Verzwickte Lage

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„Los jetzt!" Fauchte Gaia und stieß Lilienpfote grob in den Rücken. Die Schülerin stolperte gegen eine der Felswände der Tunnel und wäre beinahe gestürzt, erst im letzten Moment fing Wind die Donnerclan Kätzin auf. Der Kater warf der Streunerin einen wütenden Blick zu und murmelte Lilienpfote einige beruhigende Worte zu, während sie sich ebenso hastig bedankte.
Die Worte des Katers nahm die Schülerin jedoch kaum wahr, ihre Gedanken waren nach dem Gespräch mit Efeusee noch immer völlig durcheinander. In diesem Gespräch war so viel passiert, Efeusee hatte so viel erzählt, dass Lilienpfote allein bei dem Gedanken daran ganz schwindelig wurde.
Nur am Rande nahm sie wahr, wie sie und Wind ihr Gefängnis erreichten, die Höhle, in der sie erst vor kurzem aufgewacht war.
Ihre Gedanken schweiften wieder zu Efeusee ab, während Gaia von der Dunkelheit verschluckt wurde, die Schritte der Streunerin verhallten in der Ferne, kurze Zeit später war es wieder vollkommen still.
Das Gespräch mit der ehemaligen Donnerclan Kätzin hatte eigentlich relativ harmlos begonnen. Efeusee hatte von ihrer Zeit als Junges berichtet und von Taubenflugs Entdeckung mit den Bibern kurz nach der Ernennung zur Schülerin. Diese Geschichte hatte Lilienpfote tatsächlich schon von den Erzählungen der Ältesten gekannt. „Als sie wiederkamen, war ich echt enttäuscht und auch ein bisschen wütend auf Taubenflug.", hatte Efeusee erzählt, „Sie hat schließlich den See gerettet, während ich im DonnerClan Lager Nester wechseln und die Ältesten von Zecken befreien musste. Schon ein wenig unfair, nicht wahr?"
Es war durchaus ein wenig merkwürdig, das musste Lilienpfote zugeben. Einer der Ältesten hatte ihr berichtet, dass Taubenpfote die einzige Schülerin gewesen war, die diese Mission begleitet hatte. Und die Mission hatte in ihren Erzählungen durchaus gefährlich auf sie gewirkt, schließlich war ein FlussClan Kater damals gestorben. Ein wenig zu gefährlich für eine unerfahrene Schülerin, erst recht für eine gerade eben erst ernannte Taubenflug.

Efeusee hatte anschließend berichtet, warum sie sich dem Wald der Finsternis angeschlossen hatte. Sie hatte sich vernachlässigt und allein gefühlt, hauptsächlich wegen Taubenflug und Weißflug. Efeusee Mutter hatte meistens ihre Zeit mit Taubenflug verbracht und immer wieder wiederholt, wie stolz sie auf ihre Tochter wegen der Sache mit den Bibern war. „Sie hat ständig allen davon erzählt", hatte Efeusee genervt berichtet. „Und Taubenflug ist ständig irgendwo anders gewesen, entweder bei Löwenglut oder bei Häherfeder, meistens bei beiden."
Lilienpfote konnte Efeusees Eifersucht und Enttäuschung gut nachvollziehen, vermutlich wäre sie auch eifersüchtig geworden, wenn man sie ignoriert und Saatpfote so behandelt werden würde. >>Aber würde ich mich dann dem Wald der Finsternis anschließen? << fragte sich die Schülerin. Denn genau das war der silbergrauen widerfahren.
Efeusee Eifersucht hatte dazu geführt, dass sie sich Tigersterns Kriegern angeschlossen hatte.

Efeusee hatte erzählt, dass sie sich dort zum ersten Mal seit vielen Monden zu Hause gefühlt hatte. „Die Finsteren Krieger, allen voran Habichtfrost und Silberhabicht haben sich um mich gekümmert", erinnerte die Schülerin sich an die Worte der ehemaligen DonnerClan Kätzin. „In gewisser Weise waren sie meine Familie"
Lilienpfote kannte Habichtfrost aus den Erzählungen der Ältesten, angeblich hatte er versucht Feuerstern, Brombeersterns Vorgänger zu ermorden, was Brombeerstern jedoch im letzten Moment noch verhindert hatte. Den Namen Silberhabicht kannte sie nicht. Sie wusste nur, dass er Efeusees Mentor im Wald der Finsternis geworden war. „Er war wie ein Vater für mich...", hatte die silbergraue erzählt. Sie nahm sich vor, wenn sie wieder im DonnerClan Lager war, jemanden nach Silberhabicht zu fragen. Denn Lilienpfote war durchaus neugierig, was Efeusee alles im Wald der Finsternis erlebt hatte, was sie dazu gebracht hatte, sich dem Wald der Finsternis anzuschließen.
>>Falls ich jemals wieder zurückkomme << dachte sie, legte den Kopf auf ihre Vorderpfote und seufzte tief.
Ihre Gedanken wanderten wieder zu Efeusees Bericht.

Die silbergraue hatte erzählt, wie sie sich in Windpelz verliebt hatte, einen WindClan Kater, der ebenfalls ein Teil des Waldes der Finsternis gewesen war. „Wir haben zusammen trainiert und entwickelten Gefühle füreinander. Wir wussten beide, dass eine Beziehung zwischen Katzen aus unterschiedlichen Clans verboten ist. Aber wir haben uns gefragt, wieso das so ist..." hatte Efeusee erzählt. Bei diesen Worten hatte auch der eher schweigsame Dunkelschweif etwas hinzugefügt. „Liebe hat sehr viel mit Schicksal zu tun. Wenn zwei Katzen sich mögen, dann will das Schicksal, dass das geschieht. Liebe ist ein vorherbestimmtes Schicksal."
Die Aussage des Streuneranführers klang in ihren Ohren schon vernünftig, >>Aber es gibt bestimmt einen Grund, dass es verboten ist<< sagte sie sich selbst. >>Vielleicht eine tragische Geschichte...Wer weiß das schon... ich denke ich werde die Ältesten fragen<<
Beim Gedanken an den DonnerClan wurde ihr das Herz ganz schwer.
>>Was sie wohl gerade tun? Ob sie nach mir suchen? <<

Ein Stoß gegen ihre Schulter riss die Schülerin aus ihren wirren Gedanken.
Wind hatte sie angestupst und blickte sie fragend an. Im Zwielicht der Höhle konnte Lilienpfote nur seine bernsteinfarbenen Augen und die Umrisse des Jungkaters erkennen, die sie anfunkelten. „Bist du eingeschlafen?", murrte der Jungkater verärgert. „Nein...", erwiderte die Schülerin zögernd, „Ich brauche...nur etwas Zeit zum Nachdenken..." „Wegen dem was meine...", Wind unterbrach sich kurz, „Efeusee gesagt hat. Und Dunkelschweif"" brachte er seine Vermutung dann zu Ende. Lilienpfote nickte nur. „Die Sachen die sie gesagt hat...", miaute sie unsicher, „Ich habe keine Ahnung, was ich davon halten soll". Ihre Stimme klang ein wenig verzweifelt. Wind runzelte die Stirn. „Du brauchst Zeit für dich selbst", meinte er. Es war eine eindeutige Feststellung und Lilienpfote war ihm dafür sehr dankbar. Also nickte sie. „Ja..." fügte sie noch hinzu. Der Jungkater nickte, „Wenn ich dir helfen kann"; bot er an, „Lass es mich wissen". Mit diesen Worten verschwand Wind in der Dunkelheit, Lilienpfote erkannte seine Silhouette, die sich in ein Nest legte.
Sie selbst versank wieder in ihren Gedanken, während sie sich in ihr eigenes Nest zurückzog.
Sie hatte nicht bemerkt, dass Wind sich beinahe verplappert hätte.


Lilienpfote erinnerte sich sehr gut an den nächsten Teil des Gesprächs, nämlich die Geschichte von Distelblatt, der Schwester von Löwenglut und Häherfeder, die nach ihrem Tod in den Wald der Finsternis gekommen war.
Zu Unrecht, wie Efeusee behauptet hatte. „Sie hat etwas schreckliches getan, das stimmt", hatte die silbergraue zugegeben, „Aber sie tat es, um den DonnerClan zu retten. Und damit hatte sie auch Erfolg, sie hat ihren Clan gerettet. Und dennoch wurde sie nach ihrem Tod für ihr restliches Nachleben bestraft." Lilienpfote hatte nachgefragt, was Distelblatt denn genau getan hatte, Efeusee hatte jedoch nicht darauf geantwortet. >>Vielleicht war es ein wirklich schlimmes Verbrechen. << sagte sie sich selbst. Bei diesem Gedanken lief ihr ein kalter Schauer den Rücken hinab.
Sie nahm sich vor, die beiden Brüder zu fragen. Löwenglut und Häherfeder wusste bestimmt Bescheid über ihre Schwester. >>Und darüber, was sie getan hat. Puuh so viele Fragen...<<
Bei diesen vielen offenen Fragen, die die Schülerin nun hatte, wurde ihr ein bisschen schwindelig, vor lauter Nachdenken, grübeln und Kopfzerbrechen.

Mit einem unwohlen Gefühl im Bauch dachte die Schülerin an den nächsten Teil der Erzählung.
„Taubenflug hat mich Monatelang belogen", hatte die silbergraue Kätzin anschließend erzählt, „Sie war Teil einer Prophezeiung. Und das hat sie ihrer eigenen Schwester verheimlicht...Sie hat mir nicht vertraut und mich angelogen. Mehr als einmal."
Lilienpfote schluckte. Einerseits konnte sie Efeusee schon verstehen, die silbergraue war frustriert gewesen, weil Taubenflug sie angelogen hatte, weil sie ihrer eigenen Schwester nicht vertraut hatte. >>Wenn Saatpfote mich belügen würde, wäre ich vermutlich auch beleidigt. Wütend. << dachte sie. Die Vorstellung, dass ihre eigene Schwester Geheimnisse vor ihr haben könnte, sorgten dafür, dass sich das unwohle Gefühl im Bauch der Schülerin noch verstärkte.
Dann fiel Lilienpfote noch etwas anderes ein.
Vielleicht war diese Prophezeiung wichtig gewesen, zu wichtig, um Efeusee einzuweihen. >>Es ging bestimmt um den Wald der Finsternis<<, dachte die Schülerin. Lilienpfote seufzte tief, ihre Gedanken wanderten zur Erzählung um den großen Kampf.

In der großen Schlacht gegen den Wald der Finsternis hatten sich die beiden Schwestern auf unterschiedlichen Seiten wiedergefunden. Taubenflug hatte natürlich für den DonnerClan gekämpft und Efeusee für den Wald der Finsternis. Die beiden hatten auch gegeneinander gekämpft, dass hatte die silbergraue ebenfalls erzählt.
„Und dann hat Löwenglut Windpelz umgebracht", erinnerte sich die Schülerin an die darauffolgenden Worte der finsteren Kriegerin. Wieder einmal jagte ihr ein eiskalter Schauer den Rücken hinab.
>>Löwenglut hat eine Katze umgebracht? << fragte sie sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Sie hatte ziemlich bestürzt auf diesen Bericht reagiert.
„Er hat sich auf meinen Gefährten gestürzt und ihm das Genick gebrochen... Als ob er noch nie etwas vom Gesetz der Krieger gehört hätte...Echte Krieger töten doch nur, wenn sie nicht anders können. Löwenglut hat das aber nicht interessiert. Er hat ihn trotzdem umgebracht". Das waren Efeusee Worte gewesen, Schmerz hatte ihre Stimme erfüllt, während sie davon erzählt hatte, aber auch Zorn und Verachtung waren darin gewesen.
Sie hatte Löwenglut als einen blutrünstigen Mörder beschrieben.
Und genau das war es, was Lilienpfote nicht verstand. Löwenglut war für sie eine ganz andere Katze. Furchtlos ja und auch treu und mutig, aber doch nicht blutrünstig.
Entweder hatte Efeusee sie angelogen oder Löwenglut war tatsächlich nicht die Katze, für die Lilienpfote ihn gehalten hatte.
>>Das ist alles so verzwickt. Ich kenne beide Seiten der Geschichte, die eine von Efeusee, die andere von den DonnerClan Katzen, << dachte Lilienpfote fast ein wenig verzweifelt, >>Ich kann beide Seiten verstehen. Und jetzt habe ich keine Ahnung, welche Version ich glauben soll<< Ein leises Wimmern entfuhr der Schülerin, >>Ach SternenClan, ich wünschte du könntest mir helfen. <<

Nach dem großen Kampf war Efeusee anschließend geflüchtet und hatte mit einigen Mitstreitern dann Dunkelschweif gefunden. Mit ihm und den Streunern war Efeusee dann zum See zurückgekehrt. „Warum seid ihr wiedergekommen?" hatte Lilienpfote die silbergraue beim Gespräch gefragt. „Rache", hatte Efeusee geantwortet. „Wir alle haben etwas, das uns antreibt. Wir alle wurden ungerecht behandelt und wollen Wiedergutmachung"
Danach hatte sie das Gespräch ohne ein weiteres Wort beendet und hatte Lilienpfote hinausgeschickt.

Plötzlich stieß ihr wieder jemand gegen die Schulter und riss sie wieder aus ihren Gedanken. Wind stand neben ihrem Nest. „Bist du wach?", zischte er leise. Lilienpfote war erst ein wenig verwirrt, dann nickte sie hastig und erhob sich. „Was ist denn los?", fragte sie ihn. Der Blick des Katers war vollkommen ernst. „Ich glaube ich habe eine Idee, wie wir hier rauskommen...Also aus den Tunneln meine ich.", erzählte er. Die Augen der Schülerin wurden bei diesen Worten immer größer. „Was? Wie?", stotterte Lilienpfote. Wind verdrehte die Augen. „Ich habe ziemlich lange darüber nachgedacht, hin und herüberlegt. Vorhin, als wir wieder zurückgekommen sind, habe ich aus einem der Tunnel einen Luftzug gespürt. Es ist gut möglich, dass dieser Seitengang an die Oberfläche führt." Lilienpfote begutachtete den Jungkater etwas skeptisch. „Gut möglich?", wiederholte sie dessen Worte. >>Er macht das an einer Vermutung fest? Das kann ja nur schiefgehen<<
Wind nickte, „Ja. Es ist nichts weiter als eine Möglichkeit, die wir überprüfen sollten. Du willst doch auch hier weg oder etwa nicht?", miaute er drängend, seine Stimme hatte einen harschen Unterton. Lilienpfote nickte schnell. „Natürlich will ich hier weg...", setzte sie an, wurde jedoch von Wind unterbrochen, ehe sie ihre Bedenken äußern konnte, „Sehr gut", miaute der Kater, „Dann sind wir uns ja einig." Wind machte einen Schritt in Richtung Ausgang. „Kommst du?" Lilienpfote schüttelte den Kopf, „Warte doch mal", meinte sie hastig, ehe Wind die Höhle verlassen konnte, „Was, wenn Dunkelschweif und Efeusee Wachen aufgestellt haben? Und was ist, wenn wir uns verlaufen?" Ihre Stimme klang ein wenig gereizt, der Stress der vergangenen Tage saß ihr tief in den Knochen. Wind verdrehte erneut die Augen. „Die Wachen riechen wir frühzeitig und dann können wir immer noch umkehren", meinte er, „Und wir können hier nicht ewig rumsitzen, nichts tun und darauf warten, bis sie uns auch zu Tode foltern. Da werde ich wahnsinnig." Lilienpfote überlegte. Wind hatte schon Recht, dennoch war ihr äußerst unwohl bei dem Gedanken, diesen Versuch zu starten. >>Aber gefoltert werden will ich erst recht nicht. Und ich will endlich nach Hause. Ich brauche Antworten! <<
Sie hatte ihre Entscheidung getroffen. „Du hast recht, Wind. Wir müssen etwas unternehmen." Wind nickte. „Danke Lilienpfote", miaute er, seine Stimme klang erleichtert. „Dann lass uns gehen"

Lilienpfote nickte nur, „Du geht's vor", miaute sie angespannt. Wind drehte sich wortlos um und marschierte in den Gang hinein, der in Richtung von Dunkelschweifs Streunerlager führte.
Schon nach wenigen Schritten kamen die beiden Jungkatzen an eine Abzweigung. Ein Gang führte nach rechts und fiel relativ steil ab, während der linke leicht anstieg. Wind wählte, ohne zu zögern den linken Gang. >>Daran erinnere ich mich auch noch<< dachte Lilienpfote, während sie ihrem Freund folgte, >>Die Abzweigung hat er auch beim ersten Mal genommen, als diese Gaia uns abgeholt hat<<
Wind bog anschließend um eine Ecke und blieb dann vor einer weiteren Abzweigung schließlich stehen. Etwas verwundert hielt Lilienpfote neben ihm an, ihr Blick fiel auf drei Tunneleingänge vor ihr. Die Schülerin glaubte sich daran zu erinnern, dass sie beim ersten Mal durch den mittleren gegangen waren. Dieses Mal konzentrierte sich Wind jedoch auf den rechten, den schmälsten der dreien, der zudem noch leicht nach unten abzufallen schien.
Er prüfte die Luft und schloss die Augen. Nach einer Weile, in denen er geschwiegen hatte, öffnete er sie wieder.
„Der hier ist es", meinte der Jungkater leise. „Da habe ich den Luftzug gespürt" Lilienpfote blickte ihn kurz an, „Und du bist dir wirklich sicher, dass du dir das nicht eingebildet hast?", hakte sie nochmals nach. >>Das ist ein großes Risiko. Sollen wir es wirklich wagen? << ihr lief ein Schauder den Rücken hinab. Wind verdrehte die Augen. „Ich bin mir sicher, Lilienpfote.", miaute er leise, aber entschlossener denn je, „Los komm jetzt. Ich kann jemanden ganz in der Nähe riechen. Wahrscheinlich Gaia." Lilienpfote prüfte rasch die Luft und stellte fest, dass er Recht hatte. Der Geruch der Streunerin lag definitiv in der Luft. „Dann los", hauchte sie. >>Risiko hin oder her ich muss hier weg. Ich halte es hier unten nicht mehr aus<<

Wind marschierte also in den schmalen Gang hinein, quetschte sich an zwei Felsen vorbei und kletterte einen steinigen Pfad hinab. Lilienpfote folgte ihm mit vorsichtigen Schritten, die Augen stets auf den Boden gerichtet. Ein Stein schnitt ihr schmerzhaft in den Ballen, sodass sie einen schmerzerfüllten Aufschrei unterdrücken musste. Unbeirrt humpelte sie weiter. Für einige Zeit führte der schmale Gang weiter nach unten, doch dann machte er eine abrupte Biegung nach links und begann wieder anzusteigen. Und als Lilienpfote die Luft prüfte, erkannte sie tatsächlich einen leichten Hauch von frischer Luft, der sich in unter die stickige Tunnelluft gemischt hatte.
Hoffnung keimte in der Schülerin auf. >>Vielleicht war es das Risiko wert...<< dachte sie, während der Tunnel erneut eine Biegung machte.
Vor den beiden tat sich nun eine weitere Felsspalte auf, gerade breit genug für einen Schüler in Lilienpfotes Alter.
Links führte ein Gang weiter nach unten, an diesem Weg lief Wind jedoch einfach schnurstracks vorbei, während sich mit einem lauten Grunzen durch die Felsspalte hindurchschob.
„Los komm", drängte der Jungkater, „hinter der Spalte sind wir sicher. Die Streuner passen da nicht durch, weil sie so schmal ist. Zu schmal für ausgewachsene Katzen". Die Schülerin nickte und schob sich ebenfalls durch die Spalte hindurch. Sie war zwar eng, aber gerade breit genug für die DonnerClan Kätzin. Auf der anderen Seite angekommen blieb sie hinter Wind stehen, der sie über seine Schulter hinweg ansah. Er wirkte zufrieden.
„Sieh mal", miaute er. Lilienpfote blickte über Winds Schultern hinüber und sah, wie der Gang nun wieder breiter wurde und sich in kleinen Kurven weiter nach oben schlängelte. Am anderen Ende des Ganges schien es zudem heller zu werden. Wind grinste, „Ich habs doch gesagt.", meinte er triumphierend, „Los komm." Lilienpfote lachte laut auf und quetschte sich an Wind vorbei. „Wer zuerst draußen ist", lachte sie und lief mit schnellen Schritten den steinigen Weg entlang auf den Ausgang zu. Die Schmerzen in ihrem Verletzen Ballen ignorierte sie, die Euphorie ließ sie jede Vorsicht vergessen. Wind folgte ihr mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Gemeinsam liefen die beiden ihrer Freiheit entgegen.

Lilienpfotes Schritte beschleunigten sich immer mehr und als sie um eine letzte Biegung stürmte, war dort tatsächlich Tageslicht zu sehen, dass in den Tunnel hineinfiel. Lilienpfote kam mit rutschenden Pfoten stehen und hob den Kopf. >>Das Licht kommt von oben<< dachte sie. Sie konnte durch die Wurzeln eines Baumes hindurch den blauen Himmel sehen. Allerdings waren diese sehr eng miteinander verwurzelt, selbst die größte Lücke schien erschreckend klein zu sein. Lilienpfotes Euphorie verschwand, versickerte im Boden unter ihren Pfoten. Wind blieb neben ihr stehen und hob ebenfalls den Kopf. „Das ist verflucht eng", meinte er, „Meinst du wir passen da durch?" Lilienpfote seufzte, „Hoffen wirs", miaute sie leise, „Da hinten fällt der Tunnel wieder steil ab, da geht es sicher nicht nach draußen." Wind nickte zustimmend, dann spannte der Jungkater die Beine an und sprang nach oben. Er versuchte seine Krallen in die Wurzeln zu bohren, scheiterte jedoch und kam wieder auf dem Boden auf. Einige Rindenstückchen regneten auf Lilienpfote herab. Wind ließ sich von dem Fehlschlag nicht beirren, sondern versuchte es einfach erneut. Dieses Mal schaffte er es tatsächlich sich festzukrallen, rutschte allerdings mit einer Pfote ab, sodass er sich nur noch mit einer Vorderpfote oben halten konnte.
Lilienpfote hielt den Atem an. Dann ertönte ein hässliches Knacken, als die Wurzel auseinanderbrach und Wind zu Boden stürzte. Mit einem harten Aufprall landete der Jungkater auf dem Boden und stieß einen lauten Schmerzensschrei aus. Lilienpfote keuchte entsetzt auf und kauerte sich neben ihrem Freund auf den Boden. „Alles in Ordnung?", fragte sie, während Wind leise vor sich hinstöhnte, „Keine...Luft", keuchte er. „Kann ich irgendwas tun?", fragte die Schülerin hektisch, Wind schüttelte jedoch den Kopf. „Geht schon...Muss... Nur erholen", keuchte er mit gepresster Stimme. Lilienpfote nickte nur, während ihr Freund langsam wieder zu Atem kam. Der Aufprall hatte ihm wohl nur alle Luft aus dem Körper gepresst und ihn nicht schlimmer verletzt.

Da es Wind wieder besser zu gehen schien, wanderte Lilienpfotes Blick nun nach oben zu dem Wurzelwerk. Winds Krallen hatten ein morsches Stück Holz aus dem Geflecht gerissen und so war eine etwas größere Lücke entstanden. „Die ist groß genug für mich...", murmelte die Schülerin. Ihre Gedanken rasten wie verrückt.
>>Soll ich es versuchen? << dachte sie. >>Soll ich auch mal hochspringen? Nein die Wurzeln könnten morsch sein...<< unsicher starrte Lilienpfote nach oben. Dann nahm sie allen Mut zusammen, den sie noch hatte, der Gedanke an ihr Zuhause sorgte dafür, dass Adrenalin durch ihre Adern schoss.
Lilienpfote spannte alle Muskeln an und sprang nach oben. Sie sah, wie das Wurzelgeflecht näherkam, streckte ihre Pfoten danach aus und krallte sich dann daran fest. Sie hörte ein Knacken, als sie sich versuchte, an der Wurzel hochzuziehen. Lilienpfote schaffte es unter höchster Anstrengung eines ihrer Hinterbeine auf eine der Wurzeln zu hieven, die mit einem lauten Knacken protestierte. Das ganze Geflecht bog sich unter dem Gewicht der Schülerin. Lilienpfote spannte ein letztes Mal ihre Muskeln an und stieß sich ab, gleichzeitig zerbrach die Wurzel auf der sie gestanden hatte und flog nach unten in den dunklen Gang. Lilienpfote spürte, wie sie durch die Luft flog. Als nächstes spürte sie, wie sie unsanft auf einer weichen Oberfläche landete. Lilienpfotes Bein prallte gegen etwas hartes, während sie noch ein Stückchen weiterrutschte und dann still liegen blieb. Der Geruch von Tannennadeln kroch ihr in die Nase, während sie sich aufrappelte und den Kopf schüttelte. Das Bein der Schülerin schmerzte, sodass sie die Augen schmerzerfüllt zusammenkniff, ihre Brust hob und senkte sich rasend schnell.
Dann wurde Lilienpfote von purer Freude überwältigt und sie stieß einen gedämpften Jubelschrei aus.
Sie hatte es geschafft.
Sie war entkommen.
Wind hatte Recht gehabt!
>>Wind! << Der Jungkater kam ihr im selben Moment wieder in den Sinn. Er saß ja noch immer da unten im Loch fest.
So schnell wie möglich rappelte die DonnerClan Kätzin sich wieder auf und blickte sich nach dem Loch um. Es dauerte nur wenige Herzschläge, bis sie den Eingang in den dunklen Gang gefunden hatte. Langsam nährte sich Lilienpfote dem Rand und starrte von oben hinab in die Dunkelheit. „Wind?", miaute sie, „ich habs geschafft. Ich bin oben" Zwei Bernsteinfarbene Augen starrten sie aus der Dunkelheit heraus an. „Großartig, habe ich gesehen. Beeindruckender Sprung". In Winds Stimme klang ehrlich beeindruckt, „Kannst du mir jetzt helfen?" fragte er. Die Schülerin nickte. „Ja klar. Gibt es noch eine Wurzel, an der du dich festhalten..."

„Was im Namen des SternenClans geht hier vor?"
Lilienpfote wirbelte herum, Ihr Blick bohrte sich in den einer anderen Katze. Sie hatte den Kater, der da vor ihr stand, bisher nur einmal gesehen, das war bei ihrer ersten großen Versammlung gewesen.
Erst jetzt nahm Lilienpfote den intensiven SchattenClan Geruch wahr, der sie umgab.
>>Und ich dachte noch, dass jetzt alles gut wird... großartig. Es kann nicht mehr schlimmer werden<<

„Also", knurrte Schwarzstern die Schülerin an, die ängstlich den Kopf einzog, „Du hast mir eine Menge zu erklären. Zum Beispiel, was eine DonnerClan Schülerin auf unserer Seite der Grenze zu suchen hat!"





Hallo meine Leser.
Zum Start in die neue Woche habe ich hier ein neues, etwas längeres Kapitel für euch. Ich hoffe es gefällt euch, wie immer freue ich mich über positives und auch über negative Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge. Alles immer her damit ;)
Ich versuche ab jetzt regelmäßiger ein neues Kapitel hochzuladen. Geplant ist, dass es ab sofort immer Sonntags neue Kapis gibt, ich hoffe, dass mir mein Job da keinen Strich durch die Rechnung macht. Naja, wird schon gutgehen xD
Liebe Grüße an euch, ihr seid die Besten :P
Dunkelpelz

Der Dunkle PfadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt