Als Efeusee die Augen wieder öffnete, dachte sie zuerst, sie würde träumen. Alles um sie herum war blendend weiß und so hell, dass sie die Augen zusammenkneifen musste. Sie blinzelte, während sich ihre Augen langsam an das Licht zu gewöhnen schienen. Um sie herum ragten seltsame gebilde aus Holz auf, während hohe Wände sie ringsherum einschlossen. Ihr Pelz begann vor Nervosität und auch Angst zu kribbeln, als sie erkannte, wo sie sich befand:
>>Ich bin in einem Zweibeinernest?<< dachte sie verblüfft. Entsetzt wollte sie sich aufrappeln und davonlaufen, doch ihre Beine knickten ein und sie fiel zurück auf das weiche Material, auf dem sie gelegen hatte. Ihr Magen rebellierte. Efeusee scharrte verzweifelt mit den Pfoten >>Ich sollte nicht hier sein!<<, dachte sie frustriert. >>Wie bin ich hierhergekommen? Ich sollte tot sein<<. Aus dem Augenwinkel entdeckte sie plötzlich eine Katze, die sie aus einer dunklen Ecke des Raumes anstarrte. Als Efeusee die Fremde Katze verwundert anstarrte, sprang diese mit einem ängstlichen Blick in ihre Richtung davon, als würden alle Monster auf dem Donnerweg sie verfolgen. Efeusee sah ihr nachdenklich und auch frustriert hinterher, während sie erneut versuchte, aufzustehen. >>Was war denn mit der los?<< dachte Efeusee verblüfft und richtete sich mit wackeligen Beinen auf. Sie fühlte sich schon jetzt erschöpft, dennoch machte sie ein paar Schritte und sah sich in dem kleinen Raum um, in dem sie sich befand. Schmerz spürte sie allerdings keinen, und das war mehr als ungewöhnlich. Schließlich war sie von Löwenglut, Rußherz, Eiswolke und Unkenfuß beim letzten Kampf ja beinahe getötet worden. >>sind meine Wunden etwa schon verheilt?<<, überlegte Efeusee.
Rasch inspizierte sie ihren Pelz, der ungepflegt aussah und immer noch einige verblasste Blutflecken aufwies, an einigen Stellen fehlten sogar ganze Fellbüschel und boten so einen entsetzlichen Blick auf kahle Haut und rosa Narben, die sich darüber hinwegzogen, wie kleine, rosane Schlangen. Efeusee schnüffelte angestrengt, aber sie konnte kein Blut riechen. Von den tiefen Wunden, die sie beim letzten Kampf mit den Clans davongetragen hatte, war nichts mehr zu sehen >>Ich bin tatsächlich geheilt<<, dachte sie mehr verwundert als erfreut und schüttelte verwundert den Kopf, um die Gedanken an die Schlacht zu vertreiben. >>Ich will nicht daran denken. An das was in dieser Nacht geschehen ist...<<. Stöhnend machte sie einen weiteren Schritt, als ihr eine weitere Veränderung an ihr auffiel: Ihr Bauch war ungewöhnlich dick, instinktiv dachte Efeusee, sie hätte sich vielleicht den Magen verdorben. >>Aber dann würde mir der Bauch wehtun.<<, überlegte sie. In diesem Moment wünschte sie sich, dass ein Heiler hier bei ihr wäre, damit er sie behandeln könnte. >>Der könnte mir sagen, was mit mir los ist!<< dachte sie und seufzte leise. „Oh du bist wach", hörte sie ein Miauen hinter sich. Fauchend wirbelte sie herum und sah sich einem braunen Kater gegenüber, der sie freundlich ansah, bei ihrer zornigen Reaktion aber zurückzuckte, als hätte er sich die Pfote verbrannt. Das blaue Halsband um seinen Hals löste bei Efeusee eine neue Welle der Wut aus und sie fletschte die Zähne: >>Er ist ein Hauskätzchen. << dachte sie. „Was willst du?" fragte sie ihn laut, doch das Hauskätzchen schien seine Fassung wiedergefunden zu haben, denn er hob mit neuen Mut den Kopf und sah sie entschlossen an: „Ich heiße Lucky", miaute der Kater, „Wir haben dich schwer verletzt im Wald gefunden und zum Tierarzt gebracht. Du warst eine ganze Weile bewusstlos, hattest immer wieder Anfälle und Fieber, aber der Tierarzt hat dich geheilt." Efeusee starrte ihn nur an, während der Kater weiterplapperte, >>Der Tierarzt?<<, dachte sie verblüfft, bevor ihr wieder einfiel, was der Kater meinte: >>Er meint den Abschneider.<<. Ihr wurde schlecht bei dem Gedanken an die Geschichten, was die Abschneider mit Katzen anstellen konnten. „Was ist dir denn zugestoßen?" fragte Lucky weiter, doch efeusee ging nicht auf seine Frage ein, „Das geht dich nichts an, Hauskätzchen!", knurrte sie. Lucky zuckte zurück, „Mir kannst du es ja erzählen", miaute er aufmunternd, „ich kann Geheimnisse für mich behalten." Efeusee lächelte. Dieses Geheimnis würde sie niemandem anvertrauen und einem Hauskätzchen schon gar nicht.
Lucky sah sie an und legte den Kopf schief, „Wieso warst du überhaupt da draußen. Und vor allem bei diesem Wetter", er schüttelte den Kopf, dann rückte er mit aufgeregt blitzenden Augen näher an Efeusee heran: „hast du gegen jemanden gekämpft, obwohl du...du weißt schon..." Efeusee schüttelte den Kopf, allmählich verlor sie die Geduld mit diesem albernen Hauskätzchenweichling. „Was soll ich wissen? Raus mit der Sprache Hauskätzchen!" zischte sie. Lucky wich zurück. „Du weißt es nicht?", fragte er, seine Stimme war eher verblüfft als verängstigt. „Was. Weiß. Ich. Nicht?", knurrte Efeusee, „Sag es mir oder ich reiße dir jedes Schnurrhaar einzeln raus!"
„Du...Du erwartest Junge".Efeusee wurde mit einem Mal schwindelig, der Zorn war verschwunden.
Natürlich.
Wie hatte sie nur so blind sein können.
Die Bauchschmerzen, das Schwächegefühl, der angeschwollene Bauch...
Sie konnte sich auch denken, wer der Vater der Jungen war. Beim Gedanken an ihren verstorbenen Gefährten setzte der Schmerz wieder ein, so stark, dass Efeusee glaubte, dass sie doch eine Wunde übersehen hatte. Wütend fletschte Efeusee die Zähne. Das alles, dass Windpelz sterben musste, während sie überlebt hatte, das hätte niemals passieren dürfen!
Wie konnte der SternenClan nur so grausam sein!
Lucky zuckte zurück, als er Efeusees Reaktion auf seine Feststellung registrierte, doch er mühte sich darum, seine Furcht nicht zu zeigen.
Vergeblich.
Sein Angstgeruch lag Efeusee auf der Zunge, wie ein Stück Krähenfraß. Und sie konnte Krähenfraß nicht leiden.
Efeusee bleckte die Zähne und wandte sich von Lucky ab, „Wo geht es hier nach draußen...ich muss nachdenken" miaute sie und mühte sich darum, Ruhe zu bewahren. Ein Wutausbruch würde niemandem etwas nützen. Lucky schluckte und sah sie verängstigt, aber auch mitfühlend an, was Efeusees Zorn nur noch weiter anfocht. „Dort hinten ist die Katzenklappe.", miaute Lucky, „Falls du etwas brauchst, frag mich einfach." miaute er und stolzierte eilig davon. Efeusee sah ihm mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut nach. >>Von wegen! Als ob ich von einem Hauskätzchen Hilfe annehmen würde!<< dachte die und lief zu der Stelle, an der angeblich die Katzenklappe lag, von der Lucky gesprochen hatte. Mühsam zwängte sie sich hindurch, ihr angeschwollener Bauch behinderte sie dabei mehr, als sie es zunächst angenommen hatte. Ächzend zwängte sie sich hindurch und tappte anschließend hinaus auf eine kleine Rasenfläche, einige Blumen wuchsen darauf und die Sonne brachte einen kleinen Teich gegenüber vom Zweibeinerbau zum Leuchten. Langsam trabte Efeusee zum Teich hinüber. Denn Luckys Entsetzter Blick oder die Reaktion der anderen Katze hatte sie stutzig werden lassen: „Irgendwas ist mit mir passiert..." flüsterte sie leise, als die einen Blick in den Teich warf.

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Der Dunkle Pfad
AdventureWIRD AKTUELL ÜBERARBEITET!!! Der Wald der Finsternis kommt. Nichts wird uns vor der Dunkelheit retten können... Häherfeder, Löwenglut und Taubenpfote sind drei Katzen mit besonderen Gaben und dem Schicksal, die Clans am See vor den rachsüchtigen...