Der Dunkle Pfad

Misstrauen

Für ein paar Sekunden starrten Blumenfall und Efeusee sich nur stumm ins Gesicht, beide waren viel zu verblüfft den jeweils anderen zu sehen, um auch nur ein Wort herausbringen zu können. Blumenfall war die erste, die sich wieder aus ihrer Schockstarre lösen konnte, „Ich dachte du wärst tot.", miaute sie ehrlich überrascht. Efeusee erwiderte ihren Blick, „Wo bist du gewesen?", antwortete sie mit einer Gegenfrage. Dass Blumenfall einfach so wieder aus dem Nichts auftauchte, kam ihr doch ein wenig seltsam vor. Wo war die ehemalige DonnerClan Kriegerin gewesen, nachdem die Schlacht gegen ihren Geburtsclan verloren worden war?
Efeusee hatte Millies Tochter während des großen Kampfes nur einmal kurz im DonnerClan Lager gesehen, als sie Hummelstreif angegriffen hatte, auch im Heilerbau war sie angeblich gewesen. Doch die wichtigste Frage, wie und vorallem wann sie entkommen und wo sie dann hingegangen war, war noch immer ungeklärt und das machte die silbergraue misstrauisch. Tigerherz hatte die Augen ebenfalls zusammengekniffen, während Dunkelschweifs Schwanzspitze hin und her zuckte. Der Blick des Jungkaters wanderte ein wenig verwirrt, aber auch skeptisch zwischen allen anwesenden Katzen hin und her. „Ihr kennt euch." miaute er dann.
Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Blumenfall nickte Dunkelschweif zu, „Wir kennen uns.", bestätigte sie, „Und wer bist du überhaupt?"
Der dunkle Kater erwiderte ihren Blick, „ich heiße Dunkelschweif.", meinte er mit gelassener Stimme, was Blumenfall überrascht das Gesicht verziehen ließ. „Dein Name klingt wie der einer Clan Katze.", meinte sie langsam und sah den dunklen Kater scharf an.
Dunkelschweif hob eine Augenbraue, sagte aber zunächst nichts, weswegen Rotweide einen Schritt vortrat und Tigerherz etwas ins Ohr flüsterte. Der Tigerkater nickte seinem ehemaligen Clankameraden daraufhin dankend zu, beobachtete allerdings während des gesamten Gesprächs die ehemalige DonnerClan Kätzin aus dem Augenwinkel und ließ sie keinen Moment aus den Augen. Efeusee wartete hingegen gespannt, was als nächstes geschehen würde und es war wieder Blumenfall, die die Initiative ergriff und einen Schritt auf Dunkelschweif zugemachte.
„Bist du eine Clan Katze?" Fragte sie ihn mit einem scharfen Unterton in der Stimme, woraufhin Efeusee der ehemaligen DonnerClan Kätzin einen warnenden Blick zuwarf.
>>Er ist nicht unser Feind!<< rief sie ihrer Clan Gefährtin stumm zu, doch Blumenfall nahm sie nicht wahr. Ihr Blick war fest auf Dunkelschweif gerichtet, der sich nach wie vor nicht vom Fleck gerührt hatte und ihren Blick gelassen erwiderte.
„Ich war nie eine Clan Katze.", miaute er ruhig, „Aber du klingst so, als wärst du einmal eine gewesen." Efeusee war überrascht, wie ruhig Dunkelschweif in dieser angespannten Situation reagierte, denn sie wusste, wie furchteinflößend Blumenfall sein konnte, wenn sie das beabsichtigte. Blumenfall hielt dem Blick ihres Gegenübers noch kurz stand, dann sah sie weg. „Ich war eine Clan Katze.", miaute sie als Antwort und Efeusee glaubte, einen Tropfen Wehmut in ihrer Stimme zu erkennen. , „Aber jetzt nicht mehr." Brachte Blumenfall den Satz zu Ende und setzte wieder eine versteinerte Mine auf, während Tigerherz auf einmal einen Schritt vortrat, „Wir alle waren Clan Katzen, bis wir verstoßen wurden, Blumenfall!", erinnerte er die ehemalige DonnerClan Kriegerin an ihre Vergangenheit, Was diese jedoch nur mit einem verächtlichen Schnauben kommentierte. Dunkelschweif spitzte bei diesen Worten die Ohren, aber er schwieg und beobachtete nach wie vor Blumenfall. „Warum habt ihr mich angelogen?", fragte er dann.
Er sah niemanden an, aber Efeusee wusste, dass er mit ihr sprach. Sie war es ja auch gewesen, die ihm ihre wahren Namen nicht genannt hatte. „Wir sind unser ganzes Leben nur hintergangen und verraten worden.", begann sie zu erklären und zog so die Aufmerksamkeit von Dunkelschweif auf sich. „Wenn man immer verraten wird, dann wird man gegenüber Fremden schneller misstrauisch."
Der brennende Blick des schwarzen Streuners traf auf den Ihrenund löste in Efeusees Magen ein sehr unwohles Gefühl aus. Schnell schaute sie weg, spürte aber, dass Dunkelschweifs Blick noch immer auf ihr ruhte. Ihr war bei dem Blick des Katers sehr unwohl, nicht nur weil er so schlau und gerissen war, sondern weil es ihr immer so vorkam, als könnte Dunkelschweif durch seine Gesprächspartner hindurchsehen.
„Ihr wart nicht sicher, ob ihr mir trauen könnt.", stellte er fest. In Seiner Stimme schwang Enttäuschung mit, aber sie klang keinesfalls wütend oder frustriert. Dunkelschweif wandte den Blick von Efeusee ab und sah erst Tigerherz und dann Rotweide an, die beide seinen brennenden Blick erwiderten, ohne wegzusehen. Blumenfall, die immer noch an derselben Stelle stand, wie zuvor, ignorierte der Streuner. Dann drehte Dunkelschweif sich um und stolzierte davon. Niemand sagte auch nur ein einziges Wort, als der schwarze Streuner sich zwischen zwei Farnblättern hindurchschob und aus dem Blickfeld der finsteren Krieger verschwand. Efeusee sah ihm nach. >>Was ist mit unserem Plan?<< schoss es ihr durch den Kopf, >>Wenn Dunkelschweif uns verlässt, was tun wir dann?<<
Fieberhaft durchdachte Efeusee die Lage, doch Tigerherz unterbrach ihre Gedanken, indem er aufstand und ihr und Rotweide zunickte, „Ich laufe ihm nach." Miaute er grimmig und schob sich ebenfalls ins Dickicht. Efeusee sah ihm nach. >>Was erhofft er sich dadurch. Dunkelschweif ist wahrscheinlich schon auf dem Weg, sich von anderen Katzen Hilfe zu suchen, die ihm bei der Befreiung seiner Mutter helfen sollen.<< Sie lauschte in die Ferne, doch die Pfotenschritte von Tigerherz waren schon nicht mehr zu hören
Efeusee seufzte, sah kurz zu Blumenfall und dann in das Dornengestrüpp, in dem die beiden Katzen verschwunden waren.
>>Jetzt heißt es also warten...<<