Kapitel 19

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Yoongi:

Ich wachte mit meinem eigenen Rap im Ohr auf. Was zum-...?

Mein Zimmer sah irgendwie anders aus als sonst. Es hingen Bilder von Menschen, die ich nicht kannte, an den Wänden. Und wer hatte meine Musik angeschaltet?

Etwa dreißig Sekunden zu spät registrierte mein zu langsam arbeitendes Gehirn, dass ich mich hier in Jimins Zimmer befand. Ohne Jimin.

Nachdem ich endlich herausgefunden hatte, wie man diesen Radiowecker ausstellte, duschte ich und lief dann in die Küche, in der Jimin gerade French Toast briet.

„Irgendwann hast du alles, was es zum Frühstück geben könnte, durch.", stellte ich fest und er zuckte zusammen.

„Oh. G-guten Morgen.", stotterte er und ging nicht auf meine Aussage ein. Ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht wusste, was er sagen sollte, da ich mich gestern einfach zu ihm gelegt und ihn wie eine kuschelbedürftige Katze nicht wieder losgelassen hatte. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was da in mich gefahren war.

Also aßen wir schweigend unser Essen und dabei weder Jimin noch ich ein Wort verloren hatten, wenn man „Danke, das schmeckt wirklich lecker", „Kannst du mir die Flasche geben?", „Danke" und „Gerne", nicht dazuzählte.

Um Punkt sieben Uhr saßen wir nebeneinander in meinem Auto und ich drehte den Zündschlüssel im Schloss. Jimin knetete die ganze Zeit seine Hände und hatte keinerlei Farbe im Gesicht. Zu sagen, er sei aufgeregt, wäre bei weitem untertrieben.

Jede Ampel, die wir passierten, war rot und so zog sich unsere Fahrt noch mehr in die Länge. Ich wollte am liebsten über die Annäherung meinerseits in seinem Bett reden, doch mir fielen nicht die richtigen Worte dafür ein.

Als wir vor dem riesigen Krankenhaus hielten, bewegte sich keiner von uns.

„Du musst gehen, Jimin-ah.", wisperte ich in die Stille hinein. Sein Blick flackerte kurz zu mir, dann senkte er den Kopf.

„Ich weiß.", murmelte er. „Ich will aber nicht."

„Jimin... Wir haben darüber geredet. Du schaffst das. Wir schaffen das. Du kannst mir vertrauen." Er betrachtete seine Hände.

„Okay. Danke." Damit löste er seinen Sicherheitsgurt und öffnete die Tür. Fast knallte er sie gegen einen Fahrradfahrer, er schaffte es gerade so, sie wieder zuzuziehen.

„Pass auf dich auf, ja?" Ich fühlte mich wie eine Mutter, die ihr Kind zum ersten Mal in die weiterführende Schule bringt.

„Ja, du auch. Bis übermorgen. Oder so.", sagte Jimin und griff seine Expeditionstasche von der Rückbank.

„Kein ‚oder so'. Bis übermorgen." Ich kniff die Augen zusammen und machte ein Ich-beobachte-dich-Zeichen mit zwei Fingern, was ihm tatsächlich ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

In diesem Moment schwor ich mir, niemals aufzuhören, ihn glücklich zu machen, um ihn wieder so zu sehen. Dass er, wenn auch nur für eine kurze Zeit, seine Sorgen vergaß. Denn das Gefühl, dass ich dafür verantwortlich war, war verdammt gut.

Ich wartete noch, bis Jimin zwischen den Glastüren verschwand, bis ich den Wagen erneut startete und aus der Einfahrt fuhr. Genervt zeigte ich den Menschen, die hinter mir angefangen hatten zu hupen, meinen Mittelfinger.

In meiner Wohnung angekommen setzte ich mich auf das Sofa und überlegte, was ich jetzt machen sollte. Eigentlich war es ganz normal, doch ich fühlte mich schlecht, ohne Jimin weiterzulesen, weil diese Büchertausch-Sache jetzt unser Ding war und auf irgendetwas anderes hatte ich keine Lust.

𝚒𝚏 𝚢𝚘𝚞 𝚋𝚎𝚕𝚒𝚎𝚟𝚎 / 𝚢𝚘𝚘𝚗𝚖𝚒𝚗Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt