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Erinnerung an morgen❞

"ICH FÜRCHTE, DASS dies nicht möglich sein wird", gab der Mann bedauernd zu

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"ICH FÜRCHTE, DASS dies nicht möglich sein wird", gab der Mann bedauernd zu. "Es zieht ein Gewitter auf. Wir sollten so bald wie möglich aufbrechen, damit wir sicher bleiben." Er rieb sich nachdenklich an seinem bärtigen Kinn und sah zum Horizont. Das Grummeln in der Ferne rauschte in Biancas Ohren und ließ ihr die Haare zu Berge stehen.

"Das könnte wahr sein. Besser, wenn wir gehen. Jetzt", stimmte Bianca zu und schluckte. Ihr Körper kribbelte. Er drängte dazu, dass sie auf der Stelle losliefen. Sam trat zu ihr und legte seine Hand auf ihre Schulter.

"Warte mal. Sollten wir das nicht zuerst ausdiskutieren? Du kannst nicht einfach spontan eine Entscheidung für uns alle treffen", gab er zu bedenken. Spannung flirrte in der Luft und schnürte Bianca die Kehle zu. Sie hob ihren Kopf an.

"Doch, kann ich. Am besten wir verschwenden keine Zeit." Mit diesen Worten beendete Bianca die Diskussion und drehte sich zum Fremden. Dieser tippte mit dem Fuß auf dem Grund. Als er ihren bestätigenden Blick sah, setzte er sich in Bewegung. Er steuerte das Gebüsch an, hinter dem er aufgetaucht war.

"Bianca, jetzt warte doch", rief Sam und stellte sich vor sie. "Das Gewitter ist meilenweit entfernt. Warum stresst du so?" Er legte den Kopf schief und verschränkte die Arme. Anstatt zu antworten, stieß Bianca ihn sanft aber bestimmt beiseite und folgte dem Fremden. Ein Gefühl der Unruhe in ihrem Bauch drängte sie vorwärts und schob alle Hindernisse weg.

Plötzlich krachte es. Ein Blitz zischte durch die Luft und traf auf den Boden, zwischen Bianca und den Fremden. Sie taumelte zurück und rannte gegen Sam. Der grelle Lichtstrahl ließ ihre Augen tränen und nahm ihr die Sicht. Die Luft roch verbrannt. Wie Papier. Der Mann wollte zu ihnen zurückgehen und kam vor der Einschlagstelle zum Stehen. Es rauchte, aber ansonsten war es still. Viel zu still.

Blinzelnd nahm Bianca Abstand von Sam. Sie räusperte sich und betrachtete den verbrannten Boden. Das Gras war verkohlt und es entstanden Löcher in dem verletzlichen Grund. Das Papier war dünn und zerschmolz zu Glut. Gleichzeitig wie der Fremde kam sie näher an die Stelle heran und verengte ihre Augen zu Schlitze. Sie ging in die Hocke, um sie besser sehen zu können.

Biancas Pupillen weiteten sich schlagartig und sie sprang auf. "Weg! Haltet euch alle davon fern!" Sie ging rückwärts und die anderen taumelten ebenso in die entgegengesetzte Richtung. Nur der Fremde betrachtete sie argwöhnisch.

"Was ist los?", fragte er und rührte sich nicht vom Fleck. Bianca starrte die Stelle an.

"Sie müssen von dort weggehen!", rief sie und zeigte auf die Stelle, wo der Blitz eingeschlagen hatte. Der Mann sah zwischen ihr und dem Boden her. Dann kniete er sich nieder und griff vorsichtig nach einem der verkohlten Partikel.

Bianca riss ihre Augen auf. Durch den Fremden ging ein Ruck und er fiel nach vorne. Sein Gesicht war vor Grauen verzerrt, als sich der Grund knirschend auseinanderzog und ein düsteres Loch zum Vorschein kam. Ein Sog ging davon aus und zog ihn zu sich. Der Spalt war schmal, doch er brach dem Mann Arme und Beine. Das Knacksen war purer Horror in Biancas Ohren. Liz entfloh ein spitzer Schrei. Der Fremde fiel in sich hinein wie eine Hülle ohne Inhalt. Er zerschmolz zu Brei und floss in den Riss hinein. Die schwarze Schlucht saugte ihn auf wie ein hungriges Tier und begann sich auszuweiten.

"Oh, nein. Nicht schon wieder", murmelte Bianca.

"Lauft doch endlich!", rief Finley und holte sie in die Realität zurück. Ihre Beine setzten sich in Bewegung. Der Anblick trieb sie davon. Der Riss durchzog den dünnen Boden und erzeugte ein ächzendes Geräusch. Er lechzte nach mehr. Sie schluckte und wandte sich ab. Ihre Augen fixierten die drei um ihr Leben rennenden Gestalten. Sie hetzte ihnen hinterher, während sie den Atem des Todes in ihrem Nacken hörte.

Das Adrenalin pumpte Energie in ihre Glieder, die sie unter normalen Umständen nicht hatte. Die Angst pulsierte in ihrer Brust und ließ sie nahezu über das Gras schweben. Sie holte zu den anderen auf. Die Gesichter war rot und überanstrengt, doch stehenbleiben war keine Option.

Biancas Gesicht streifte ein dünner Ast und sie duckte sich. Auf dieser Wiese waren mehr Bäume als zuvor. Sie verdichteten sich immer weiter, bis sie von der tröstenden Finsternis eines Waldes umgeben waren. Die Dunkelheit hielt ihnen den Rücken frei. Zittrig stieß sie den Atem aus und drehte ihren Kopf nach hinten. Der Riss schlängelte sich langsamer als sie durch den Dschungel an Pflanzen hindurch. Doch er besaß eine Ausdauer, die nicht zu unterschätzen war. Als jage er seine Beute bereits Ewigkeiten.

"Ich habe eine Idee", rief Bianca den anderen zu. Die Gesichter waren stur geradeaus gerichtet. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihr zuhörten. "Der Riss verfolgt uns nach einem bestimmten Muster. Wenn wir ihn austricksen, könnten wir ein bisschen Zeit gewinnen." Die Blicke schossen neugierig zu ihr.

"Muster?", fragte Finley außer Atem. "Was für ein Muster?"

"Der Riss spaltet den Boden nicht geradlinig. Er geht genau den Weg, den wir laufen." Um ihre These zu demonstrieren, ließ sich Bianca zurückfallen. Sie rannte im Slalom um zwei Bäume herum und deutete nach hinten. Sie holte den Abstand auf und ließ genau wie die anderen die Stelle mit den umkreisten Bäumen nicht aus den Augen. Bianca hatte Mühe, nicht über ihre Beine zu stolpern.

Als der Riss bei diesem Fleck angelangt war, schlängelte er sich genau wie Bianca gerade eben durch. Er drosselte in den Kurven sein Tempo. Spalt für Spalt grub er sich vorwärts und entwurzelte die beiden Bäume. Sie fielen um und schrumpften in sich zusammen. Ihre Blätter sahen verkümmert aus und flatterten in die schwarze Schlucht hinein, die sich auftat.

"Seht ihr?", fragte Bianca und schluckte ihre Panik herunter. Sie hoffte, dass sie nicht in ihrer Stimme zu hören war. "Wenn wir das alle machen, gewinnen wir in Summe genug Zeit, um uns vom Herumhetzen erholen zu können." Sie sah wie Finley mit seinen angespannten Schultern zuckte und Liz unsicher mit dem Kopf nickte.

"Alles klar", drang von Sam hervor. Bianca atmete tief durch und rannte ein Stück voraus. Sie lief weiter zur Seite und durchschlängelte eine Reihe von Bäumen. Die anderen suchten sich jeweils andere Orte, wo sie mehrmals im Kreis gingen.

Bianca hielt sich zwischen den Ästen fest und lief um eine Fichte herum. Sie ließ von ihr ab und wiederholte das bei einigen Bäumen. Mit einem Blick zum Riss erkannte sie, dass es funktionierte. Verwirrt folgte er dem Muster und durchtrennte den Boden Stück für Stück. Er klapperte brav die Wege ab, welche die vier gegangen waren. Er musste viermal so viel Weg zurücklegen und war dreimal so langsam wie jeder von ihnen.

 Er musste viermal so viel Weg zurücklegen und war dreimal so langsam wie jeder von ihnen

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