Der Dunkle Pfad

Drohende Gefahr

Als Efeusee die Augen aufschlug, war die Sonne bereits aufgegangen und auf der Lichtung herrschte reges Treiben. Aber das alles kümmerte Efeusee nicht im Geringsten. Ihre Gedanken waren noch immer beim Pfad der Gefallenen und ihrem Treueschwur für den Wald der Finsternis und als sie in ihrem Nest liegend an diesen Moment zurückdachte, musste sie unwillkürlich lächeln. Es war ein gutes Gefühl, endlich dazuzugehören, Teil von etwas Größerem zu sein. Efeusee legte ihren Kopf auf ihre Pfoten und starrte hinaus auf die Lichtung des DonnerClan Lagers. Alles schien so friedlich zu sein, keiner ahnte, dass sich in ein paar Tagen alles verändern würde. Dann roch sie die Katzen. Feuerstern preschte ins Lager, dicht gefolgt von Häherfeder, Löwenglut und Taubenflug, die sich immer wieder ängstlich und wachsam umsahen, als würde etwas oder jemand sie verfolgen. Zorn überkam Efeusee, als sie die vier Katzen bemerkten und sie fletschte die Zähne >>Bald wirst du deine Rache bekommen<<. Plötzlich hallten Silberhabichts Worte in ihrem Kopf wider, was Efeusees Wut nur noch mehr steigerte. Sie erhob sich auf die Pfoten und blieb im Eingang des Kriegerbaus stehen, als Feuerstern die Stimme erhob: „Ein Kampf steht kurz bevor" rief er mit lauter Stimme und lief mit schnellen Schritten in Richtung der Hochnase. Auf der Lichtung erhoben sich verwirrte und verängstigte Stimmen. „Was den für ein Kampf?". Borkenpelz war der erste, der jene Frage aussprach, die allen Katzen ins Gesicht geschrieben stand. „Gegen wen kämpfen wir?", Dornenkralle war vor die Hochnase getreten und fixierte Feuerstern, der dort oben kauerte, als würde er sich gleich auf einen unsichtbaren Feind stürzen wollen. Und plötzlich verstand Efeusee: >>Er will den DonnerClan auf den Angriff vorbereiten. <<, dachte sie erschrocken. In der Zwischenzeit hatte Feuersten den Clan mit einem lauten Jaulen zusammengerufen und der Anführer ließ seinen brennenden Blick nun über seine Katzen wandern. „Uns droht eine entsetzliche Gefahr...", begann er, „Eine noch nie dagewesene Bedrohung hat den See und alle Clans erreicht." Totenstille lag auf einmal auf der Lichtung und drohte Efeusee zu erdrücken, sie konnte kaum atmen. >>Alles geht schief! Wenn sie die Clan Katzen jetzt warnen, dann ist unser Überraschungsmoment verloren...<<. Ihr wurde mit einem Mal speiübel. „Aber was ist das für eine Bedrohung?", klage Mausefell vom Bau der Ältesten und schmiegte sich eng an den ehemaligen Einzelläufer Charly. „Gegen wen müssen wir kämpfen?", kam es von Beerennase. Feuerstern brachte die Katzen mit einem Schwanzschnippen zum Schweigen, „Die Gefahr droht von den bereits verstorbenen Katzen, aber auch von den Lebenden.", miaute er mit donnernder Stimme, „Die Krieger aus dem Wald der Finsternis haben geschworen, die Clans zu vernichten." Entsetztes Gemurmel breitete sich auf der Lichtung aus, ängstliche Blicke wurden gewechselt. Und obwohl Efeusee entsetzt darüber war, dass der DonnerClan nun über die Bedrohung Bescheid wusste, war sie doch zufrieden als ihr der strenge Angstgeruch der DonnerClan Krieger in die Nase stieg. >>Sollen sie sich doch fürchten<<, dachte sie verächtlich, >>Das macht sie schwächer. Und uns stärker! <<
„Aber wie können die Toten uns Schaden?", krächzte Mausefell. Efeusee fiel plötzlich Blumenfall ins Auge, die etwas abseits der Katzen im Schatten der Lichtung kauerte. Der Blick der Kriegerin war voller Verachtung auf ihre Mutter Millie gerichtet, die neben Wurzellicht auf der Lichtung kauerte und mit ängstlich geweiteten Augen zur Hochnase hinaufstarrte. Auf Efeusees Gesicht machte sich ein Lächeln breit. Offensichtlich stand sie nicht als einzige Kriegerin des DonnerClans auf der Seite des Waldes der Finsternis. „Ihr habt alle die Gerüche gewittert.", miaute Feuerstern laut und riss Efeusee damit aus ihrem finsteren Gedanken, „Ihr alle habt die Pfotenabrücke im Wald gesehen, die nicht zu den Kriegern des DonnerClans gehören!" Borkenpelz trat einen Schritt vor und starrte zur Hochnase hinauf, „Woher willst du wissen, dass das keine Streuner waren?", fragte er mit lauter Stimme. Feuerstern erwiderte den Blick seines Kriegers mit unbewegter Miene „Hast du Tigersterns Geruch vergessen, Borkenpelz".

Als der getigerte Kater zu Boden blickte, wurde Efeusee bewusst, dass der Anführer damit einen wunden Punkt getroffen hatte, „Ich dachte...Ich hätte mir das bloß eingebildet!", murmelte er leise. Feuerstern wandte seinen Blick von Borkenpelz ab und ließ ihn über seine Katzen schweifen. „Ein Kampf steht bevor, den wir gewinnen müssen. Die Krieger aus dem Wald der Finsternis sind bereits tot. Sie werden von Wut, Verachtung und Rachegedanken angetrieben, und gerade das macht sie so gefährlich." Er hielt inne, sein Schweif peitschte angespannt hin und her. Erneut legte sich eine erdrückende Stille über die Lichtung, die nur vom leisen Vogelzwitschern unterbrochen wurde. „Aber wir", fuhr Feuerstern fort, „Wir werden von der Hoffnung angetrieben. Wir kämpfen um unser Leben, um unseren Clan, unsere Jungen und das Gesetz der Krieger zu verteidigen. Und deshalb werden wir diese Schlacht gewinnen!" Während vereinzelte Jubelrufe über die Lichtung hallten, und sich die Spannung langsam wieder löste, hätte Efeusee fast vor Verachtung laut geknurrt. >>Das Gesetz der Krieger<<, dachte sie voller Verachtung und Wut, >>Was bringt denn ein Gesetz, dass nicht einmal den Frieden zwischen den Clans bewahren kann! <<. Mohnfrost war aufgesprungen „Wir werden sie besiegen!" „Ich werde jeden einzelnen Krieger der Finsternis zerfetzen!", rief Kirschpfote und bearbeite mit ihren Krallen den harten Untergrund. Feuerstern nickte, „Gut gesprochen, Kirschpfote, aber es wird noch ein langer Weg für uns zu gehen sein, bevor wir bereit sind, es mit den finsteren Kriegern aufzunehmen. Wir werden jeden Tag mehrmals für den Kampf trainieren, der uns bevorsteht. Löwenglut und Brombeerkralle werden das Training leiten!" Er nickte den beiden Kriegern zu, die den Blick des Anführers erwiderten >>natürlich Löwenglut<<, dachte Efeusee verächtlich, >>Wer auch sonst<<. Feuersterns Krallen kratzten über den glatten Stein, als er sich hoch aufrichtete und auf die DonnerClan Katzen herabblickte, die ihn furchtsam anstarrten. „Fangen wir an zu trainieren. Damit wir die kommende Schlacht gewinnen!" Zustimmende Rufe erklangen auf der Lichtung, als der Anführer von der Hochnase sprang und sich unter die Katzen mischte. Efeusee blieb wie angewurzelt stehen und beobachtete die Krieger mit zusammengekniffenen Augen. Ihr fiel Blumenfall ins Auge, die nicht in den Chor miteinstimmte, sondern nur grimmig vor sich hinbrütete. Auch Rußherz jubelte nicht, Efeusees ehemalige Mentorin hatte die Augen zusammengekniffen und schien angestrengt nachzudenken. Auf Efeusees Gesicht breitete sich ein Grinsen aus: >>Sie wissen zwar Bescheid<<, dachte sie entschlossen, >>Aber sie haben keine Ahnung, was sie erwartet! <<. In ihre Gedanken vertieft, bekam Efeusee nur am Rande mit, dass Feuerstern von der Hochnase gesprungen war und sich nun unter die Katzenmenge gemischt hatte, die den Anführer sogleich mit Fragen überschüttete.
„Efeusee?", heißer Zorn überkam Efeusee, als sie die Worte der ihr so bekannten Stimme hörte. Taubenflug kam, mit Hummelstreif und Mausbart im Schlepptau, auf sie zugelaufen und blickte sie fröhlich an. Efeusee erwiderte den freundlichen Blick ihrer Schwester nicht. „Hast du vielleicht Lust mit uns zu trainieren?", fragte ihre Schwester. Die silbergraue Kriegerin seufzte, eigentlich hatte sie keine Lust etwas gemeinsam mit Taubenflug zu unternehmen. >>Sie geht mir sowieso immer auf die Nerven<<, dachte sie, wobei sie sich bemühte, ihre Verachtung nach außen hin nicht zu zeigen. Efeusee überlegte, >>Ich muss meine Tarnung aufrecht erhalten<<, beschloss sie dann und wandte sich Taubenflug zu, „Geht schon mal vor", miaute sie und täuschte ein Gähnen vor, „Ich werde nachkommen." Taubenflug blinzelte, nickte dann aber erfreut, „Dann bis später", miaute Hummelstreif, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte in Richtung Dornentunnel, die anderen folgten ihm. Nachdenklich blickte Efeusee den dreien nach, bevor sie zum Frischbeutehaufen schlenderte, um sich ein Stück Beute zu nehmen.