer nachlaufen? Wir wissen aber beide, dann kommst du heute Nacht nicht mehr in den Gemeinschaftsraum, der Haustiertunnel ist nicht auf riesige Flauschehunde ausgelegt." Mein Haustier wandte sich von dem Käfer ab. Es kam mit wehenden Ohren zu uns gelaufen.
„Gute Nacht, Professor McGonagall", verabschiedete ich mich von der Lehrerin, welche uns freundlich zunickte.
„Glaubst du, Professor McGonagall ist jetzt böse auf mich, Ari? Ihr sind die Regeln sehr wichtig. Sie hat sich sehr geärgert, weil ich anfang letzten Jahres sie nicht beachtet habe", fragte ich Arienne, kaum waren wir außer Hörweite. Ich sah besorgt zu der Sechstklässlerin, welche mir ein beruhigendes Lächen schenkte.
„Es hat ihr missfallen, dass du mit voller Absicht die Regeln gebrochen hast, nur weil du die Lehrer provozieren wolltest, um von der Schule geschmissen zu werden. Jetzt sieht sie aber, dass du dir sehr viel Mühe gibst, hierzubleiben und alles nachzuholen. Das zählt gerade, auch wenn du mal Fehler machst, wie beim Hausaufgaben machen einzuschlafen. Wie ist das überhaupt passiert?" Ich biss mir auf die Unterlippe. Das war jetzt wohl der perfekte Zeitpunkt, um noch einmal nachzufragen, was Rouxs Romantikgen mit meiner Ballbegleitung zu tun hatte.
„Ich habe letzte Nacht nicht geschlafen und bin doch mal müde geworden. Ich habe über unsere Mission und Roux Romantikgen nachgedacht. Ich verstehe noch immer nicht, was es mit mir und Blaise zu tun hat. Warum hat sie mir gesagt, ich solle mit jemanden zum Ball hingehen, den ich lieber als sie habe. Sie sind beide meine Freunde, also habe ich sie gleich lieb – denke ich jedenfalls." So lief das schließlich ab, nicht wahr?
„Roux denkt das nicht. Sie denkt, du hast Blaise von all deinen Freunden besonders lieb. So wie Adina Jamie lieb hat. Deshalb wollte sie, dass du mit ihm zum Ball gehst. Sie plant schon eure Hochzeit", wurde mir erzählt, weshalb ich verwirrt stehen blieb. Ich sollte Blaise so lieb haben, wie Adina Jamie lieb hatte? Aber die beiden gingen miteinander aus und ich hatte bisher nicht das Bedürfnis, das Gleiche mit dem dunkelhäutigen Slytherin zu machen.
„Wieso redet Roux nicht mit mir, wenn sie denkt, ich würde Blaise lieben? Dann hätte ich ihr gesagt, dass ich es nicht tue und wir hätten zusammen zum Ball gehen können." Zugegebenermaßen der Abend mit Draco hatte mir Spaß gemacht, doch mit der Jüngeren wäre es bestimmt noch lustiger geworden.
„Ich habe sie darum gebeten, nicht mit dir darüber zu reden. Sie überfordert dich immer mit ihren romantischen Ideen. Ich stimme Roux zwar zu, dass du Blaise lieber hast als nur einen normalen Freund, aber – momentan hast du einfach genug gefühlstechnisch zu verarbeiten. Du versuchst, irgendwie eine Beziehung zu deiner leiblichen Familie aufzubauen, zu unserer gemeinsamen und von den werdenden Vätern will ich gar nicht erst anfangen. Mit Blaise hast du eine Beziehung, mit der ihr beiden momentan sehr zufrieden seid. Also lasst sie genau so. Du bist nicht so weit, dass du überlegen solltest, ob ihr mehr als Freunde sein solltet oder nicht. Wenn du so weit bist, wirst du es schon merken."
„Woher weißt du, dass du deine Beauxbatons lieber hast, als andere Mädchen?", fragte ich neugierig. Vielleicht viel es mir ja leichter, zu erkennen, wie ich nun zu Blaise stand, wenn ich wusste, woran die anderen ausmachten, dass ich in ihn verliebt war, würde es mir bestimmt leichter Fallen, irgendwann zu erkennen, wie ich zu meinem Klassenkameraden stand.
„Ich weiß es einfach. Ich verbringe sehr gerne Zeit mir ihr und muss immer lächeln, wenn ich an sie denke. Und ich denke oft an sie. Ich mache mir nur etwas Sorgen darüber, was am Ende des Schuljahres passiert. Sie hat erzählt, dass die Beziehung zu einer Mitschülerin kaputt gegangen ist, weil sie nicht mit nach England gekommen ist. Ich glaube nicht, dass sie damit klarkommt, dass ich definitiv nicht nach Beauxbatons gehen werde ab nächsten Schuljahr. Momentan gehe ich nicht einmal davon aus, dann wieder in Frankreich zu leben, sondern immer noch hier in England um meiner kleinen Schwester ein wenig unter die Arme zu greifen." Mir wurde ein liebevolles Lächeln geschenkt, weshalb ich mich noch etwas näher an Arienne drückte. Meine ganz eigene große Schwester.
„Du kannst trotzdem einfach zu ihr apparieren. Anders als ich zersplinterst du dabei schließlich nicht", stellte ich fest, um sie ein wenig zu trösten. Die Beauxbatons würde sich bestimmt nicht anstellen, weil Ari nicht in die gleiche Schule ging wie sie. Wenn doch hatte sie meine große Schwester einfach nicht verdient.
„Ich hoffe, sie tut es nicht. Aber darüber wollen wir uns jetzt keine Sorgen machen. Momentan genieße ich es einfach, dass es gut funktioniert."
Wir bogen in den Gang, in welchem sich der Eingang zum Gemeinschaftsraum befand. Kaum war das Passwort ausgesprochen, glitt die Wand auch schon zur Seite, weshalb wir in den langgezogenen Raum sehen konnten. Rechts vom Eingang saßen Blaise, Draco und Adina zusammen auf dem Boden. Die Blondine hatte sich mal wieder an ihren Bruder gekuschelt, sah allerdings genauso wie die beiden Jungen zu uns herüber, als wir hereinkamen.
„Tric! Oh, Tric, wieso warst du fort? Ich habe mir solch schreckliche Sorgen gemacht! Wieso bist du nur nicht wiedergekommen? Ich dachte, dir wäre etwas ganz schreckliches passiert. Wie kannst du mir nur solche Angst einjagen? Uns allen?", sprudelte es aus meiner besten Freundin heraus, während sie aufsprang, um mich in eine liebevolle Umarmung zu ziehen.
„T'schuldigung", nuschelte ich verlegen. Mein Blick glitt zu Blaise und Draco, welche ebenfalls aufgestanden war. Sobald der Dunkelhäutige mein Blick bemerkte, hielt er mir die Hand hin. Kaum hatte ich diese ergriffen, wurde ich auch schon von Adina weggezogen, nur um in seinen Armen zu landen. Zufrieden kuschelte ich mich an ihn.
„Ich würde aber auch gerne wissen, warum du nicht zurückgekommen bist", wurde mir mitgeteilt, weshalb ich leise grummelte. Eigentlich hatte ich keine Lust noch einmal durchzukauen, dass ich eingeschlafen bin.
„Habe letzte Nacht schlecht geschlafen und habe es beim Hausaufgaben machen nachgeholt", beichtete ich, weshalb Blaise, Draco und Adina anfingen zu lachen. Ich biss mir auf die Unterlippe. Natürlich wusste ich, sie meinten es nicht böse, aber trotzdem wollte ich es gerade nicht hören.
„Und wenn du das nächste Mal schlecht schläfst, kommst du schon in der Nacht zu mir", fügte Arienne hinzu. Ich nickte leicht, als Zeichen, dass ich verstanden hatte. Wenn ich das nächste Mal nicht einschlafen konnte, würde ich brav zu meiner großen Schwester ins Bett kriechen.
„Du kannst auch zu mir kommen", rief Adina sofort.
„Oder zu mir. Dann kannst du zum Einschlafen die Schnarcher von Crabbe und Goyle zählen. Ich weiß, normalerweise zählt man Mondkälber, aber ich bin mir sicher, Schnarcher funktionieren auch", wurde mir von Blaise mitgeteilt, weshalb ich leise lachte.
„Bei den Muggeln zählt man Schafe, die über einen Zaun springen, aber wenn man eine lebhafte Fantasie hat, bleibt irgendwann ein dickes Schaf daran hängen und man muss lachen", berichtete ich.
„Ich glaube, Schnarcher sind zuverlässiger. Da musst du nicht lachen. Jetzt geh ins Bett. Wenn du gerade schon ein Nickerchen gemacht hast, hast du es offensichtlich nötig." Blaise drückte mir noch einen Kuss auf die Stirn, dann wurde ich auch schon in Richtung der Schlafsäle geschoben.
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Hexagramm - Hundewache
FanfictionDreizehn Nymphen, zerstreut in der Welt. Zwei verschollen - die von Hades und die von Zeus - und eine Suchende. Erneut hat Patricia Hogwarts den Rücken zugekehrt, um ihre noch immer verschollene Schwester zu finden und damit die olympischen Nymphen...