Der Dunkle Pfad

Das Ende?

Taubenflug stand auf der Blutbefleckten Lichtung und sah sich mit angstgeweiteten Augen um. Entsetzt bemerkte sie die verwundeten Katzen um sie herum. >>Was ist hier nur passiert. Was ist das hier. Der Kampf war doch vorbei?!<< entsetzt taumelte sie zu Birkenfall hinüber, der in einer Blutlache lag und sich nicht bewegte. Tränen rollten Taubenflug übers Gesicht: „Nein, nein, Nein!", würgte sie. Sie wollte das nicht nochmal erleben müssen. Plötzlich hob Birkenfall seinen Kopf und starrte sie zornig an, „Du hast mich nicht gerettet!", klagte er vorwurfsvoll. Taubenflug zuckte zusammen und wollte etwas erwidern, doch aus ihrem Maul kam kein Ton. Geschockt starrte sie, wie das Blut sich immer weiter auf der Lichtung ausbreitete und in einem gigantischen Strom alles auf der Lichtung verschlang. Taubenflug starrte geschockt auf das Geschehen vor ihr. Blut umspülte ihre Pfoten und stieg immer höher. Sie wollte fliehen, wollte irgendetwas tun, doch ihre Pfoten waren wie festgewachsen. Entsetzt starrte Taubenflug zur Hochnase hinauf, die noch nicht mit Blut überschwemmt worden war. Wo war Brombeerstern. Wo war Löwenglut. Und dann erstarrte sie vor Schreck. Denn auf dem Felsen kauerte Efeusee und starrte Taubenflug triumphierend und voller Hass an: „Ich sagte doch, dass ich wiederkomme!" zischte Taubenflugs Schwester, duckte sich und sprang auf die Graue zu. Das letzte, was Taubenflug sah, war eine Pfote mit scharfen Krallen, die in unfassbarer Geschwindigkeit auf Taubenflug zuschossen.

Und dann schlug Taubenflug die Augen auf und fand sich in ihrem Nest im Heilerbau wieder. Hektisch sah sie sich um, doch nirgendwo waren Efeusee, Blut oder verletzte Katzen zu sehen. Der metallische Blutgeruch war verschwunden. Erleichtert sank Taubenflug zu Boden, es war zum Glück nur ein Traum gewesen. Ihre rasende Atmung beruhigte sich wieder und sie legte den Kopf auf ihre Pfoten. Es hatte sich so real angefühlt, Efeusees Wut und der Strom aus Blut...
Sie begann zu zittern
>>War das ein Zeichen?<< fragte sie sich, als sie plötzlich ein Stöhnen wahrnahm. In einem Nest nicht weit weg von ihr bewegte sich etwas. Jemand.
Und dann leuchteten ihr aus der Dunkelheit heraus zwei blaue Augen entgegen, die sie anstarrten. „Taubenflug? Was ist passiert?" Taubenflug sprang auf, der schreckliche Traum war vorerst vergessen.
„Häherfeder", miaute sie glücklich, „Du bist wach!" der blinde Heiler sah sie verwundert an. Er wirkte entsetztlich schwach und zerbrechlich, so als wäre er über hundert Blattwechsel gealtert. „Was ist passiert?", miaute der Heiler erneut mit schwacher Stimme. Taubenflug trat zu ihm hinüber, „Ich erkläre dir später alles. Ich hole Blattsee, damit sie einen Blick auf deine Wunden werfen kann." Miaute Taubenflug. Während sie zum hinteren Teil des Baus humpelte, in dem Blattsee zurzeit schlief, hörte sie den blinden Heiler leise murren: „Mir geht es gut, Taubenflug.", miaute er frustriert. Die Graue schnurrte. Immerhin war Häherfeders mürrische Art war noch dieselbe. Schnell weckte Taubenflug die Heilerin, die sofort zu Häherfeder hinüberhastete, „Wie geht es dir?", fragte Blattsee ihren Sohn. Der Blinde seufzte und bewegte sich in seinem Nest, „Ich fühle mich, als wäre ich von sämtlichen Monstern auf dem Donnerweg verprügelt worden.", klagte er schwach. Ein kleines Lächeln huschte über Blattsees angespannte Mine und auch Taubenflug lächelte. Häherfeder würde endlich wieder gesund werden. Während Blattsee eifrig einige Kräuter zusammensuchte, ließ Taubenflug sich neben dem Nest des Heilers nieder. „Haben wir gewonnen?", fragte der schwach. Taubenflug antwortete nicht. Sie nickte nur traurig. >>Wir haben gewonnen. Aber es fühlt sich nicht an, wie ein Sieg...<<

Am nächsten Morgen hatte auch der Löwenglut erfahren, dass Häherfeder sich auf dem Weg der Besserung befand und kauerte kurz vor Sonnenhoch zusammen mit Taubenflug neben dem Nest seines Bruders. „Dann ist Feuerstern also tot.", miaute Häherfeder mit leiser Stimme. Löwenglut nickte: „Er hat sich für uns geopfert.", flüsterte er leise und Häherfeders Blick verdunkelte sich, „Er hat seine Bestimmung erfüllt.", miaute er langsam, dann sah er zu Löwenglut hinüber, „Dann sind Tigerstern, Braunstern und Habichtfrost also tot." Fuhr er fort. Löwenglut nickte, „Der Wald der Finsternis hat keine Anführer mehr. Es ist vorbei." Miaute der goldene Krieger erleichtert. Taubenflug war sich jedoch nicht sicher, ob es vorbei war. Die Erinnerungen an den Traum von letzter Nacht waren noch frisch. Häherfeder schien ihre Unsicherheit zu spüren, denn er fixierte Löwenglut mit einem nachdenklichen Blick, „Sind wirklich alle Anführer gestorben", hakte er nach. Löwenglut zögerte, „Alle die wir kannten. Aber mir fällt gerade etwas ein. Als Tigerstern hier aufgetaucht ist, hat er gesagt, wir hätte einige Anführer noch nicht einmal kennengelernt" Taubenflug stockte der Atem, als auch sie sich an die Worte des grausamen Tigerkaters zurückerinnerte. Löwengluts Gesichtsausdruck verzerrte sich, als ihm klar wurde, dass er sich zu früh gefreut hatte. Häherfeders Blick bohrte sich in Löwenglut hinein, „Es ist erst vorbei, wenn alle Anführer sich ins Nichts aufgelöst haben!", keifte er wütend. „Vorher nicht."
Löwenglut schüttelte den Kopf, „Ersteinmal haben wir nichts zu befürchten", miaute er ruhig, „ Die Verräter sind entweder auf der Flucht oder Tot und die Krieger der Finsternis sind nach Tigersterns Niederlage wieder in ihrem Wald verschwunden.", miaute er beruhigend. Häherfeder nickte zustimmend, „Wahrscheinlich hast du recht", brummte er, „Aber so ganz wohl ist mir bei dieser Sache nicht. Ich vertraue den finsteren Kriegern nicht" Taubenflug nickte zustimmend, als ihr plötzlich etwas in den Sinn kam. „Und außerdem.", bemerkte Taubenflug und trat einen Schritt nach vorne, „Stachelkralle und Ahornschatten habe ich nicht sterben sehen und diesen beiden Katzen traue ich es zu, den Wald der Finsternis anzuführen." Häherfeder nickte langsam, „Ja, das kann ich mir auch vorstellen." Miaute er frustriert, dann wandte er sich wieder zu Löwenglut um, „Was hast du noch mitbekommen? Gibt es noch weitere Anführer, die nicht aufgetaucht sind? Die sich zurückgehalten haben?" Der Goldene schüttelte den Kopf, „Ich habe niemanden gesehen...Aber", plötzlich hellte sich sein Blick auf, „Mir fällt gerade etwas ein. Als Tigerstern mit Feuerstern gesprochen hat und das mit den Anführern gesagt hat. Da hat Mausbart ganz komisch reagiert und etwas von einem silbernen Kater gefaselt..." überlegte er. Taubenflug sah ihn aufgeregt an, „Dann müssen wir mir Mausbart sprechen!", drängte sie. Löwenglut nickte, „Ich mach das, du bleibst bei Häherfeder, Taubenflug." Während der Goldene Kater sich umwandte und den Bau mit schnellen Schritten verließ, ließ sie sich neben Häherfeders Nest nieder, „Und du glaubst tatsächlich, dass es noch nicht vorbei ist." Der Heiler starrte sie eindringlich an, „Ich glaube es nicht.", murrte er, „Ich bin mir sicher, dass es gerade erst angefangen hat."

P.O.V. Löwenglut

„Hallo Mausbart", miaute Löwenglut und blieb vor dem ehemaligen Finsteren Krieger stehen. Der Krieger hob den Kopf, „Oh, hallo Löwenglut. Was gibt's?" fragte er. Er schien nicht zu ahnen, was gleich auf ihn zukommen würde. „Ich würde dir gerne eine Frage stellen.", miaute der goldene, „Über den Wald der Finsternis." Der Blick des Katers verdunkelte sich, „Um was geht es?", miaute Mausbart nach kurzem Zögern. Löwenglut schluckte. Diese Befragung war ihm äußerst unangenehm und er hätte gerne drarauf verzichtet.

Doch es musste sein: „Als Tigerstern hier aufgetaucht ist, hat er erwähnt, dass wir einige der Anführer noch nicht einmal kennengelernt hätten, erinnerst du dich?", fuhr er fort. Mausbart nickte langsam, „Ich erinnere mich.", miaute er tonlos, Angst lag in seiner Stimme. Löwenglut nickte, „Du hast damals von einer silbernen Katze gesprochen, einem der Anführer..." Löwenglut unterbrach sich und suchte nach den richtigen Worten, als er sah, wie Mausbart aufstand und ihn entschlossen ansah: „Gut, ich erzähle dir die Geschichte dazu.", miaute er, „aber nicht hier. Wir gehen zum Schmutzplatz." Löwenglut nickte, „Danke Mausbart", miaute er und versuchte, seine Aufregung nicht zu zeigen. Er hatte Recht gehabt. Mausbart wusste tatsächlich etwas, das von entscheidender Bedeutung sein könnte. Seite an Seite liefen die beiden Krieger über die Lichtung und verschwanden im Schmutzplatztunnel. „Wir haben in einer Nacht ganz normal mit Habichtfrost trainiert. Dann kam plötzlich von der Seite Höhlenflug aus dem Dickicht gerannt, Windpelz und Efeusee dicht hinter ihm." Löwenglut sah ihn gebannt an, während Mausbart schließlich stehen blieb und sich zu Löwenglut umwandte, „Bis zu diesem Moment habe ich nich einmal gewusst, dass die drei mit uns dort trainieren. Windpelz und Efeusee haben Höhlenflug zu Boden gerungen und irgendwas von „Verräter" gesagt. Wir waren alle völlig verwirrt und sogar Habichtfrost hat befohlen, dass die beiden Höhlenflug loslassen sollen." Wieder unterbrach der Krieger, er schien nachzudenken. Löwenglut trat einen Schritt vor, „Und was ist dann passiert?", drängte er, „Mausbart seufzte, „Dann kam dieser...silberne Krieger aus dem Unterholz. Sein Pelz stand in alle Richtungen ab und er hatte eisblaue Augen, glaube ich. Ich kann mich nicht mehr allzu gut erinnern.", seufzte Mausbart, „Der silberne hat Habichtfrost gesagt, dass er Windpelz und Efeusee den Befehl dazu gegeben hat. Und dann hat er beide angestachelt, Höhlenflug umzubringen." Löwenglut hielt erschrocken den Atem an. Das Mysterium um Höhlenflugs Tod klärte sich langsam aber sicher auf, „Die beiden haben Höhlenflug umgebracht?", fragte er noch einmal nach und war nicht überrascht, als Mausbart nickte, „Efeusee hat ihm die Kehle aufgerissen.", bestätigte er Löwengluts Verdacht, „Und Habichtfrost hat es nicht verhindert, er hat sich den Befehlen des silbernen gebeugt, glaube ich." Löwenglut nickte langsam. Also stimmte Häherfeders Verdacht, dass es noch nicht vorbei war. Denn den silbernen Anführer hatte er während des gesamten Kampfes nicht gesehen. Mausbart lächelte schwach, „Wirst du zu Brombeerstern gehen?", fragte er schwach, doch Löwenglut schüttelte instinktiv den Kopf, „Erstmal nicht. Ich werde das mit Häherfeder besprechen." Der Kater vom Pferdeort lächelte und wandte sich zum Gehen, „Es freut mich, dass ich dir helfen konnte.", maiute er, doch Löwenglut stellte sich vor ihn, „Warte. Eine Frage habe ich noch, Mausbart. Wie ist sein Name?" Mausbart kniff die Augen zusammen, „Er hat sich uns vorgestellt, als Habichtfrost ihn gefragt hat, was die Sache mit Höhlenflug zu bedeuten hat. Er heißt Silberhabicht, glaube ich." Löwenglut überlegte, aber der Name sagte ihm nichts. „Danke für deine Hilfe, Mausbart", miaute er dann, doch da hatte sich der Kater schon an ihm vorbeigedrängt und war zurück zum Lager gelaufen. Löwenglut sah ihm nachdenklich hinterher, während der Name Silberhabicht immer wieder in seinem Kopf hin und her schwirrte, wie ein Bienenschwarm. Langsam tappte er zum Lager zurück und dachte angestrengt nach, >>War der große Kampf etwa nur die erste Welle?<<, dachte er entsetzt, >>Ist es wirklich noch nicht vorbei?<<