Audienz bei Dunkelschweif

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Lilienpfote schreckte aus einem unruhigen Schlaf auf, als eine Pfote ihr grob in die Seite stieß. „Wach auf!", knurrte Wind leise. Der Kater, den sie am vorherigen Tag kennengelernt hatte stupste die Donnerclan Schülerin erneut an, dieses mal etwas energischer. „Sie haben uns Beute gebracht. Du solltest essen" murmelte er leise, während Lilienpfote sich aufsetzte. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie hungrig sie war, ihr Magen beschwerte sich lautstark. Schnell rieb sich die Donnerclan Kätzin den Schlaf aus den Augen und stand auf. Wind verdrehte die Augen und murmelte ein leises, „Na endlich", vor sich hin.
Als Lilienpfote sich nach der Beute umsah, von der der Jungkater gesprochen hatte, waren zwei Mickrige Mäuse auf dem Boden neben ihm jedoch alles, was sie im Zwielicht erkennen konnte. Enttäuscht sah sie den Jungkater an. „Das ist alles?", fragte sie sichtlich enttäuscht. Ihr Magen rebellierte. Der Kater schnaubte. „Was hast du erwartet. Ein Festmahl? Wir sind hier immer noch Gefangene, schon vergessen?" Winds Antwort klang ziemlich schroff und ließ Lilienpfote zusammenzucken. „Ja stimmt schon", murmelte die Donnerclan Kätzin bedrückt, während Winds bernsteinfarbener Blick etwas sanfter wurde. „Tut mir Leid", entschuldigte er sich, „Ich sollte meine schlechte Laune wirklich nicht an dir auslassen. Du kannst nichts dafür." Wind setzte sich und schnappte sich eine Maus, die andere schob er zu Lilienpfote hinüber.
Die Donnerclan Schülerin nickte nur, „Schon in Ordnung", sagte sie leise und nahm einen Bissen von der Beute. Das Fleisch schmeckte alt und war zäh, aber Lilienpfote würgte es hinunter. >>Hunger macht alles möglich << dachte sie und aß den Rest der Beute mit zwei schnellen Bissen auf.
Auch Wind war mit dem Essen fertig, sein Blick wanderte zum Eingang hinüber.
„Wenn ich fragen darf...", miaute der Kater leise und sah zu Lilienpfote. „Woher kommst du eigentlich? Weshalb bist du hier?"

Lilienpfote schwieg einen Moment. „Das ist eine lange Geschichte...", gab sie zu. Wind zuckte mit den Schultern. „Ich hab Zeit", brummte er gelassen und setzte sich neben Lilienpfote auf den kühlen Steinboden. Nach kurzem Überlegen tat die Schülerin es ihm gleich. „Ich lebe in einem Clan", begann sie zu erzählen, „Es ist eine Gemeinschaft aus Katzen, die sich umeinander kümmert. Wir leben nach dem Gesetz der Krieger, dem Gesetz unserer Vorfahren. " Wind hob eine Augenbraue, sagte aber nichts. „Insgesamt gibt es vier Clans", fuhr Lilienpfote fort, „den WindClan, den SchattenClan, den FlussClan und meinen Clan, den DonnerClan. Jeder Clan hat Krieger, die jagen und das Territorium schützen, einen Anführer mit neun Leben, einen Heiler, der sich um Verletzte kümmert und Prophezeiungen und Träume vom SternenClan bekommt..."
„Entschuldige mal...", Wind unterbrach sie, „Du sagtest doch grade, es gibt vier Clans... Jetzt hast du aber mit diesem SternenClan grade einen fünften genannt. Und ein Anführer mit neun Leben?" Er schnaubte etwas ungläubig.  Lilienpfote hingegen seufzte nur. „Lass es mich erklären.", miaute sie dem Jungkater zu, der tatsächlich schwieg. „Der SternenClan sind unsere Ahnen.", fuhr die Schülerin fort, „Jede Katze, die stirbt kommt nach ihrem Tod in den SternenClan, um über ihre Nachkommen zu wachen. Die Katzen des SternenClans verleihen den Anführern eines Clans neun Leben. So kann er seine Katzen am besten schützen."
Wind sah Lilienpfote mit einer Mischung aus Überraschung und Unglauben an, als sie geendet hatte. „Das klingt irgendwie wie eine ausgedachte Märchengeschichte", kommentierte er, woraufhin sich Lilienpfote Fell vor Entrüstung sträubte. „Das ist keine Geschichte", protestierte sie, „Es ist die Wahrheit"
Wind wollte gerade noch etwas sagen, dann spitze er jedoch die Ohren.

„Da kommt jemand", warnte er. Tatsächlich konnte Lilienpfote in der Ferne das Kratzen von Krallen auf dem steinigen Höhlenboden hören, dass sich ihr und Wind immer weiter nährte. Nach einigen Herzschlägen tauchte im Zwielicht vor ihr eine Katze aus den Schatten auf. Ein gelbes Augenpaar starrte Lilienpfote finster an, dann wanderte es zu Wind, der den Kopf hob und zurückstarrte. Er schien sich nicht zu fürchten, Lilienpfote dagegen knetete mit den Pfoten nervös den Untergrund.
„Dunkelschweif will euch sehen", knurrte die Kätzin laut, ihre Krallen kratzten über das Gestein der Höhle. Wind nickte langsam. „Verstehe", murmelte er leise und sah dann zu Lilienpfote. „Lauf mir nach." Seine Stimme klang nun doch etwas angespannt, während er loslief. Erst zögerte Lilienpfote, als die Kätzin aber ein ungehaltenes „Na Mach schon!", knurrte, setzte sie sich ebenfalls in Bewegung.

Der Dunkle PfadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt