6 - Aufbruch

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Aufgrund des bevorstehenden Einsatzes ist die Stimmung im Gegensatz zu den vergangenen Tagen vergleichsweise gedämpft.

Zwar haben Chris und sein Team schon unzählige solcher Missionen durchgeführt, doch ein gewisser Rest Anspannung bleibt trotzdem jedes Mal.

Dabei ist es schon vergleichsweise lange her, dass jemandem etwas Ernsthaftes zugestoßen ist. Vor mittlerweile über acht Wochen musste Dave, unser ehemaliger Spezialist für verdeckte Einsätze im Kampf um ein Versorgungslager sein Leben lassen. Und dabei ist hinzuzufügen, dass in diesem Fall nicht gegen Biowaffen gekämpft wurde, sondern gegen eine verfeindete Gruppe Überlebender. Jeder der es geschafft hat in dieser postapokalyptischen Welt zu überleben steht mit dem Rücken zur Wand, viel Platz für Meinungsverschiedenheiten gibt es nicht.

Die Verluste lasten schwer auf den Schultern unseres Captains Chris, der sich, getrieben von seinem ausgeprägten Ehrgefühl, für das Wohlergehen der gesamten Truppe verantwortlich fühlt. Doch selbst mit vorausschauender Planung und doppelter Absicherung können unvorhergesehene Dinge geschehen.

Verletzungen wie Piers sie erlitten hat sind demgegenüber vergleichsweise harmlos und gehören beinahe zur Tagesordnung für unsere Soldaten.

Der Kampf ums Überleben ist kein leichter, doch dank der Erfahrung unseres Captains und seines einsatzerprobten Teams können wir uns weitestgehend sicher fühlen.

Ich habe mich bewusst etwas abseits von Piers gesetzt, denn ich möchte seine Wiedereingliederung ins Team unter keinen Umständen gefährden. Außerdem hielt ich es aufgrund des kurzen Wortwechsels vorhin mit Chris nicht für angebracht Gerüchte zu schüren.

Gedankenverloren schaue ich in meinen Teller und bewege den Löffel durch meinen Eintopf.

Obwohl ich versuche mich dagegen zu wehren muss ich feststellen, dass ich angesichts des anstehenden Einsatzes doch ein wenig nervöser bin als sonst. Das hast du nun davon, du wusstest doch, dass es nichts als Ärger bringen würde, eine engere Bindung mit einem der Überlebenden einzugehen denke ich missmutig.

Während ich mich einen kurzen Moment über mich selbst ärgere muss ich plötzlich schmunzeln.

Oh Dana schießt es mir durch den Kopf, bilde dir bloß nicht ein, dass wegen dieser einmaligen Sache jetzt etwas zwischen euch ist! Ich schüttele kaum merklich den Kopf und denke die Zeit vor dem Ausbruch in Raccoon City zurück. Damals hätte ich einem solchen Ereignis vermutlich wesentlich weniger Bedeutung geschenkt.

Allerdings sind die Rahmenbedingungen jetzt doch deutlich verschieden. Im täglichen Überlebenskampf sehnt sich schließlich jeder nach ein wenig Geborgenheit, wenn auch nur in Form von körperlicher Nähe.

Ich verfluche mich für den letzten Satz und rede mir ein, dass das mit mir und Piers sowieso keinen Sinn macht und dass ich viel zu alt bin für ihn. Er mag mich attraktiv finden, und das sollte mir im Moment auch völlig ausreichen.

In Gedanken immer noch abwesend führe ich meinen Löffel zum Mund und lasse meinen Blick langsam über den Tisch wandern.

Als ich bei Piers angekommen bin spüre ich wie sich mein Herzschlag unweigerlich beschleunigt. Sein Gesicht ist ernst, aber zufrieden. Er weiß, dass er den Einsatz nicht auf die leichte Schulter nehmen darf.

Gedankenverloren sehe ich ihn an und vergesse für kurz alles um mich herum, doch Claire reißt mich jäh aus meinem Tagtraum.

„Hey, Dana, hörst du mich?"

Sie sieht mich nachdrücklich an, fast so als versuche sie bereits seit Stunden ein Gespräch mit ihr zu beginnen. Im warmen Licht der Lampen fallen ihre rotbraunen Haare seidig über ihre Schultern und mir wird einmal mehr bewusst, wie hübsch sie eigentlich ist. Ich schüttele meinen Kopf und blicke ihr in die Augen.

„Entschuldigung Claire, was hattest du gesagt?"

Sie schließt kurz die Augen und legt den Kopf für einen Moment schräg.

„Nicht so wichtig"

Dann deutet sie mit einem leichten Nicken auf Piers und stellt beinahe beiläufig fest.

„Du scheinst ihn ja wieder gut hinbekommen zu haben!"

Ich spüre wie das Blut in meine Wangen schießt und muss mich beherrschen mir nichts anmerken zu lassen.

Um dem durchdringenden Blick ihrer grünen Augen auszuweichen blicke ich angestrengt auf meinen Teller und bewege meinen Löffel durch den Rest des Eintopfes.

„Ich denke er ist fit, so habe ich es auch Chris weitergegeben. Ich bin froh, dass er wieder im Team sein kann, die ganze Isolation hat ihm ganz schön zugesetzt."

Zugesetzt? Dana, bist du seine Mutter? Verdammt jetzt reiß dich mal ein bisschen zusammen!

Doch Clair lächelt mir fröhlich zu.

„Ach Dana, was wären wir nur ohne dich. Ich bin froh, dass er dank deiner Hilfe wieder auf den Beinen ist, Chris braucht ihn da draußen, und ich brauche dich hier."

Erleichtert atme ich auf und leere rasch meinen Teller.

Afterlife (Resident Evil FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt