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Am nächsten Morgen war das ganze Zimmer in warmes Sonnenlicht getaucht, als ich aufwachte. Perfekte Vorraussetzungen für einen guten Tag, an dem ich ausgiebig lernen konnte. Professor McGonagall hatte sich netterweise dazu entschieden, uns eine Testarbeit schreiben zu lassen, da die Nervosität vor den anstehenden Prüfungen im Klassenraum jede Stunde spürbar war. Kein Wunder; von ausschließlich JEDEM hörte man, dass Verwandlung und Zaubertränke die schwierigsten Prüfungsfächer waren.
,,Hermine?", fragte Ginny verschlafen und rieb sich die Augen. ,,Wieso starrst du die ganze Zeit auf den Boden?"
,,Ich denke nur nach", erwiderte ich kurzerhand und schwang die Bettdecke zur Seite, um aufzustehen. Anstatt es mir gleichzutun, sank Ginny stöhnend wieder zurück in ihr Bett. Stöhnend. So wie ich gestern, dachte ich unfreiwillig und durchlebte, wie einen Tagtraum, nochmal das gestrige Erlebnis. Leider hatten wir hinterher nicht mehr viel machen können, doch ich konnte gut mit diesen kleinen Treffen leben. Aber wie immer nach meinem Verschwinden mit Draco Malfoy überkam mich ein schlechtes Gewissen. Ich verhielt mich wirklich unmöglich Ron gegenüber. Unsere Beziehung glich momentan der eines alten Ehepaars, man redete nicht viel, lachte zwar manchmal, aber ging sich ansonsten so ziemlich auf die Nerven. Alles andere hatte ich noch nie in Frage gestellt.

,,...deswegen weiß ich noch nicht, ob ich gehe. Quidditch steht an, du weißt, dass mir das wichtig ist."
Ginny seufzte. ,,Ja, aber das wäre die erste Feier, auf die wir als Paar gehen könnten, seit Slughorns Partys."
,,Du meinst seit Bill und Fleurs Hochzeit", korrigierte ich.
Ginny warf mir einen bitterbösen Blick zu. Ich wandte mich ab.
In der großen Halle waren alle heute besonders laut und aufgedreht. An allen vier Tischen wurde durcheinander geredet und gelacht, als gäbe es kein Morgen mehr. Und das nur, wegen einer albernen Party. Cho Chang feierte Geburtstag, und es war nur allzu bekannt, dass ihre Mutter nach der Beförderung ein altes Herrenhaus, das angeblich die perfekte Party-Location sei, gekauft hatte und Cho für ihren Geburtstag überlassen würde. Cho hatte so ziemlich jeden eingeladen, sie gehörte zu den Hogwartsschülern, die seit dem Krieg nicht mehr viel von Rivalitäten unter den Häusern hielt. Tatsächlich hatte sie auch mich gefragt, aber ich weiß nicht, ob das wirklich an ihr, oder doch viel eher Michael Corner lag. Ich glaube, er hatte nicht ganz verstanden, dass ich mit Ron zusammen war. Gut, Draco ja auch nicht, und über dieses Unwissen hatte ich mich bei ihm sehr gefreut. Und da waren meine Gedanken, wie eigentlich jeden Tag, zum Slytherinprinzen abgeschweift. Ich konnte keine einzige Stunde ohne ihn in meinem Kopf verbringen.
,,Bitte Harry! Ja, du musst trainieren, aber ich doch auch! Lass und einfach am Tag danach aufs Feld gehen, ja?" Ginny sah Harry flehentlich an und presste ihre Lippen aufeinander. Ihre Augen wurden riesig und gleichzeitig so niedlich, dass ich mich fragte, wie Harry so lange hatte widerstehen können.
,,Na schön", seufzte er und legte seine Hände an ihre glühenden Wangen. ,,Nur einmal. Aber denk bloß nicht, dass wir am nächsten Tag trainieren, schließlich ist dann die halbe Mannschaft verkatert."
,,Willst du wirklich gehen, Harry?", mischte Ron, der eben ungerührt eine ganze Hähnchenkeule verdrückt hatte, in das Gespräch ein. ,,Dort werden jede Menge Slytherins auftauchen, deine tolle Ex hat wirklich gar keine Grenzen gesetzt."
Als Ron deine tolle Ex sagte, huschten Ginnys Augen schnell zum Ravenclawtisch hin und wieder zurück. Sie sagte nichts, doch ich wusste, dass jedes Gespräch über Cho sie ein kleinwenig verletzte. Ginny Weasley war das einzige Mädchen, das ich kannte, welches im Grunde nie eifersüchtig war. Sie war bei Allem cool und gelassen, doch wenn es um Cho ging, wurde bei ihr immer eine alte Wunde geöffnet. Außerdem machte die Tatsache, dass Cho wirklich sehr hübsch war, es ihr wirklich nicht leicht. Und jetzt redete auch noch ihr eigener Bruder so über sie. Himmel, Ron...
Ich trat ihm unter dem Tisch leicht auf den Fuß, biss aber ungerührt von meinem Toast ab. Ron verstand, und kommentierte zum Glück nicht.

unconditional affairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt