「 Kapitel 20 」

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Der Hautwechsler führte die Gemeinschaft von seinem Garten in den benachbarten Wald, wo im Schatten der Bäume viele Ponys standen, auch einige Pferde waren unter ihnen.
Beorn bedeutet allen, sich ein Pony zu nehmen und bot Gandalf eines der Pferde an. Bevor der Zauberer aufstieg, ging er jedoch noch ein paar Schritte mit dem Riesen, beide versanken in ein ernstes Gespräch.
"Über was die beiden wohl noch so viel zu Bereden haben?" fragte Kili, welcher an Ilèyn vorbeilief und sich einem der Ponys näherte. Die Zwergin antwortete nicht, sie hatte den Blick gesenkt und starrte abwesend vor sich hin. Kili legte seine Tasche über den Rücken des Ponys und drehte sich dann wieder zu Ilèyn um.
"Das ist ja schon fast gruselig..." sagte er als Reaktion auf Ilèyns merkwürdiges Verhalten "Ihr solltet eines der Ponys für Euch vorbereiten." Vorsichtig hielt er ihr einen Strick vor die Nase.
Ilèyn nahm den Strick und ging zu dem Pony, was ihr am nächsten stand. Noch immer war sie vollkommen gedankenverloren, als würde sie in einer anderen Welt verweilen. Sie bereitete den Strick als Zügel vor, legte einen Teil ihres Gepäcks über den Rücken des Ponys und wartete dann auf die anderen. Währenddessen fiel nun auch ihr Blick hinüber zu dem Zauberer und dem Hautwechsler, beide weiterhin ins Gespräch vertieft.
Ilèyn beobachtete Gandalfs Gesichtszüge, Unruhe war darin zu erkennen. Unruhe und Furcht. Wenn selbst ein Istar fürchtete, was da kam, wie sollte es diese Gemeinschaft nur jemals schaffen, ihr Ziel zu erreichen?
In diesem Moment führte Bifur eines der Schwarz-Weißen Ponys neben Ilèyn und blieb bei ihm stehen. Der Zwerg mit dem Beil im Kopf deutete auf die Zwergin in der Absicht, ihr auf ihr Pony helfen zu wollen.
Ilèyn nickte kurz und nahm Bifurs Hilfe an. Er verschränkte die Finger und hob Ilèyn, welche mit einem Fuß auf seine Hände gestiegen war, nach oben auf den Rücken des Tieres.
Ilèyn bedankte sich knapp und Bifur begab sich wieder zu dem anderen Pony, welches brav neben den beiden gewartet hatte. Fili näherte sich und auch ihm bot Bifur Hilfe an. So schnell wie Ilèyn war auch der Blonde nun auf dem Rücken des Ponys. Er sah zu der Zwergin hinüber und versuchte so zuversichtlich zu wirken, wie es ihm eben möglich war.
Aufgrund der Reaktion von Beorn, Gandalf und Ilèyn auf die Tatsache, dass sie den Düsterwald durchqueren wollten, hatte auch Fili begonnen, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Beorn hatte genug Gefahren erwähnt, die es in und um den Wald herum geben soll. Das ließ die Aussicht auf Erfolg in einem recht getrübten Licht erscheinen.
"Gandalf!" rief Filis Onkel zu den beiden Redenden "Wir verlieren Zeit."
Der Zauberer machte sich auf den Weg zu ihnen. Beorn wirkte unruhig, ständig sah er sich im Wald um, als fühlte er sich beobachtet.
Gewiss wurden sie beobachtet.
Schon die ganze Zeit.
Auch Ilèyn wurde immer nervöser und besorgter. Jedoch hing das wohl vorrangig mit jedem Meter, den sie dem Düsterwald entgegen kamen zusammen.
Fili wusste nicht genau, was er davon halten sollte. Dass die blonde Zwergin etwas verheimlichte, war ihm klar. Doch er bekam immer mehr das Gefühl, als würde ihr Leben an diesem Geheimnis hängen, was sie so verbissen für sich behielt. Bedeutete ihre Unruhe, dass eben jenes Geheimnis drohte, aufzufliegen?
Gandalf stieß zu der Gemeinschaft, schwang sich auf den Rücken eines dunklen Pferdes und ritt voran.

Niemand sagte etwas, zu sehr wurden die Zwerge von der Angst getrieben, Azog und seine Schar könnten sie einholen.
Von Beorns Haus ritten sie für einige Stunden durch die grünen Lande, über Wiesen, an Wäldern vorbei, durch Täler und an den Ufern von Flüssen und Bächen entlang.
Irgendwann jedoch wurde die idyllische Landschaft abgelöst von trockenen, grauen Bäumen, rissiger Erde und dem großen Schatten eines dunklen Waldes direkt vor ihnen. Wolken waren aufgezogen, ließen keinen Sonnenstrahl hindurch und es roch nach Regen.
Den ganzen Ritt über war Fili nicht von Ilèyns Seite gewichen, er hatte sie genau im Auge behalten, ob es ihr passte oder nicht. Und das aus gutem Grund.
Mit jeder Meile, die sie sich dem Wald näherten, wirkte sie schwächer und ausgelaugter. Sie wirkte wie überarbeitet, nach einem zu langen Tag Anstrengung ohne Pause.
Als die Gemeinschaft den Waldrand erreicht hatte, meinte Fili mitzubekommen, wie Ilèyns Zustand erneut deutlich schlechter wurde. Das Atmen fiel ihr schwer und ihre ohnehin schon blasse Haut war fast noch bleicher geworden.
"Das Elbentor." sagte Gandalf, welcher bereits vom Pferd abgestiegen war und sich dem Wald genähert hatte "Hier ist unser Pfad durch den Düsterwald!"
Fili stieg vom Rücken des Ponys und nahm sein Reisegepäck an sich. Dann lief er direkt zu Ilèyn, welche immer noch auf ihrem Reittier saß und mit erschöpften Augen zu dem Tor in den Wald hinein sah. Als Fili neben ihr stehen blieb und zu ihr nach oben sah, war sie kurz davor, mit dem Pony kehrt zu machen und so weit wie nur irgend möglich von diesem Wald wegzureiten.

"Ilèyn." sagte Fili ruhig "Lasst mich Euch helfen."
Während der Blonde die Reisetasche von Ilèyn vom Rücken des Ponys nahm und sie sich zusätzlich zu seinem eigenen Gepäck über die Schulter warf, saß die Zwergin weiterhin wie apathisch auf dem Tier und rührte sich nicht.
Das alles sah für Fili so aus, wie die Krankheit, welche seine Mutter einst heimgesucht hatte, bei welcher sie blass und fiebrig wie betäubt in die Ferne sah, ohne eine Regung im Gesicht, ohne zu reden und ohne Kraft des eigenen Körpers.
Doch Ilèyn war nicht krank. Dieser Ort machte etwas mit ihr...
"Lasst die Ponys jetzt frei!" verkündete Gandalf "Sie sollen zu ihrem Herren zurückkehren!"
Ilèyn reagierte nicht auf den Zauberer. Erst als Fili vorsichtig nach ihrer Hand griff, sauste ihr Blick urplötzlich zu ihm. Aufgeschreckt, wie ein gehetztes Kaninchen sah sie ihn an. Die Tatsache, dass es sich um den Zwerg handelte, ließ sie sichtlich etwas ruhiger werden.
"Kommt." Fili griff nun auch nach Ilèyns anderer Hand und bedeutete ihr, dass sie von dem Pony absteigen musste.
Langsam rutschte die Schützin vom Rücken des Tieres, Fili griff ihr unter die Arme und verhinderte, dass ihre Beine beim Aufkommen auf dem Gras unter ihr nachgaben.
Ilèyn landete auf beiden Füßen und wankte aufgrund der fehlenden Kraft ihres Körpers. Sie atmete flach und ihre Handflächen waren schwitzig.
"Beruhigt Euch..." murmelte Fili sanft und hielt sie weiterhin fest, bis er spürte, dass ihre Beine festen Stand erreichten. Der Zwerg spürte, wie sie auf seine leisen Worte hin begann, ruhiger zu werden.
Eine leichte Brise kam auf. Der Duft von Waldkräutern, Holz und dem Eisen ihrer Pfeilspitzen, welche sie regelmäßig pflegte, ging von Ilèyn aus.
So zerbrechlich und dünn, wie sie sich in seinen Händen anfühlte, war es kaum vorstellbar, dass sie die gleiche Person war, die flink und leise tötete, die besser im Umgang mit Pfeil und Bogen war, als jeder Schütze, den man je gesehen hatte und die kaltblütig ihre Feinde niederstreckte.
Die Zwerge um sie herum hatten sich soweit für den beschwerlichen Weg durch den Wald vorbereitet. Als Fili merkte, dass Ilèyn nicht mehr wankte, wich er ein paar Schritte zurück, bevor sein Onkel sich wieder dazwischenschalten würde.
Fili entfernte sich etwas von der Zwergin, um einige der Sachen, welche noch auf dem Boden lagen zu nehmen.

"Ihr seid wirklich süß zusammen." erklang es neben ihm, als der Zwerg sich nach einem Seil bückte. Der Besitzer der Stimme musste sich mehr als eindeutig zusammenreißen, nicht zu lachen.
"Kili." seufzte Fili und sah direkt in das strahlende Gesicht seines Bruders, als er sich wieder aufrichtete "Wann hörst du eigentlich auf, das alles so lustig zu finden?"
"Es ist nicht lustig, Bruderherz." entgegnete Kili und hob geschwind einen der Beutel zu seinen Füßen auf "Es ist süß. Oder liebenswert, nenn es gerne wie du willst. Tut gut, dich mal nicht so ernst und so... streng zu sehen." Kili hielt kurz inne "Nun ja, sagen wir manchmal." fügte er schnell an.
"Schlag dir den Unsinn, welcher auch immer in deinen Gedanken da herumgeistert, mal ganz schnell wieder aus dem Kopf." sagte Fili. Er war es leid, mit seinem Bruder über dessen abwegige Vorstellungen zu diskutieren.
"Du weißt ganz genau wie ich, dass ich Recht habe." grinste der Jüngere "Das glauben die anderen übrigens auch."
"Du erzählst den anderen von deinen weltfremden Hirngespinsten?" fragte Fili entsetzt.
"Ach was, für wen hältst du mich, Bruder?" lachte Kili "Nein nein... die sehen das auch schon von alleine."
Fili wollte gerade etwas sagen, als der Zauberer schnellen Schrittes aus dem Wald zu ihnen kam.
"Mein Pferd nicht, ich brauche es!" sagte er eilig.
"Willst du uns etwa verlassen?" fragte Bilbo sofort.
"Ich würde es nicht tun, wenn ich nicht müsste." antwortete Gandalf nur.
Fili und Kili sahen sich entgeistert an. Auch ihr Onkel wirkte wenig begeistert von der Entscheidung des Zauberers, welche auch noch ohne die Benennung eines guten Grundes erfolgte.
"Ich erwarte euch am Aussichtsposten!" sagte Gandalf und schritt zu seinem Pferd "Vor den Hängen des Erebor. Bewahrt die Karte und den Schlüssel gut. Geht nicht ohne mich in den Berg hinein." Letzteres sagte er direkt an Thorin gewandt, welcher nur leicht nickte und Balin einen ernsten Blick zuwarf.
Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen, als Gandalf die Zwerge zu dem Wald instruierte. Er beschrieb den Bach, welcher wohl einen dunklen Zauber trägt und erwähnte mehrfach warnend, nicht den Weg zu verlassen.
"Er wird versuchen, euren Geist in die Irre zu führen." endete der Zauberer mit seinen Warnungen über den Wald und stieg auf das Pferd.
Ohne weiteres machte Gandalf kehrt und ritt davon.
Thorin verweilte nicht lange und begann, die Gemeinschaft in den Wald zu führen.
"Kommt." sagte er "Wir müssen den Erebor erreichen, ehe die Sonne am Durinstag untergeht!"
Fili drehte sich um und sah nach Ilèyn, welche zögernd und unentschlossen vor dem Tor stand. Er ging auf sie zu und suchte nach ihrem Blick. In dem Moment, als ihre Blicke sich trafen waren Ilèyns Augen voller Angst und Panik. Reale Angst vor realen Dingen, die sie fürchtete in diesem Wald anzutreffen.
Kili kam an seinem Bruder vorbei und auch er drehte sich nun nach der Zwergin um.
"Kommt, Ilèyn." sagte er "Sorgt Euch nicht, es wird Euch nichts geschehen."
Die Brüder wandten sich zum Gehen und Ilèyn schloss zu ihnen auf. Gemeinsam betraten sie die Dunkelheit des Düsterwalds.

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