Kapitel 24

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Jimin:

Die ganze Nacht konnte ich nicht einschlafen, weil ich daran denken musste, wie Yoongi mich erstens auf dem Friedhof gesehen hatte, zweitens aus einem mir unbekannten Grund logischerweise auch dort gewesen war und drittens gesagt hatte, dass Beziehungen nicht funktionieren würden, indem man sich Dinge verheimlichte. Ich wollte mir keine Hoffnungen machen, jedoch waren wir in gar keiner Art von Beziehung, nicht einmal in einer freundschaftlichen.
Und mein Gehirn verselbstständigte sich viel zu schnell ohne meine Erlaubnis.

Ich konnte nicht aufhören, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, denn so sehr ich auch versuchte, mir selbst weiszumachen, dass letzterer Punkt in der Liste mich abstoßen würde, ich hätte nichts dagegen.

Vermutlich konnte er sich nicht einmal daran erinnern, was gestern alles passiert war. Naja, ich hoffte es.

Als ich gerade Yoongis Essen auf den Tisch stellte, kam er, sich die Hand vor die Stirn haltend, in die Küche. Geschah ihm recht, dass er jetzt einen Kater hatte.

„Kaffee.", sagte er nur und fiel fast vom Stuhl, weil er seine halbe Sicht mit seinem Arm verdeckte und nicht hinsah, wo der Barhocker stand.

„Steht genau vor dir.", entgegnete ich knapp und stocherte in meinem Essen herum.

„Danke.", murmelte er und trank ihn in einem Zug leer. „Scheiße, ich fühle mich als hätte mich ein Laster überfahren.", jammerte Yoongi und kniff die Augen zusammen. „Das Licht blendet."

„Das wundert mich nicht und das Licht ist genauso hell wie sonst auch. Ich will gar nicht wissen, wie viel du getrunken hast." Missbilligend rümpfte ich die Nase.

„Selbst meine Mutter war nie so streng. Außerdem will ich immer noch wissen, warum du auf dem Friedhof warst."

Ich seufzte, also hatte er es nicht vergessen. „Dann erzähl mir auch, was du da gemacht hast." Er reagierte nicht darauf, weshalb ich daraus schloss, dass wir wohl zu keinem Ergebnis kommen würden. Außer einer von uns würde den ersten Schritt machen und in diesem Fall schien keiner bereit dazu, obwohl wir sehr neugierig waren.

„Musst du heute irgendetwas machen?", wechselte ich das Thema, sah ihn aufmerksam an und versuchte nebenbei, möglichst normal auszusehen und nicht anzufangen, zu sabbern. Yoongi war gerade erst aufgewacht, seine Haare lagen unordentlich und sein T-Shirt war zerknittert. Trotzdem musste ich mich zusammenreißen, um ihn nicht hier mitten in der Küche anzuspringen und die Kleider vom Leib zu reißen.

Wow, Jimin. Wie schnell sind wir von Ich-vertraue-dir-nicht-weil-du-zu-viele-Geheimnisse-hast zu Bitte-nimm-mich-gleich-hier-auf-dem-Tisch gekommen?

„Tanzen." Yoongi musterte mich mit genau dem gleichen Blick wie ich ihn eben und sofort schoss mir das Blut in die Wangen.

„Okay." Wir konnten wirklich nicht zwei normale erwachsene Menschen miteinander re-...

„Möchtest du diese Serie weitergucken? Die wir bei dir angefangen haben?" Ich sah verblüfft auf. Er... er bot mir freiwillig an, etwas mit mir zu machen? Fast verschlug mir das die Sprache.

„Ähm... klar. W-wann denn?"

„Ich dachte, wenn ich wieder zurückkomme. So gegen sechs? Meinetwegen kann ich auch Essen mitbringen.", schlug er vor und zog seine Mundwinkel ein klein wenig in die Höhe.

„Wieso?" Verwirrt von meiner Frage zog er die Augenbrauen zusammen.

„Weil wir dann Hunger haben werden?", sagte er als wäre ich geistig zurückgeblieben und die Antwort offensichtlich.

„Nein..." Ich sah auf meine Hände und meine Wangen wurden noch wärmer. „Warum du das machen möchtest."

Yoongi wurde ebenfalls rot und versteckte sich hinter seinen ihm in die Stirn fallenden Haaren. „Weiß nicht... Du hast gesagt, du willst nicht, dass wir nur aneinander vorbei leben. Wir müssen das nicht tun. Ich dachte einfach, dass-..." Dass ich einmal erleben würde, wie seine schüchterne Seite zum Vorschein kam.

„Schon gut. Ich würde sehr gerne die Serie mit dir weitergucken." Ich konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete, doch Yoongi ging es ähnlich und er sah mich deshalb zum Glück nicht an, weshalb er es nicht bemerkte.

Wir saßen seit einigen Stunden auf seinem Sofa. Ich las immer noch Percy Jackson und Yoongi kritzelte irgendetwas auf seinem Block herum. Er wirke nicht zufrieden, sondern strich oft etwas durch und knurrte leise.

Ich überlegte, ob und wann Yoongi wohl meine Bücher zuletzt gelesen hatte.

„Jimin?" Er zerknüllte seinen Zettel und warf ihn achtlos hinter sich. „Ich muss jetzt los. Wir sehen uns dann später. Kannst du, sobald ich dir schreibe, dass ich losfahre, Popcorn machen?" Yoongi wartete gar nicht auf meine Antwort, sondern griff sich seine Autoschlüssel vom Tisch und zog sich die Schuhe und seine Jacke im Laufen an. „Guck nicht so, ich bin zu spät." Er drückte den Knopf für den Fahrstuhl und hüpfte auf einem Bein, während er die Schnürsenkel zusammenknotete und ich prustete los, da er aussah wie ein schwarzer und nicht gerade eleganter Flamingo.

„Ich sagte guck nicht so!", rief er und verlor das Gleichgewicht. Gerade eben konnte er sich dank seinem Schuhregal vor dem Fallen retten.

„Wenn du gleich einen Unfall baust, darf ich deine Wohnung behalten?", fragte ich grinsend und er schnaubte gespielt empört. „In deinen Träumen vielleicht."

„Was ist mit deinen Büchern?" Ich schob unschuldig die Unterlippe vor und machte meinen besten Hundeblick.

„Meinetwegen. Aber ich warne dich, wenn du Eselsohren reinmachst, suche ich dich als Poltergeist heim und du wirst nie wieder schlafen können."

873 Wörter

𝚒𝚏 𝚢𝚘𝚞 𝚋𝚎𝚕𝚒𝚎𝚟𝚎 / 𝚢𝚘𝚘𝚗𝚖𝚒𝚗Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt