34 - Bauch-Beine-Po

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Die Zeit vergeht wie im Flug und ehe ich es mir versehe, stehe ich in der Schlange für die Essensausgabe zum Mittagessen."Hey Dana, wie war euer Training? Los, erzähl mal!"Chris eilt mir mit schnellen Schritten entgegen, sein leerer Teller wippt dabei gefährlich auf dem grauen Plastiktablett. Ich mustere ihn amüsiert, als er direkt vor mir abrupt zum Stehen kommt. Der Teller klappert und ich beäuge ihn misstrauisch."Das Training, ja stimmt."Für einen Moment muss ich mich beinahe anstrengen, um mir die Erinnerungen des gestrigen Tages wieder ins Gedächtnis zu rufen. Zu viel ist in der Zwischenzeit geschehen."Was ist los, Dana? Hat es dir die Sprache verschlagen? Bist doch sonst auch nicht so schüchtern?"Der Captain lacht kehlig. Auf seiner Stirn bildet sich eine kleine Falte. Für einen kurzen Augenblick lang betrachte ich sein Gesicht. Es ist breit, markant und sein Kinn sowie seine Wangen sind von einem dichten, dunkelbraunen Bart gesäumt. Er ist definitiv attraktiv, keine Frage. Nur einfach nicht mein Typ. Zu breit, zu viele Muskeln. Während ich die Grübchen um seine Mundwinkel betrachte, frage ich mich, was er eigentlich alles über diesen Ausbruch weiß. Mit Sicherheit mehr als wir. Vielleicht kennt er dieses mysteriöse Arcadia?"Erde an Dana, hallo?", ruft er lautstark, und ich zucke zusammen. Im selben Augenblick erklingt Helens Stimme."Dana, immer her mit dem Teller! Dass du mir ja nicht verhungerst nach unserer anstrengenden Einheit gestern!"Schwungvoll dreht sie sich in Richtung des Topfes und befördert Unmengen einer undefinierbar aussehenden Suppe in meinen Teller."Halt Stopp!", rufe ich entsetzt, "Die anderen wollen doch auch noch etwas!"In Anbetracht unserer knapper werdenden Nahrungsmittel sollten wir vielleicht alle unsere Rationen etwas kürzen."Unsinn, Kind! Wenn du nicht isst, kippst du uns beim nächsten Mal um! Also schön aufessen!"Widerstand zwecklos. Ich schenke ihr ein dankbares Lächeln und setze mich an den nächstgelegenen Tisch. Chris gesellt sich kurz darauf zu mir und beginnt beinahe hastig zu Essen. Amüsiert betrachte ich ihn eine Weile, meinen eigenen Löffel noch in der Hand haltend."Was ist los, Dana? Keinen Hunger? Ich werde gleich mal mit Finn reden, dass er dich das nächste mal etwas härter ran nehmen soll."Der Eintopf scheint in sein Gesicht zu fliegen. Für einen Augenblick beobachte ich ihn amüsiert. Schließlich tauche auch ich meinen Löffel in die warme Flüssigkeit und koste davon. Ich bin immer wieder erstaunt, wie Helen es schafft, aus all diesen Resten noch genießbare Speisen zu zaubern. Schweigend nehme ich einige Löffel zu mir. Chris Frage fällt mir wieder ein, und ich lasse den Löffel mit einem lauten Klirren auf den Teller fallen. Er zuckt kurz zusammen und sieht mich an."Das Training war gut, ja. Wir haben aber noch einen weiten Weg vor uns."Er lächelt wissend und schiebt sich einen Weiteren Löffel in den Mund."Ja, ist kein Zuckerschlecken", erwidert er mit halbvollem Mund und nickt dabei.Ich senke die Stimme und grinse ihn verschwörerisch an."Mir tut alles weh! Seit ich das letzte Mal im Fitness Studio war ist echt eine lange Zeit vergangen."Verlegen spiele ich mit einer Haarsträhne und weiche seinem Blick aus.Ich zucke wie vom Blitz getroffen zusammen, als mir jemand mit voller Wucht auf den Rücken schlägt. Ruckartig drehe ich mich um und erblicke Ryan. Instinktiv verdrehe ich die Augen. Er lacht."Na, Dana. Wie ich sehe, noch an einem Stück?"Umständlich manövriert er sein Tablett auf den Tisch und lässt sich links neben mir auf den Stuhl fallen. Ich beobachte ihn dabei mit einer Mischung aus Interesse und Abscheu, ähnlich wie ein Zoo-Besucher, der ein exotisches Tier betrachtet. Er lässt sich davon jedoch nicht beirren."Schau ruhig hin, Dana. Ist nicht schlimm, bin ich gewohnt!" Er lacht und plustert sich dabei auf wie ein Pfau. Bevor ich etwas erwidern kann erkenne ich, dass Piers scheinbar unbemerkt zu uns gestoßen ist. Kommentarlos nimmt er neben dem Captain platz. Im direkten Vergleich zu Ryan wirken seine Bewegungen mühelos und elegant. Fast wie die einer Raubkatze. Beim Gedanken an die Kontraktion seiner Muskeln unter dem dünnen Shirt wird mir warm. Ich grinse und mache mich über den Rest meiner Suppe her. Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer. Kaum dass er ein paar Löffel hastig in seinen Mund befördert hat, stupst mich Ryan aufdringlich mit dem Ellenbogen an."Jetzt erzähl schon, Dana - wie war euer Training?"Ich versuche ihm auszuweichen, was mir jedoch aufgrund der beengten Platzsituation nicht so richtig gelingen mag. Meine Augen verengen sich und ich sehe ihn grimmig an."Lass das, ja?", entfährt es mir beinahe eine Spur zu heftig. Chris und Ryan tauschen einen vielsagenden Blick. Die Männer sehen mich erwartungsvoll an. Irgendwie ist mir die ganze Situation unangenehm. Schließlich entscheide ich mich für die Flucht nach vorne."Das Training war gut. Ich meine, wir stehen erst am Anfang." Mit zusammengekniffenen Lippen lasse ich meinen Blick durch die Runde schweifen. Ich erkenne, dass Finn an einem anderen Tisch neben Becky platzgenommen hat und muss unwillkürlich grinsen."Dana, wenn du erzählst, habe ich immer sofort das Gefühl, ich bin dabei gewesen." Der Captain lächelt mich freundlich an. Ich erwidere seinen Blick mit einem süffisanten Grinsen."Also gut, ihr gebt ja eh keine Ruhe. Weiß nicht, wieso euch das so brennend interessiert, ich denke, dass es für eure Verhältnisse sicher langweilig ist." Resigniert zucke ich mit den Schultern. "Ihr seid ja noch klatschgeiler als ein Haufen Waschweiber! Also, wir sind zunächst gelaufen, am Zaun entlang, und danach haben wir in der Gruppe noch ein paar Kraftübungen gemacht. Naja, Liegestützen, Squats und solche Sachen. Für euch vermutlich nicht mal ein anständiges Aufwärmtraining. Seid ihr jetzt zufrieden?"Ich widme mich erneut meinem Teller, in der Hoffnung den verbleibenden Rest Eintopf endlich in Ruhe essen zu können, und mich anschließend aus der Situation zu entfernen. Leider sollte mir das noch nicht so bald vergönnt sein. Piers scheint die ganze Sache glücklicherweise kaum zu interessieren, er nickt kaum merklich, die Aufmerksamkeit gilt mehr seinem Teller als unserer Konversation. Auch hier fällt mir auf, dass sich seine Bewegungen deutlich von Ryans und Chris unterscheiden. Er sitzt aufrecht, bewegt sich leise und geschmeidig. Andächtig beobachte ich die Kontraktion seiner Kiefermuskeln. Selbst beim Essen sieht er einfach nur unverschämt gut aus, stelle ich fest. Chris hat seinen Teller bereits geleert und sieht mich an."Im Ernst, Dana. Ich finde es gut, dass du die Leute zusammen getrommelt hast. War anfangs ja skeptisch, weißt du ja. Aber schaden tut es bestimmt nicht, und so kommt schon keine Langeweile auf."Als Ryan sich wieder zu mir dreht, strafe ich ihn sofort mit einem eindringlichen Blick. Komm mir ja nicht zu nahe!"Vielleicht komme ich ja doch mal zum Zuschauen.", er grinst verschwörerisch. "Ein paar hübsche Ladys in Leggins, ich meine, hier gibt es ja sonst nichts zu sehen!" Er verzieht das Gesicht zu einer dramatischen Schnute."Wer kommt, muss mit machen. Also vergiss es!" Er lacht."Kein Problem, Dana. Kein Problem. Weißt du, damals, vor dem Ausbruch, da war ich beinahe täglich im Fitness Studio. Manchmal habe ich mir einen Spaß daraus gemacht, mich ganz hinten in diese Bauch-Beine-Po Kurse rein zu stellen." Er seufzt andächtig. "Ja, das waren noch gute Zeiten."Ich trete ihm unter dem Tisch mit voller Wucht gegen das Schienbein. Als meine Hacke gegen den empfindlichen Knochen stößt, jault er wie ein getroffener Hund. Mit gespieltem Abscheu sehe ich ihn an und rümpfe die Nase."Ich habe diese Typen immer gehasst!""Aua, das hat weh getan!"Vielsagend zucke ich mit den Schultern. "Du wirst es überleben, glaub mir!""Deinem Hintern würden ein paar Squats glaube ich auch nicht schaden! Vielleicht baue ich das in unser nächstes Training ein!" Chris wirft mir einen verschmitzten Blick zu, ich erwiedere ihn mit einem warmen Lächeln. Ich kann sehen, wie Ryan nach einer passenden Antwort sucht. Schließlich richtet er sich wieder auf, und sieht uns trotzig an."Wisst ihr eigentlich, dass Squats gar nicht die beste Übung für einen knackigen Hintern sind? Das habe ich damals nämlich auch gelernt, ich hab nicht nur gegafft!", verteidigt er sich schnell. "Hip Thrusts mit Gewicht, oder Glute Bridges zum Beispiel sind viel effektiver."Piers sieht ihn mit ausdrucksloser Miene an."Allein schon dafür, dass du die Namen kennst, gehörst du geschlagen.", erwidert er mit ruhiger Stimme.Unvermittelt muss ich laut los prusten. Ich kann spüren wie mir die Hitze ins Gesicht steigt. Seine messerscharfen Kommentare bilden einen herrlichen Kontrast zu seinem sonst so ruhigen Auftreten. Ryan sieht nun wirklich aus wie ein getretener Hund, und beinahe tut er mir Leid."Tja, Ryan hat Recht, diese Übungen sind wirklich sehr effektiv." Einmal mehr zucke ich mit den Schultern. "Aber ich denke nicht, dass sie uns in unserer derzeitigen Situation weiter helfen werden." Ich lasse meinen Blick durch die Runde schweifen. "Früher habe ich auch hauptsächlich Bauch-Beine-Po trainiert. Und jetzt habe ich gemerkt, dass man zum Beispiel für den Umgang mit einer Waffe auch unbedingt einen starken Oberkörper benötigt. Naja, ich schätze, da ist noch viel Luft nach üben. Ah, und Ryan, bevor du auch nur überlegst, einen Kommentar bezüglich meines Hinterns zu machen - denk an dein Schienbein!"Die Männer lachen. Schweigend beenden wir unsere Mahlzeit, bevor sich unsere Wege wieder trennen.

Afterlife (Resident Evil FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt