Flucht??

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„Efeusee? Bist du das?", fragte der fremde Kater und sah sie erstaunt an. Die silbergraue Kriegerin musste beim Anblick seines verdutzen Blicks lächeln: „Natürlich bin ich es.", miaute sie, dann wurde sie wieder ernst und sah den Neuankömmling finster an, „Was machst du hier, Tigerherz?" Der Kater, natürlich war es Tigerherz, seufzte tief, „Nachdem der Kampf verloren war, bin ich mit Rotweide geflohen, seitdem leben wir eine halbe Tagesreise oberhalb des DonnerClan Territoriums." Sein bernsteinfarbener Blick bohrte sich in Efeusee, die innerlich erfreut war, dass sie wohl doch nicht allzu weit von den Clans weggebracht worden war, wie sie zunächst angenommen hatte. „Und was machst du hier drin? wie bist du hier reingekommen?" fragte Tigerherz weiter. Efeusee seufzte tief, dann holte sie tief Luft: „Nach dem Kampf war ich schwer verletzt. Ich wäre wahrscheinlich gestorben, wenn Zweibeiner mich nicht gefunden und gesund gepflegt hätten. Und jetzt sitze ich hier fest und erwarte außerdem noch Junge..." Sie unterbrach sich. Sie konnte das alles immer noch nicht glauben. Tigerherz' Augen wurden groß: „Junge?...oh, dass... herzlichen...Glückwunsch, aber das habe ich nicht kommen sehen. Wer ist der Vater, Windpelz? Wo ist er?" Efeusee erwiderte Tigerherz' Blick, während der aufgeregt stotterte und sich dann umsah, als würde Windpelz plötzlich neben Efeusee auftauchen.
Aber das würde niemals passieren.
Efeusee sah zu Boden: „Er ist...tot.", brachte sie mühsam hervor, „Er ist im Kampf gefallen..." Tigerherz trat erschrocken einen Schritt zurück: „Oh nein...Efeusee...es tut mir so leid..." Die silbergraue lächelte bedrückt, „Das muss es nicht. ER ist wie ein echter Krieger gestorben", flüsterte sie, dann hob sie den Kopf und sah ihren gegenüber wieder etwas selbstsicherer an „Kannst du mir hier raushelfen?" fragte sie und schob die Trauer energisch zur Seite. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, um Windpelz nachzutrauern. Der Tigerkater nickte und sah den hohen Zweibeinerzaun hinauf, „Und wie willst du das anstellen?", fragte er, „Drüberklettern kannst du vergessen, das funktioniert nie. Und ein Loch zu graben würde Tage dauern...", überlegte er und stapfte nervös hin und her, „Es muss einen anderen Weg geben." Efeusee lächelte: „Keine Sorge, ich habe einen Plan. Komm mit ich zeig dir was..."

Wenige Augenblicke später stand Efeusee vor dem Hundegehege und sah zu, wie Tigerherz das Fleckchen Erde inspizierte, das Flash Blumenbeet genannt hatte. Nach einer Weile kam der Tigerkater zu ihr hinüber und sah sie durch den Zaun hindurch an, „Das könnte tatsächlich funktionieren. Aber wenn du Recht hast und hier drin Hunde leben, dann müssen wir das nachts machen und alleine schaffe ich das nicht." Efeusee begann nachdenklich hin und her zu spatzieren: „Dann hol Rotweide!", drängte sie, „Zu zweit seid ihr viel schneller". Tigerherz blickte in den Himmel hinauf, vereinzelte Regenwolken zogen über den dunklen Nachthimmel, sodass nur wenige Sterne des Silbervlieses leuchteten: „Es ist beinahe Mondhoch, Efeusee.", überlegte er laut, „Wenn ich jetzt losgehe, ist es Tag, wenn ich zurückkomme." er schrie erneut, dann fuhr er fort, "Ich und Rotweide kommen morgen Nacht, dann holen wir dich hier raus!" Ungeduldig scharrte Efeusee mit den pfoten. Sie hatte keine Lust mehr zu warten, doch sie nickte, dankbar, dass Tigerherz auf ihrer Seite stand: „Gut.", willigte sie ein, „Aber beeil dich!" Tigerherz nickte, „Ich bin morgen bei Abbenddämmerung zurück.", versprach er, „Pass auf dich auf." Efeusee erwiderte seinen festen Blick, „Das werde ich. Bis bald, Tigerherz". Ihr Clangefährte nickte langsam, „Bis bald...", flüsterte er, bevor er sich abwandte und in einer Nebelbank verschwand.


Efeusee konnte in dieser Nacht kaum schlafen. Das Tigerherz aufgetaucht war, hatte ihr wieder Hoffnung auf Entkommen gegeben, Hoffnung darauf, ihre Rache zu bekommen. Sie konnte nur hoffen, dass Tigerherz, Rotweide und die Krieger der Finsternis sie unterstützen würden: >>Ich werde meine Jungen großziehen <<, dachte sie, >>Ich werde ihnen lehren, die Clans zu hassen!<< grimmig betrachtete Efeusee den dunklen Nachthimmel, >>Ich werde mein Versprechen halten, dass ich euch gegeben habe. Ich werde wiederkommen!<<

Tigerherz hielt sein Versprechen. Kurz nach Sonnenuntergang des nächsten Tages tauchte der ehemalige SchattenClan Krieger mit Rotweide an seiner Seite auf. Erfreut sah Efeusee die beiden durch den Gitterzaun hindurch an, „Ich wusste, dass ihr kommen würdet.", miaute sie erfreut. Tigerherz nickte, Rotweide hingegen beachtete sie kaum, er beobachtete den Hundegarten. „Ich kann Hunde riechen", brummelte er, „Zwei. Und sie sind in der Nähe." Efeusee nickte, „Entweder sie schlafen, oder sie sind im Bau der Zweibeiner.", miaute sie. „Aber in beiden Fällen sind sie eigentlich kein Problem für uns." >>Das Hoffe ich zumindest.<<, dachte sie anschließend und sah Tigerherz sorgenvoll an. Der Tigerkater schien das zu spüren, „Es wird funktionieren.", miaute er ruhig, dann nickte er seinem Kumpanen zu, „Komm Rotweide, Ich zeige dir der Stelle." Miaute er. Der andere knurrte missmutig, folgte seinem Clangefährten aber ohne zu zögern. Efeusee sah den beiden nach und prüfte anschließend die Luft. Der Geruch von zwei Hunden lag schwer in der Luft, doch einen dritten konnte sie nicht riechen. >>Genau wie Rotweide gesagt hat.<< dachte sie, spannte die Muskeln an und sprang mit einem Satz auf den Zaun, damit sie Tigerherz und Rotweide nicht aus den Augen verlor. Die beiden waren am Blumenbeet angekommen und besprachen sich kurz. Dann begannen sie zu graben.
Efeusee hörte, wie die Krallen der ehemaligen SchattenClan Krieger über Wurzeln und kleine Steine kratzten, während die beiden Krieger immer weitergruben. Erdklumpen flogen durch die luft und hinter den beiden finsteren Kriegern sammelte sich langsam ein großer Haufen Erde. Sie kamen gut voran...
Doch plötzlich erklang ein lautes Geräusch aus einer der Hundebaue, das die Luft zerriss, wie ein lauter Donner bei einem Gewitter. Das Scharren hörte auf und Tigerherz und Rotweide verschwanden im Schatten der Nacht und damit auch aus Efeusees Sichtfeld. >>Sie haben es auch gehört. Aber was genau war das?<<. Suchend blickte Efeusee sich um und inspizierte nacheinander die drei Hundehütten.
Wie hatten sie das nur übersehen können. Aus dem Bau ragte die Schnauze eines riesigen Hundes heraus, doch als Efeusee genauer hinsah, erkannte sie, dass die Augen des Tieres geschlossen waren.
Der Hund schlief. Noch.
Efeusees Anspannung wandelte sich größtenteils zu Erleichterung und sie wandte den Blick wieder zum Zaun hinüber. Es bestand vorerst keine Gefahr.
Tigerherz tauchte gerade wieder aus der Dunkelheit auf und sah sich aufmerksam im Garten um. Nach kurzer Zeit fiel sein Blick auf den Hund, der immer noch schlief. Der Krieger wirkte erleichtert und nickte Efeusee kurz zu, bevor er sich wieder an die Arbeit machte, kurz darauf war auch Rotweide wieder an der Seite seines Clangefährten. Efeusee sah nach oben zum Mond, >>Es dauert noch eine Weile bis Mondhoch<<, dachte sie, >>Wir haben noch genug Zeit<<. Efeusee kauerte sich auf dem Zaun hin und wartete. Ihr Bauch schmerzte schon nach wenigen Momenten höllisch und ihre Muskeln brannten wie Feuer, aber sie verharrte still und spitzte aufmerksam die Ohren, damit sie beim noch so kleinen Geräusch sofort Alarm schlagen konnte. Doch noch war alles ruhig. Während der Mond langsam immer höher stieg, wuchs das Loch, das Efeusee die freiheit bescheren sollte immer weiter. Es war nun schon so groß, dass ein Katzenjunges problemlos hindurchgepasst hätte.

Der Dunkle PfadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt