Kapitel 7

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Wir stiegen die Treppe des Stadions wieder nach unten. Diese Richtung schien Marlon wesentlich besser zu gefallen als herauf. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er zu begeistert vom Spiel war, um sich über fehlende Aufzüge bei Hexen und Zauberern zu beklagen.
Je weiter wir herunter kamen, desto voller wurde es wieder. Auch aus den unteren Rängen kamen die Zuschauer, die irischen vor Freude strahlen, die bulgarischen Enttäuscht. Adina hatte sich bei mir untergehakt und quasselte mich mal wieder voll. Das momentane Thema war das Spiel. Sie erzählte mir alles so detailreich, dass man meinen könnte, sie hatte vergessen, dass ich dabei gewesen war.
Schließlich kamen wir am Ende der Treppe an. Weiter ging es über den laternenbeschienen Weg, zurück zu den Zeltplätzen. Die Gesänge der irischen Fans drangen von überall zu uns herüber. Immer wieder schwirrten die irischen Kobolde giggelnd und Laternen schwindend über ihre Köpfe hinweg.
Als wir am Zeltplatz ankamen, verabschiedete sich Adina von uns. Sie ging mit ihren Eltern, Draco und Jamie weiter zu einem anderen Zeltplatz, wir gingen zurück zum Zelt. Dort setzten wir uns wieder an unseren Campingtisch. Eine Tüte Chips, Schokolade und Bananenchips landeten auf ihm. Gleich daneben wurden ein paar Getränke und Becher gestellt. Um uns herum herrschte noch reges Treiben. Viele saßen noch zusammen und unterhielten sich über das Spiel, die irischen Fans feierten ausgelassen, man hörte Musik und immer wieder einen widerhallenden Knall in der Nacht. Insgesamt war die Stimmung sehr ruhig und friedlich.

Von draußen hörte man Schreien. Gleichzeitig schienen die Alarmglocken in meinem Kopf wieder anzuspringen. Sofort saß ich wieder senkrecht in meinem Schlafsack. Ich hatte mich erst vor wenigen Minuten hierhereingelegt. Nachdem wir noch Ewigkeiten draußen gesessen hatten, waren wir alle doch mal müde gewesen und ins Bett gegangen. Doch offensichtlich war uns Schlaf heute nicht vergönnt.
Auch die anderen drei Mädchen im Zelt waren wieder wach, wenn sie überhaupt geschlafen hatten. Susanne war so geistesgegenwärtig und zog sich schon wieder ihre Sachen an, während Roux noch verschlafen vor sich hin blinzelte und Arienne genervt stöhnte.
„Nur einmal einen Ausflug, wo wir am Ende nicht den Tag retten müssen. Nur einmal", murmelte die Älteste dabei vor sich hin. Kopfschüttelnd zog ich mich ebenfalls mein Pulli heran, welchen ich wieder überzog, bevor ich meine Hosen austauschten.
Angezogen kamen wir aus dem Zelt heraus. Marlon war ebenfalls schon aus dem Zelt gekommen. Er holte gerade weitere Waffen aus dem Auto. Bei den zwölf Göttern, ich war vermutlich in der einzigen Familie gelandet, die anstelle von Ersatzreifen immer ein Waffenarsenal im Kofferraum liegen hatte, egal, ob sie nun einen netten Ausflug mit der Familie machten, oder nun einmal gerade einen Verbrecher fangen sollten.
An unserem Platz sah man im Schein der noch brennenden Feuer die Leute auf der Flucht in den Wald rennen. Vor was sie genau flohen, konnte ich nicht erkennen. Man sah die Lichtblitze von verschiedenen Zaubern, wie sie immer wieder in die Luft geschleudert wurde und dabei einen Lärm machte wie Gewehrfeuer. Lautes Gejohle, dröhnendes Lachen und die Schreie von Betrunkenen wehten zu uns herüber.
„Weißt du, was los ist?", fragte ich meinen Onkel, während ich ihm mein Schwert abnahm, welches er eingepackt hatte.
„Frédéric ist Nachsehen appariert, Claire weckt die Leute hier in der Nähe."
„Wir waren langsam."
„Nein, wir waren noch nicht im Bett, sondern haben noch draußen gesessen. Wir waren eigentlich langsam." Auch die anderen Waffen aus dem Kofferraum wanderten zu den entsprechenden Besitzern.
Wir hatten gerade alles verteilt, als Claire wieder zurückkam. Fast zeitgleich apparierte Frédéric genau neben mich. Der Sorgenfalte auf seiner Stirn nach gefielen ihm die Geschehnisse auf dem Zeltplatz ganz und gar nicht.
„Es sind Todesser, die sich die Familie Roberts geschnappt haben. Die Ministeriumsleute kriegen es nicht unter Kontrolle", berichtete der Mann. Marlon verdrehte aufgrund der Worte demonstrativ die Augen.
„Man hätte meinen können, die Engländer haben Übung, was so etwas angeht. Hatten sie schließlich nur jahrelang jedes Wochenende." Da hatte mein Erziehungsberechtigter leider Recht. Gerade bei einem so großen Ereignis hätte man mit Tumulten rechnen müssen. Zwar nicht unbedingt mit Todessern, aber Sicherheitsleute, die größere Tumulte unterbinden konnten und Auroren auf Abruf, hätte man einplanen sollen. Doch offensichtlich hatte man das versäumt.
In diesem Moment flammte ein starkes grünes Licht auf und erhellte das Geschehen auf dem Zeltplatz. Eine Gruppe von Zauberern, dicht aneinander gedrängt und mit zum Himmel gereckten Zauberstäben, marschierte im Gleichschritt langsam über das Feld. Auf den ersten Blick schienen sie alle keine Gesichter zu haben, doch wenn man genauer hinsah, konnte man erkennen, dass sie Kapuzen über die Köpfe gezogen und ihre Gesichter maskiert hatten. Hoch über ihnen schwebte die Familie Robertson, welche man nur als grotesk verzerrte Gestallten erkennen konnte.
Andere Zauberer schlossen sich, johlend und mit den Zauberstäben nach oben deutend, der marschierenden Gruppe an. Die Menge wurde immer größer. Zelte, die im Weg standen, wurden umgerissen und einfach niedergetrampelt. Hin und wieder wurde auch ein Zelt mit Hilfe eines Zauberstabs aus dem Weg geblasen. Einige fingen Feuer. Das Schreien wurde lauter.
Die Flammen eines Zeltes beleuchteten plötzlich die in der Höhe schwebenden Menschen, weshalb man nun auch die Familie Roberts, bestehend aus Mr Roberts, seiner Frau und den gemeinsamen zwei Kindern, erkennen konnte. Einer der Vermummten ließ Mrs Roberts kopfüber kippen. Ihr Nachthemd rutschte herunter und enthüllte ihre bauschigen Schlüpfer. Unter dem höhnischen Kreischen und Johlen der Menge am Boden versuchte sie verzweifelt, ihre Blöße zu bedecken.
„Geht mit den Weasleys in den Wald", meinte Claire an uns vier Mädchen gewandt.
„Wir kommen mit!", protestierte Susanne sofort. Ihr gefiel der Gedanke wohl gar nicht, wie die gleichaltrigen in den Wald geschickt zu werden, damit möglichst viel Abstand zwischen uns und den Todesser waren. Etwas, was ich nachvollziehen konnte. Es ging auch gegen sämtlicher meiner Instinkte, jetzt in die andere Richtung zu laufen. Doch dass jemand bei den Weasleys und damit bei Harry blieb, war eigentlich eine kluge Idee.
„Sue, Ari, ihr geht mit den Weasleys mit und habt ein Auge auf Harry. Auch wenn die Todesser gerade mit den Muggeln beschäftigt sind, heißt es nicht, dass sie ihn nicht auch etwas tun, wenn sie ihn finden. Schließlich ist wegen ihm der dunkle Lord weg. Roux, wir gehen Adina suchen", bestimmte ich. Mein Blick glitt zu den drei Erwachsenen. Das war natürlich eigentlich nicht das, was Claire von uns gewollt hatte.
„Meinst du, du findest Adina?", fragte mich Marlon etwas verunsichert. Ich nickte bestimmt.
„Ich weiß, wo das Zelt steht, also eine ungefähre Richtung und meine Instinkte werden mich schon richtig zu ihr führen. Da bin ich mir sicher." Mein Onkel nickte leicht.
„Dann geh Adina suchen und dann in den Wald. Wenn alles vorbei ist, treffen wir uns wieder hier. Und passt auf euch auf."
„Ihr auch." Mein Onkel lächelte mir aufmunternd zu.
„Das wird alles, Welpe." Bill, Charlie, Percy und Mr Weasley kamen zu unserem Zeltplatz. Mit ihnen liefen Claire, Frédéric und Marlon in Richtung der schwarzen Magier. Ich nickte Sue und Ari zu, welche zusahen, dass die Weasleys mit ihnen in den Wald kamen, während Roux und ich uns auf die Suche nach Adina machten.

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