Die Nacht hatte sich herabgesenkt und die Ebenen zwischen Erebor und Thal in eine mondbeschienene Stille getaucht. Nachdem Ilèyn sich sehr lange mit den anderen über das Geschehene in der Seestadt unterhalten hatte und Fili ausführlich erklärt hatte, wie sie es geschafft hatte, sicher aus der Stadt zu entkommen, war Thorin zu ihnen gestoßen. Noch immer beachtete er Ilèyn nicht oder hatte sie willkommen geheißen. Er war besessen von dem Gedanken, dass er es tatsächlich schaffen könnte, den Berg gegen Thranduils Armee zu verteidigen.
"Ihr wart nun lange genug untätig." verkündete der Zwergenkönig und sah sich in der Gruppe um "Bewaffnet euch."
Thorins Stimme bereitete Ilèyn ein ungutes Gefühl. Die Entschlossenheit, die der Zwerg an den Tag legte, war alles andere als beruhigend.
Die Zwerge machten sich auf den Weg zur Waffenkammer. Ilèyn folgte ihnen durch die großen Hallen und endlosen Gänge. Noch nie hatte sie so ein Königreich gesehen. Ein Königreich in einen Berg gehauen und einem Schatz in sich, so groß, dass Ilèyns Vorstellungskraft nicht ausreichte, um diese Massen an Gold zu erfassen.
Ilèyn merkte, dass ihr anfängliches Interesse an einem Teil des Goldes lange nicht mehr vorhanden war. Das einzige was nun überwog waren Angst, Sorge und Unsicherheit. Sie holte zu Fili auf, welcher neben Thorin und Kili vorneweg lief, und zog ihm am Ärmel um ihn etwas auszubremsen.
"Ihr geht zur Waffenkammer, habe ich Recht?" flüsterte sie ängstlich "Fili, du musst Thorin von diesem Wahnsinn abbringen."
Die beiden liefen nun am Ende der Gruppe.
"Thorin ist fest entschlossen, sein Eigentum und Königreich zu verteidigen, er wird nicht auf mich hören." zischte Fili.
"Du musst es versuchen, bitte!" Die Dringlichkeit in Ilèyns Stimme war schwer zu überhören.
Fili wollte gerade etwas antworten, als die Gruppe vor ihnen stehen blieb und Thorin die Türen zur Waffenkammer öffnete. Fili sah Ilèyn entschuldigend an und beide folgten dem Rest in den großen Raum, welcher bestückt war mit Schwertern, Schilden und den königlichen Rüstungen. Thorin sah seinen Leuten dabei zu, wie sie sich mit Waffej ausstatteten und sich Rüstungen in ihrer Größe suchten. Ilèyn stand in einer Ecke, welche nicht zu sehr von dem Licht der Fackeln beschienen wurde und beobachtete das Ganze mit wachsender Unruhe. Ihr wurde übel, als sie sah, wie Thorin Wert darauf legte, dass Fili und Kili Rüstungen trugen, welche ihrem Stand als direkte königliche Blutlinie gerecht wurden. Dann entfernte sich der Zwergenanführer, um sich selbst nach der eigenen Rüstung umzusehen.
Fili und Kili wechselten einen Blick, bevor Kili zu den Waffenständern ging und einige Schwerter begutachtete, nachdem Fili ihm einen Schild zugeworfen hatte.
Dwalin und Bofur kamen an Ilèyn vorbeigelaufen, beide bereits komplett ausgerüstet und bewaffnet. Ilèyn verschränkte die Arme und lehnte sich gegen die Wand in dem Versuch ihre Wut und Angst zu unterdrücken. Nach wenigen weiteren Minuten, die sie dort stand und alles beobachtet hatte, hielt sie es nicht mehr aus."Fili..." sagte sie verzweifelt und trat an den Blonden heran, welcher innehielt und sie ansah. Ilèyns Blick fiel auf die schwere Rüstung und auf das breite Schwert, was Fili an sich genommen hatte.
"Das gefällt mir nicht..." brachte sie leise und entsetzt hervor "Das ist ein Kampf, den ihr nicht gewinnen könnt, du musst das verhindern! Bitte, ich will dich nicht verlieren!" sagte sie flehend und ihre Stimme bebte.
Fili sah sie gedrückt an, er wirkte kraftlos und erschöpft.
"Es ist meine Pflicht, an der Seite meines Onkels und meines Volkes zu stehen..." sagte er leise und konnte ihrem Blick nicht standhalten.
Als Ilèyn diese Worte aus seinem Mund hörte wusste sie für einen Moment nicht, was sie sagen sollte.
"Mein Onkel" kam es dann eindringlich von ihr "Wird euch töten, wenn ihr ihm nicht das gebt, was er verlangt. Die Elben haben kein Interesse am Leben von einem oder dreizehn Zwergen und ich verspreche dir, wenn es um das Erbe seines Volkes geht, kennt Thranduil keine Gnade." Ilèyn konnte ihre Wut über die Sturheit der Zwerge nun nicht mehr verbergen, ihre Stimme nahm einen warnenden Ton an.
"Du musst das nicht tun." redete sie weiter und nahm Filis Gesicht in beiden Hände, sodass er ihr wieder in die Augen sehen musste "Bitte..." flüsterte sie.
"Zurück zum Tor, ihr alle!" schallte es durch einen Gang zu ihnen hinüber.
"Vergib mir..." flüsterte Fili, als er sich von ihr abwandte und mit den anderen hinter Thorin her zurück zum Steinwall marschierte. Ilèyn sah hinter ihnen her, den Mund leicht offen aus Entsetzen und Schock. Wenige Momente später eilte sie hinter ihnen her, unschlüssig, was sie nun tun sollte.
Sollte sie gehen? Sich in Sicherheit bringen?
Sie könnte Fili niemals hier zurücklassen, schon gar nicht gegen ihren Onkel ins Feld ziehend.
Sollte sie es wagen, mit ihrem Onkel darüber zu sprechen?
Der Gedanke daran, dass sie vor Thranduil um das Leben dieser Gemeinschaft flehen und bitten würde, missfiel ihr. Nichts anderes würde der Elbenkönig mehr lieben zu sehen, als sie auf den Knien, angewiesen auf seine Gnade.
Sollte sie weiterhin versuchen, Fili davon zu überzeugen, mit ihr zu gehen? Zu fliehen?
Sie wusste, dass das nicht in seiner Natur war, sein Stolz ließ eine Flucht und das Zurücklassen seiner eigenen Leute nicht zu. Außerdem würde er seinen Bruder und die anderen nie alleine in die Schlacht ziehen lassen.
Diese Gedanken begleiteten Ilèyn, bis sie wieder die vordere Eingangshalle des Erebor erreicht hatten, in welcher noch immer ein ziemliches Chaos herrschte, Steinbrocken lagen herum, die gewaltige goldene Glocke, welche ebenfalls dort lag.
Thorin befahl Bofur, die erste Nachtwache zu übernehmen und den anderen, sich einen Platz zum Schlafen zu suchen. Diese Taten wie ihnen geheißen und verteilten sich etwas, entfernten sich jedoch nicht zu weit vom Tor, ständig in Alarmbereitschaft.
Bofur stieg die Treppen hinauf und bezog seinen Posten am oberen Ende des Walls, den Blick gen Thal gerichtet. Oin, Ori und Bombur schliefen direkt nebeneinander ein, die anderen dösten nur etwas vor sich hin.
Ilèyn spürte, dass Filis Blick auf ihr ruhte, doch sie war zu sehr damit beschäftigt, verzweifelt einen Weg zu finden, diese ganze Situation, in die sie hineingeraten war, regeln zu können. Sie hörte, wie Fili und Kili sich vom Tor entfernten und hinter den steinernen Mauern verschwanden.
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✓ | Vergissmeinnicht ~ Fili FanFiction / Hobbit FanFiction / Fili FF
FanfictionAbgeschlossen ✓ "Auch du wirst irgendwann heimkehren." Zögernd öffnete sie eine der schweren Holztruhen. Der Deckel knarzte laut, als er nach hinten klappte. Ein staubiger Umhang. Münzen. Briefe. Rostige Nägel. Zumindest ein paar brauchbare Dinge. ...