Saite 6

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Gedankenreise

╝ Saite 6 ╔❝Gedankenreise❞

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NEIN. BIANCA SCHÜTTELTE den Kopf und sammelte alle Gedanken in sich zusammen. Sie lagerten sich in ihrem Herz ein und ließen es schwer werden. Aber natürlich. Ein sarkastisches Lachen verließ ihre Kehle unter Halsschmerzen. Der Riss folgte ihr überall hin. Er würde sie bis ans Ende der Welt jagen. Erst wenn das Universum nicht mehr existierte, würde er in Frieden ruhen. Wie alles.

Bianca rutschte vom Riss weg, ohne sich zu erheben. Dafür ließen sie ihre Muskeln leider noch im Stich. Ohne den Blick von der Decke zu lösen, über der der Schatten nervös umherwuselte, krabbelte sie rückwärts. Schleifte sich davon. Weg. Einfach nur weg. Nach wie vor war es ihre einzige Möglichkeit. Rennen. Wie ein feiges Tier flüchtete sie vor ihrem Fressfeind. Hilflos und auf sich alleingestellt.

Sie stieß mit dem Rücken an einer Wand an und zuckte zusammen. Die Kühle streichelte ihre Haut und endlich fiel es ihr wieder ein, wie man atmete. Ihre Finger strichen sich die schweißnassen Haare aus der Stirn, bevor sie an der Mauer entlangtasteten. Von der zickzackförmigen Öffnung in der Decke bröckelte bedrohlich leise Putz hinab.

"... gibt es ja nicht ...", hörte Bianca gedämpft durch die Wand. Es war so leise wie ein Windhauch. Sie gab vor Unglaube einen heiseren Laut von sich. Prickeln durchlief jede ihrer Zellen. Sie presste ihr Ohr an die Mauer. Die raue Struktur drückte sich gegen ihr Gesicht, doch es war ihr vollkommen egal. Was zählte, waren die Worte. Sie musste zuhören.

"... frage ich zum fünften Mal wen ... ", die Worte waren kaum zu verstehen. Bianca konnte sie nur erahnen, weil sie sie schon einmal gehört haben musste.

"... möchte keine Kerze anzünden ..."

"... dich überhaupt schon gefragt?"

Plötzlich schoss es Bianca heiß in den Sinn. Das war Finleys Stimme! Die Frage war an Liz gerichtet gewesen. Gleich würde sie in niedlich nervtötender Weise verneinen und ihn darauf hinweisen, dass Rauchen in Bibliotheken verboten war. In der Weise, die für sie typisch war und für die Bianca jetzt alles geben würde, um sie nochmal ertragen zu dürfen. Es handelte sich um das Gespräch kurz bevor Bianca voller Wut umgeblättert und damit die Welt aus den Fugen gebracht hatte. Kurz bevor sie die Buchseite eingerissen hatte.

Tränen rannen über ihr Gesicht und mit einem Mal erfüllte sie flammende Kraft. "Liz! Finley! Ich bin hier!", schrie sie wie am Spieß und schluchzte auf. "Sam, bitte!" Ihre Stimme brach und ihre Kehle brannte wie Feuer. Keine Reaktion. Das leise Murmeln ging weiter und niemand ließ sich vom Schreien beeindrucken. Nur der Riss knabberte an der Decke und wurde bei ihrem Hilferuf noch lauter. Als hätte sie ihn angelockt.

"Bitte!", brüllte Bianca mit aller Kraft und begann gegen die Wand zu hämmern. Sie erfühlte die raue Mauer und stellte die Vermutung auf, dass es sich um eine Ziegel- oder Backsteine handeln musste. Sie fuhr die Rillen nach und ertastete links etwas, das hervorstand. Eine Tür! Sie erfasste die Klinke und drückte herunter, doch dahinter kam wieder nur eine Mauer zum Vorschein. Sie entdeckte bei näherem Hinsehen einen winzigen Spalt, durch den Licht drang. Als wäre es ihre Luft zum Atmen, drückte sie sich noch fester an die Stelle und riss wie wild geworden die Augen auf.

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