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Überraschungen

╝ Seite 17 ╔❝Überraschungen❞

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ES WAR WIE Zauberei. Die auf dem Papier verschmierten Reste der Streichhölzer sickerten in den Boden hinein. Ein leises Klingeln rauschte in Biancas Ohren und ließ sie näher herangehen. Sie war sich nicht sicher, ob sie sich das Geräusch einbildete. Der Ton glänzte viel zu traumhaft. Über dem Grund glitzerte die Luft wie verrückt. Etwas war im Gange. Etwas, dessen Bedeutung sie noch nicht kannte.

Bianca stieß die verzauberte Luft aus. Der funkelnde Staub brachte sie zum Blinzeln. Er verdeckte die schwarze Farbe auf dem knisternden Papier. Als sie ihre Hand hineinsteckte, verschwand der Glitzer. Das Wunder löste sich auf, als wollte es sich vor ihr verstecken. Es schmolz wie eine Schneeflocke dahin.

Was Bianca nun sah, verwunderte sie. Ihr Fingerabdruck tanzte auf dem Papier umher. Es sah so aus, als würde jemand von der anderen Seite seinen Daumen gegen die Ebene drücken, als wäre sie eine durchsichtig schimmernde Glaswand. Zwar konnte sie keine andere Hand erkennen, doch der Abdruck regte sich. Er schaukelte hin und her, als würde die Person auf der anderen Seite ihren Finger fest auf das Papier pressen, damit man auch die feinsten Linien erkennen konnte.

Erstaunt strich Bianca über die Stelle. Natürlich glaubte sie nicht, dass jemand auf der anderen Seite war. Das war ihr eigener Fingerabdruck. Trotzdem war es wie verwunschen und brachte sie auf eine Idee. Sie wandte sich nach links und sammelte die Streichhölzer ein. Als sie alle gefunden hatte, legte sie die Stäbchen zurück in die Box. Diese Dinger würden ihr doch noch von Nutzen sein.

Das Kratzen auf dem Boden ließ ihren Blick zur Seite wandern. Der Riss hatte sie bald ächzend eingeholt. Bianca schüttelte den Kopf und stand auf. Nachdem sie den herumtänzelnden Fingerabdruck ein letztes Mal betrachtet hatte, lief sie ein Stück weiter. Sie atmete tief ein und joggte eine kurze Strecke. Nur um wieder genügend Abstand zwischen sich und den Spalt zu bringen. Er konnte ohnehin schwer mit ihr mithalten.

Bianca bremste ab und kniete sich nieder. Ihre Augen betrachteten den Boden scharf. Die Neugierde fraß sie formlich auf. Sie schob die Schachtel auseinander und nahm eines der Streichhölzer in die Hand. Der Grund würde ihr nun als Zeichenpapier dienen. Ihre Finger hielten das Stäbchen wie einen Stift und drückten das verbrannte Ende gegen den Boden. Das sanfte Knistern verfing sich wieder in ihren Ohren und erzeugte ein wohliges Gefühl in ihrem Bauch. Es spendete ihr Trost. Lenkte sie von ihrem Leid ab.

Sie malte eine quadratische Tür. Eine Falltür. Rechts zeichnete sie noch einen kleinen Kreis - den Knauf, mit der man sie öffnen konnte. Nachdem ihre Hände den letzten Strich vollführt hatten, legte sie das Hölzchen zurück in die Schachtel. Sie wollte nichts verschwenden. Stolz betrachtete sie ihr Werk und rückte nach hinten, um es aus der Weite zu betrachten. Es war simpel und hässlich, aber das war nicht das Wichtige. Viel neugieriger machte sie der Glitzer, der über dem Papier tanzte. Ein prickelnder Schleier nahm ihr die Sicht darauf. Das Kunstwerk verwandelte sich hoffentlich in das, was sie erwartete.

Das Funkeln wurde weniger und sie kam näher. Bianca strich über das Papier, um den restlichen Staub wegzuwischen. Überrascht blinzelte sie, als ihre Hände den Knauf anstießen und sich das Quadrat plötzlich vom Boden löste. Sie kniete zur Hälfte auf dem Türchen und wollte rechtzeitig wegrücken, doch sie war nicht schnell genug. Es öffnete sich nach unten und gab ein Knarren von sich.

Bianca verlor das Gleichgewicht und wedelte mit ihren Armen umher. Ein Kiekser entfuhr ihr, als sie durch das quadratische Loch im Boden flog. Ihre Haare wehten ihr ins Gesicht und sie konnte nicht erkennen, was um sie herum geschah. Angst drückte sich gegen ihren Brustkorb und ließ sie schwerer atmen. Der freie Fall umwirbelte ihre Gedanken wie ein Sturm. Der dumpfe Aufprall kam schneller als gedacht. Er ließ sie stocken, doch kein Schmerz durchzuckte sie.

Sie stützte sich auf ihrem Ellbogen ab und sah nach oben. Die Öffnung glich tatsächlich einer Falltür. Das Quadrat aus Papier schaukelte in der Luft, schien sich aber nicht von selbst zu schließen. Bianca pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Neugierig sah sie nach links und rechts, damit sie die Gegend erforschen konnte. Ein einziger Blick reichte, um sie zum Seufzen zu bringen. Es war hier genauso kahl wie auf der Ebene über ihr. Ein weißer Boden führte in alle Richtungen, nahm aber kein Ende. Lediglich das flache Papier einige Meter über ihrem Kopf unterschied sich davon. Es erinnerte sie an ein Dach, das unendlich groß war.

Frustriert sank Bianca in sich zusammen und warf ihre Faust gegen den Grund. Doch die Anspannung in ihr löste sich prompt auf. Fragen über Fragen füllten ihre Gedanken, als sie die Falltür betrachtete. Das verdächtig knisternde Schaben drang wieder in den Vordergrund. Der Riss kam näher. Aber was sollte Bianca tun? War sie dazu verdammt, vor dem Spalt bis in die Ewigkeit wegzurennen?

Es sah nicht so aus, als würde sich in dem endlosen Nichts die Bibliothek verstecken. Dennoch klammerte sie sich verbissen an die Hoffnung, dass dieser seltsame Raum irgendwo sein musste. Sie war schon einmal dort gewesen und sie war fest entschlossen, den Weg dorthin wiederzufinden. Vor ihrem inneren Auge zogen die Geschehnisse vorbei, die sich an diesem Ort ereignet hatten. Sie wusste noch genau, wie sie das Buch achtlos losgelassen hatte. Um jeden Preis musste sie das verhexte Teil zurückbekommen und den Riss reparieren.

Biancas Blick zuckte zum kleinen Spalt der Falltür, der noch offen stand. Wenn man vom Teufel sprach. Der Riss durchzog zischend den lose in der Luft hängenden Papierquadraten und verursachte, dass sich das Blatt einrollte. Beunruhigt rückte Bianca weg. Genau in dem Moment tropfte das schmale schwarze Ding von der Decke. Die rasche Bewegung ließ sie aufspringen. Ihr Herz schlug schneller, doch als der Riss wie ein kleiner Wurm in den Boden gesickert war, kroch er genauso lahm vor sich her wie zuvor.

Erleichtert atmete Bianca aus. Das hätte sie gerade noch gebraucht. Der Spalt war nun mal unberechenbar, da er sich in jeder Situation anders verhielt. Er war im Moment dem Himmel sei Dank nur lästig und nicht lebensbedrohlich. Trotzdem grub Bianca ihre zitternden Hände in die Hosentaschen und wandte sich vom Teufelsteil ab. Am besten sie brachte diesmal mehr Abstand zwischen sich und den Riss. Wie eine Babyschlange zischte er ihr hinterher, als passe es ihm gar nicht, dass er nicht mit ihr mithalten konnte. Das brachte sie zum Schmunzeln.

 Das brachte sie zum Schmunzeln

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