Je näher Efeusee und ihre beiden Begleiter Tigerherz und Dunkelschweif dem Revier der Streunerbande kamen, desto nervöser wurde die silbergraue Kriegerin. Nicht wegen ihrer Sorge um Wind, den sie bei Blumenfall und Rotweide zurückgelassen hatte oder der Tatsache, dass sie seit dem großen Kampf nicht mehr gekämpft und somit viel von ihrer Stärke und Ausdauer verloren hatte, sondern weil sie keine Ahnung hatte, was nun auf sie zukommen würde. Dunkelschweif hatte Efeusee und den anderen zwar einige Sachen über seine erste Begegnung mit den brutalen Streunern erzählt, aber es waren nicht viele Informationen gewesen. Efeusees Schweif streifte einen vom Tau feuchten Farnbüschel, während sie erneut die Luft nach fremden Gerüchen untersuchte, die Ohren stets wachsam gespitzt und darauf bedacht, bei der leisesten Bewegung Alarm zu schlagen. Dennoch war es nicht sie, sondern Tigerherz, der wenige Herzschläge später auf einmal stehen blieb und angestrengt die Luft prüfte, „Ich rieche etwas.", miaute er grimmig, „Und es wird euch nicht gefallen." Dunkelschweif spitze die Ohren, prüfte ebenfalls die Luft und drehte dann den Kopf zu seinen beiden Begleitern, „Das sind sie", bestätigte er Efeusees Vermutung, „Sie kommen näher." Miaute die silbergraue leise, „Bleibt zusammen. Sollen sie ruhig zu uns kommen"
Noch während Efeusee diese Worte aussprach, vernahm sie bereits das leise Rascheln in einem der Büsche ganz in der Nähe, bevor nur wenige Herzschläge später ein großer schwarzer Kater aus dem Dickicht stolzierte. Dicht hinter ihm tauchten noch drei weitere Katzen auf, zwei Kater und eine Kätzin, die die drei finsteren Krieger allesamt wütend anfunkelten. „Soso", miaute der schwarze gehässig und trat einen Schritt vor, „Na wenn das mal nicht eine Überraschung ist. Hätte nicht gedacht, dass du dich hierher traust, Dunkelschweif." Efeusee blickte kurz zu dem Kater neben ihr, der jedoch nur das Kinn hob und dem schwarzen Kater herausfordernd ins Gesicht blickte, „Ich darf gehen, wohin ich will, Mephisto", miaute er so gelassen, wie möglich. „Und ich bin nicht wegen dir hierhergekommen, sondern weil ich meine Mutter zurückholen will." Der schwarze Kater namens Mephisto blinzelte, dann kniff er die Augen zusammen und schien angestrengt nachzudenken, „zurückholen...", miaute er dann, in seinen Augen funkelte ein Ausdruck, den Efeusee nicht deuten konnte. Was sie aber mit Sicherheit wusste, dieser Mephisto war der Anführer der Streunergruppe und soweit Efeusee das beurteilen konnte, war er kein harmloses Clankätzchen, sondern weitaus gefährlicher, als sie angenommen hatten. Dunkelschweif war indes einen Schritt vorgetreten und sah Mephisto nach wie vor in die Augen: „Wir stehen keine Beute und nehmen euch euer Revier nicht weg. Ich will nur meine Mutter zurück. Das ist alles", miaute er knapp. Mephisto schwieg zunächst, dann trat er seinerseits einen Schritt vor und winkte seine Kumpanen mit der Schwanzspitze zu sich, „Dass du solche Forderungen stellst", miaute er langsam, „Ist nicht gerade schlau, mein Freund. Aber ich bewundere deinen Mut." Offensichtlich hatte er damit alles gesagt, was zu sagen war, denn er wandte seinen Blick von Dunkelschweif ab und blickte erst Efeusee, dann Tigerherz aufmerksam an, „Willst du mir deine Begleiter nicht vorstellen, Dunkelschweif?", miaute Mephisto, während die beiden Kater sich mit gesträubten Pelzen neben dem Streuneranführer aufbauten. Sie Kätzin hielt sich eher ein wenig zurück, beobachtete das Geschehen aber äußerst aufmerksam und ließ die Krieger der Finsternis keine Sekunde lang aus den Augen. „Das ist Efeusee", miaue Dunkelschweif, deutete mit der Schwanzspitze auf die silbergraue und unterbrach so das kurze Schweigen zwischen den Katzen. Dann deutete der schwarze Kater mit einem kurzen Kopfnicken auf seinen andern Begleiter, „Und das ist Tigerherz", miaute er. Mephisto warf Efeusee einen kurzen Blick zu, dann fokussierte er wieder seinen Herausforderer, der sich noch immer vor ihm aufgebaut hatte. „Sehr erfreut", miaute er nach einer kurzen Pause, „Ihr seid doch sicherlich damit einverstanden, wenn ich euch meine Begleiter ebenfalls vorstelle, nicht wahr? Ich will ja nicht unhöflich sein..." Bei diesen Worten breitete sich ein hämisches Grinsen auf Mephistos Gesicht aus, bevor er sich zu seinen drei Begleitern umwandte, „Das hier ist Wolf", er deutete dabei auf einen der beiden Kater, einen großen grauen, dessen Pelz mit Kampfnarben übersäht war, „Das hier ist sein Bruder Ciano, „Nun deutete der Streuneranführer auf den zweiten Kater, der eine kurzes schwarzes Fell besaß und etwas kleiner war, als sein Bruder Wolf. „Und das", miaute Mephisto und deutete dabei auf die Kätzin, die sich noch immer im Hintergrund des Geschehens aufhielt, „ist Gaia". Als der schwarze Streuneranführer seine Vorstellungsrunde beendet hatte, wanderte sein Blick wieder zu Dunkelschweif, „Aber nun zu deinem Anliegen, Dunkelschweif.", miaute er gelassen, „Zu deiner Mutter. Nun...", er hielt kurz inne und schien nach den richtigen Worten zu suchen, dann fixierte Mephisto erneut seinen Kontrahenten, der ihn aufmerksam beobachtete. „Als wir deine Mutter mit ins Lager genommen haben, hat sie sich heftig gewehrt..." begann der Anführer zu erzählen. „Weil ihr sie entführt habt!", kam es von Dunkelschweif, doch Mephisto ging nicht darauf ein, „Wir haben sie in einen unserer Baue gesperrt und sie bewacht, damit sie nicht fliehen kann. Und dann habe ich ihr ein Angebot gemacht, dass ich jedem meiner...Gäste mache. Ich nenne es... Die Wahl zwischen Treue. oder dem Tod" Nun stahl sich ein grausames Lächeln auf das Gesicht des schwarzen Katers, „bedauerlicherweise hat deine Mutter nicht die Treue gewählt." Nach diesen Worten wurde es still auf der Lichtung. Tigerherz wirkte kurz schockiert, auf Efeusee konnte es kaum glauben. Mephisto hatte Dunkelschweifs Mutter also umgebracht? War alles umsonst gewesen? Die ganze Reise, der Aufwand? Sie blickte hinüber zu ihrem Reisegefährten, der mit den Krallen im Boden scharrte, „Du hast sie getötet. Warum?", fragte er leise. Mephisto bedachte ihn mit einem eiskalten Blick, „Ich sagte dir bereits. Sie hatte die Wahl meiner Gruppe beizutreten oder gegen mich zu kämpfen. Hätte sie überlebt, wäre sie frei gewesen." Er zuckte mit den Schultern, „Sie war stark und wäre sicherlich ein fähiges Mitglied geworden..."
Dunkelschweif hob als Antwort nur das Kinn, „Wenn du jeden deiner Gäste vor diese Wahl stellst, dann wirst du wahrscheinlich auch uns herausfrodern!", miaute er mit eiskalter Stimme, „Und ich werde gegen dich kämpfen."
Mephisto lachte bei Dunkelschweifs Herausforderung kurz auf, „Verstehe mich nicht falsch, aber was habe ich davon?", fragte er grinsend, „Ich habe dir schon alles genommen, mein kleiner. Was bekomme ich, wenn ich gewinne?" Dunkelschweif warf Efeusee einen kurzen Blick zu. In seinen Augen funkelte die Trauer und der Zorn, aber auch die Entschlossenheit und plötzlich wurde der Silbergrauen etwas klar. >>Er hat einen Plan.<<, dachte sie, und lauschte angespannt, wie Dunkelschweif fortfuhr, „Wenn du gewinnst, dann treten meine Freunde deiner Gruppe bei.", miaute er, seine Stimme war eiskalt und absolut gefühllos. Tigerherz riss entsetzt die Augen auf und klappte das Maul auf, um etwas einzuwenden, tat es dann aber doch nicht. Auch Efeusee war verblüfft. >>Er setzt unseren gesamten Plan aufs Spiel! Ich hoffe er weiß was er tut!<< dachte sie entsetzt, beschloss aber, nicht einzugreifen. Sie vertraute darauf, dass Dunkelschweif das Richtige tun würde.„Aber wenn ich gewinne", fuhr Dunkelschweif fort, „Dann führe ich in Zukunft deine Katzen an. Das ist die Bedingung." Mephisto kniff die Augen zusammen und schien angestrengt nachzudenken, während ein kleines Lächeln über Efeusees gesicht huschte, >>Gute Idee<<, dachte sie, >>Er weiß, dass wir viele Katzen für unseren Kampf gegen die Clan brauchen. Verstärkung können wir gut gebrauchen. Dazu muss Dunkelschweif aber erstmal Mephisto schlagen, und das wird nicht leicht.<<
Während Efeusee in Gedanken versunken war, war Mephisto einen Schritt weiter nach vorne getreten und sah seinen Herausforderer gehässig an. „Du solltest wissen", knurrte er langsam, „Dass mich noch nie jemand besiegen konnte. Warum glaubst du, dass ausgerechnet du das schaffst?" Der Hohn und der Spott in seiner Stimme, die Art und Weise, wie er Dunkelschweif lächerlich machte, sorgten dafür, dass in Efeusee der alte Zorn wieder hochkochte, >>Er will ihn provozieren.<< schoss es ihr durch den Kopf. Gespannt beobachtete sie, wie sich Dunkelschweif nun genau vor den Streuneranführer stellte und ihm herausfordernd in die Augen starrte, „Morgen bei Sonnenaufgang treffen wir uns hier. Wenn du kein Feigling bist, dann nimmst du die Herausforderung an!", zischte Dunkelschweif, woraufhin Mephistos Grinsen auf der Stelle gefror und sich sein Gesicht vor Zorn verzerrte, „Du...", fauchte er zornig, „Du wagst es mich einen Feigling zu nennen?" Efeusee sah von Mephisto zu Dunkelschweif. >>Cleverer Schachzug. Wenn Mephisto jetzt ablehnt, dann verliert er seine Autorität vor seinen Kumpanen. Er kann gar nicht ablehnen<<
Mephisto schien dasselbe zu denken, wie Efeusee, denn er knurrte leise und starrte Dunkelschweif unverhohlen in die Augen, „Ein Tagen!", knurrte er gefährlich leise, „Du hast noch einen Tag zu Leben. Und dann wirst du sterben! Und zwar genau hier! "
Mit diesen Worten drehte sich Mephisto um und lief davon. Die beiden Brüder Wolf und Ciano sahen sich kurz an und folgte ihrem Anführer anschließend ins Dickicht. Die Kätzin Gaia folgte ihrer Gruppe als letzte und ließ Efeusee mit gemischten Gefühlen zurück, „Bist du wahnsinnig?", zischte Tigerherz, „Was ist denn in dich gefahren? Du glaubst doch nicht, dass du gegen diesen Kater gewinnen kannst. Der zerfetzt dich in der Luft! Und dass du unseren gesamten Rachefeldzug aufs Spiel setzt, macht es nicht besser! Ich will sicherlich kein Streuner werden, nur weil du Selbstmordabsichten hast!!" brauste Tigerherz auf, doch Dunkelschweif blieb völlig ruhig, „beruhige dich Tigerherz. Ich versichere dir, dass du weder ein Streuner wirst, noch diesem Mephisto diesen musst. Mein Vorhaben ist sehr riskant", gab er dann zu, „Aber keine Sorge. Ich habe einen Plan, wie ich ihn besiegen kann."
Efeusee wurde auf einmal hellhörig, „Und wie willst du das anstellen?", fragte sie neugierig. „Mit einem Trick, den meine Mutter mir gezeigt hat.", antwortete der schwarze Kater. Efeusee sah von Dunkelschweif zu Tigerherz, der den dunklen Krieger noch immer vorwurfsvoll ansah. „Und was hast du vor?", fragte sie ihn. Über Dunkelschweifs Gesicht huschte ein kleines Lächeln, „Kommt mit", miaute er geheimnisvoll, „ihr werdet es gleich sehen..."
DU LIEST GERADE
Der Dunkle Pfad
AventuraDer Wald der Finsternis kommt. Nichts wird uns vor der Dunkelheit retten können... Häherfeder, Löwenglut und Taubenpfote sind drei Katzen mit besonderen Gaben und dem Schicksal, die Clans am See vor den rachsüchtigen Kriegern der Finsternis zu re...