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Blaise pov.:


Er war aufgeregt. Das merkte ich. Natürlich hätte er es nie zugegeben. Er hätte mir auch nie die Ursache seiner Aufregung verraten. Trotzdem stand der blasse Snob vor dem Ankleidespiegel und zupfte an seinem Anzug herum. Vorhin hatte er sich viermal die Krawatte neu gebunden. Ich konnte mein Lachen zum Glück rechtzeitig in meinem Kissen unterdrücken, bevor er zu mir rüberkam und mich schlug. Ich war zwar etwas größer, aber er stärker.
,,Du siehst toll aus Prinzessin. Können wir?"
,,Du kannst mich mal."
,,Na, in dem Anzug... gerne."
Diesmal war ich nicht schnell genug bei einem Kissen angelangt. Er boxte mich unsanft gegen den Arm.
,,Du suchst dir auch wirklich immer dieselbe Stelle aus", bemerkte ich und rieb mir über den pochenden Arm. ,,Wollen wir los? Die anderen warten schon alle."
,,Die sind mir egal."
,,Hermine auch?"
Er trat einen gefährlichen Schritt auf mich zu. ,,Blaise, ich schwöre, wenn du nicht gleich-..."
,,Schon gut, schon gut!" Beschwichtigend hob ich die Arme. ,,Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Sie ist bestimmt genauso aufgeregt wie du. Kein Wunder, nach eurer kleinen... Einlage."

Dracos pov.:

Oh Scheiße, warum nochmal hatte ich ihm davon erzählt? Am liebsten hätte ich mir jetzt gegen den eigenen Arm geschlagen.
,,Rede nicht davon, ja? Lass uns einfach gehen."
,,Danke."
Ich ignorierte den ungeduldigen Tonfall und folgte ihm aus dem Gemeinschaftsraum der Slytherins hinaus. Der Klang unserer Schritte war zu einnehmend, als dass man schon Musik oder Gelächter von der Feier hätte hören können. Ich zog an meinem Jacket. War es mir zu klein geworden? Hoffentlich wuchs ich weiter so schnell, damit Zabini sich bei Auseinandersetzungen nicht immer so überlegen fühlte.
,,Wirst du mit ihr reden?", fragte Blaise plötzlich.
,,Mit wem?"
Er fing an zu lachen. Ziemlich laut. Wir mussten stehen bleiben, damit er sich auf seinen Oberschenkeln abstützen konnte. ,,Du weißt genau, wen ich meine, Malfoy."
,,Vielleicht... will sie gar nichts mehr von mir wissen." Ich vergrub meine Hände in den Hosentaschen des Anzugs und lief weiter. Diese Erkenntnis traf mich jetzt erst. Und irgendwie fühlte sie sich nicht besonders gut an. Was würde ich dann machen?
,,Sag einfach Bescheid, falls du... Unterstützung brauchst. Mentale Unterstützung, meine ich."
,,Okay."

Blaise pov.:

Laut, voll und ausgelassen.
Etwas anderes hatte ich gar nicht erwartet. Trotzdem war irgendetwas merkwürdig. Ein paar Schüler lallten ihre Worte nur noch, andere torkelten durch den Saal. Hatte es tatsächlich jemand geschafft, Fred und Georges selbst gemachten Firewhisky hier herunter zu schmuggeln und ihn in die Bowle zu kippen? Wenn ich mich richtig erinnerte, war das niemandem zuvor gelungen. Vielleicht war es den Lehrern so kurz vor Weihnachten auch einfach nur egal.
Die Atmosphäre war mir kein Stück zu anstrengend, auch wenn das im Moment vielleicht so aussah. Ich war aus einem anderen Grund hinter die Nische neben dem Buffett getreten. Akklimatisierung und Beobachtung des Geschehens. Nicht nur, um Ginny zu beobachten. Meine Position gab dies als netten Neben-Aspekt sogar wirklich gut her.
Sie rauschte durch die Menge, in einem grünen Kleid, das wunderschön an ihrem Körper entlang floss. Die strahlend blauen Augen sahen sich hektisch im Saal um. Sie suchte jemanden.
Harry.
Ich kniff die Lippen zusammen. Nicht aus Wut, sondern aus Bitterkeit. Bitterkeit ausgelöst durch meine Dummheit, sich wirklich etwas hiervon zu erhoffen.
Was war mein Plan gewesen? Sie den ganzen Abend zu beobachten, damit sie mich am Ende für einen kranken Stalker hielt? Nein. Ich hatte beschlossen, mich rauszuhalten. Sie war glücklich, und das durfte auch ruhig so bleiben.
Ich riskierte einen schweifenden Blick durch den Raum, um festzustellen, dass die Kronleuchter ausgetauscht wurden, gegen eine Art... lebendiges Feuerwerk? Von der Decke regnete es magische Funken, die größtenteils bis hinunter auf den Boden segelten und dort einen kurzen Schimmer hinterließen. Ein paar von denen landeten in Cho Changs Haar. Ihre Freundin zog lachend die kleinen Fitzelchen aus den schwarzen Haaren heraus. Ein paar Hufflepuffs standen in Grüppchen nicht weit entfernt von mir über dem Buffett gelehnt und warfen schuldbewusste Blicke über die Schultern. Aha. Damit hatte ich die Bowle-Präparierer entlarvt.
Oh verdammt, wo war Ginny jetzt? Ich hatte sie aus den Augen verloren. Großartig.
,,Blaise! Gut, dass ich dich treffe. Sag mal, hast du irgendjemanden gesehen wie... Hermine zum Beispiel? Oder Harry? Die sind alle spurlos verschwunden, mein Kleid geht nicht mehr zu und ich finde meinen Zauberstab nicht und... irgendwie ist mir total warm..."
Das Blut in meinen Adern gefror zu Eis.
Nein. Bitte nicht.
Nicht sie.
,,Ginny", erwiderte ich mit gequältem Lächeln und wandte mich ihr mein Gesicht zu. Sie war über einen Kopf kleiner als ich, völlig aus der Puste, fantastisch riechend und... so schön. Sie sah so unendlich wunderschön aus. Mit seidiger Haut und glänzendem Gesicht. ,,Ich bin erst vor ein paar Minuten angekommen. Bist du nicht mit Hermine hier?"
Ich klopfte mir gedanklich auf die Schulter. Meine Stimme hatte kein bisschen gezittert.
Sie sah irgendwie enttäuscht aus. ,,Hm. Okay. Trotzdem danke."
Ich nickte knapp.
Sie wollte gerade wieder in der Menge verschwinden, doch da drehte sie sich nochmal zu mir um. ,,Hey... Meinst du... du könntest mein Kleid zu machen? Es sind nur vier Knöpfe."
Es war zugegeben amüsant, wie nervös sie mich jetzt ansah. Als würde ich sie nach dieser Bitte für seltsam halten. Wenn Ginny nur wüsste, was gerade in mir vorging.
Ich räusperte mich. ,,Kein Problem", sagte ich viel zu spät.
,,Danke, du rettest mich." Sie trat näher an mich heran und fuhr herum. Bestimmt wollte sie diesen Moment so schnell wie möglich hinter sich bringen. Ich nahm es ihr nicht übel.
Ich war nicht Harry.
Ich machte mich am untersten Knopf zu schaffen. ,,Das ist eine nette Feier."
,,Nicht wahr? Die Musik ist so toll!", schwärmte Ginny. Ich spürte an meinen Fingern die Hitze, die von ihr ausging. Warum war sie plötzlich so nervös?
Nun zum zweiten Knopf.
,,Hast du schon die Kellner gesehen? Erinnerst du dich?"
,,Welche Kellner?"
,,Hierfür wurden extra Kellner engagiert. Und es sind dieselben wie die, die damals auf Slughorns Party waren. Da haben wir uns glaube ich zum ersten Mal unterhalten, weißt du noch?"
,,Oh... vielleicht, bin mir nicht sicher."
Natürlich wusste ich es noch. Sie hatte mir so lange in die Augen gesehen; es war mir wie eine Unendlichkeit vorgekommen. Eine Unendlichkeit, die viel zu schnell wieder vorüber war. Dritter Knopf.
,,Muss Neville mitmachen?"
Das entlockte ihr ein Lachen. Ein ehrliches, aufrichtiges Lachen. ,,Ich glaube nicht. Er ist mit Luna hier. Die sind so ineinander verknallt, das ist so niedlich."
Ich zog meine Hände zurück, als hätte ich mich an ihr verbrannt. Sie schnellte herum.
,,Alles in Ordnung? Hab ich was Falsches gesagt?"
,,Nein nein, keine Sorge. Ich bin fertig."
,,Achso. Okay. Danke! Schon viel besser." Ginny rückte die blass-grünen Träger wieder zurecht. ,,Man sieht sich. Ach, sag mir bitte Bescheid, wenn du jemanden findest, okay?"
Ich nickte und zwang mich zu einem Lächeln.
,,Natürlich."
Alles für dich, Ginny.

unconditional affairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt