Susan Hammond war erst am Vortag von einer Dienstreise heimgekommen. Sie fühlte sich noch etwas matt und hatte nach dem Aufstehen beschlossen, den Vormittag ruhig angehen zu lassen und ihre Zeit im Garten zu verbringen.
Sie war gerade damit beschäftigt die Beete zu bewässern, als sie plötzlich im Augenwinkel einen Schatten an der Hausecke wahrnahm. Sie fuhr erschrocken zusammen und drehte sich nach dem Schatten um.
„Nick!", grollte sie. „Kannst du nicht an der Tür klingeln, wie normale Menschen?"
Der Mann mit Augenklappe ging ein paar Schritte auf sie zu und sagte mit einem Grinsen: „Ich hatte doch schon gesehen, dass du hier draußen bist."
Sie legte den Gartenschlauch beiseite, verschränkte die Arme und schaute Nick streng an. „Was willst du hier? Früher hast du immer Ärger mitgebracht. Was ist es dieses Mal?"
Er lachte und hob die Hände: „Ich verspreche dir, dass ich dieses Mal keinen Ärger mitbringe. Ist dein Mann zu Hause?"
„Ja, was willst du von ihm?"
„Ich möchte mit ihm nur über Immobilien reden, das ist alles."
Susan seufzte: „Wenn ich dich jetzt nicht reinlasse, versuchst du es eh später noch einmal. Also komm!"
Sie führte ihn in das Haus.
**
Kenai saß in seinem Arbeitszimmer und war in seine Arbeit vertieft, als Susan zur Tür hereinkam und einen alten Bekannten mitbrachte.
„Guten Morgen, Nick!", grüßte Kenai den Gast.
Seine Frau blieb mit verschränkten Armen in der Tür stehen und beobachtete Nick aufmerksam.
„Hallo Kenai! Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen."
Kenai dachte sich, dass dies nur eine reine Formalität war und wollte, dass Nick auf den Punkt kommt. „Was willst du hier?"
„Ich weiß, dass ihr mehrere Immobilien in New York besitzt. Ich brauche eine Wohnung dort."
Kenai lehnte sich zurück und musterte Nick. „Ist eine ungewöhnlich bescheidene Anfrage, für deine Verhältnisse. Wo ist der Haken?"
„Es gibt keinen Haken. Ich brauche sie für einen unserer Mitarbeiter. Wir werden die Miete zahlen. Es reichen 2 Zimmer, Küche und Bad. Brooklyn wäre ideal."
„Ich kann nicht aus dem Kopf sagen, ob wir da was frei haben."
„Ihr habt dort gerade erst einen charmanten Altbau sanieren lassen. Sind die Wohnungen denn schon alle weg?"
Kenai gab nach, denn offensichtlich war Nick wie immer bestens auf dieses Gespräch vorbereitet.
„Ich werde nachsehen, was sich machen lässt. Verrate mir eins: Wer ist der Mitarbeiter, dass du dich persönlich um seine Wohnsituation bemühst? Sicher kein 0815 Agent."
Nick lachte kurz. „Er ist im Moment bei deiner Tochter unter gekommen."
„Steve Rogers?"
„Ganz genau der", bestätigte Nick.
„Wer ist er genau?"
Kenai ahnte schon, dass an dem Mann etwas anders war. Seine Tochter hatte außergewöhnlich schnell zu ihm Vertrauen gefasst und ließ schon am Tag ihres Kennenlernens zu, dass er bei ihr in der Wohnung übernachtete. Zudem kam ihm sein Gesicht extrem bekannt vor.
„Er ist Captain America", antwortete Nick mit einem selbstverständlichen Unterton.
Kenai schüttelte den Kopf. „Wenn ich dich nicht so gut kennen würde, würde ich sagen, das ist unmöglich. Was geht hier vor sich? Erst wird Tony Stark zu Iron Man, dann laufen nordische Götter auf der Erde herum und jetzt holst du Captain America von sonst wo her? Bahnt sich da was an?"
Die jüngsten Ereignisse auf der Welt hatten ihn bereits mit ein wenig Sorgen erfüllt. Was würde wohl als Nächstes passieren?
„Bisher noch nicht. Du weißt, dass ich es einfach gut finde gerüstet zu sein. Nur für den Fall. Hat denn deine Mutter zufällig irgendwas gesehen?"
Nick bezog sich wohl darauf, dass Kenais Mutter die Medizinfrau und damit spirituelle Führerin des Stammes war. Sie hatte die Fähigkeit, Visionen zu empfangen.
„Viel, aber nichts, was wir ohne Weiteres deuten können. Visionen sind nicht immer ein klares Bild von dem, was passieren wird. Sie lassen viel Interpretation zu und oft wissen wir erst, was sie uns sagen wollen, wenn sie eingetreten sind. Manchmal erkennen wir nicht mal das", erklärte Kenai.
„Sind sie genug Anlass, um dein Kriegsbeil auszugraben?"
Nicks Blick wanderte zu dem Tomahawk, welcher in kindersicherer Höhe an der Wand hing.
Kenai schüttelte den Kopf. „Nein, mit Sicherheit nicht. Das da ist nur Deko."
„Nur Deko? Sicher?"
„Ja, absolut sicher", bestätigte Kenai.
„Gut, dann ist ja alles geklärt", schloss Nick das Gespräch ab. „Wenn du eine Wohnung hast, sage Rogers direkt Bescheid."
Als Nick durch die Tür gehen wollte, durchbohrte Susan ihn mit ihrem strengen Blick. Sie begleitete ihn schließlich zur Haustür und kehrte dann in das Arbeitszimmer zurück.
„Wirst du ihm eine Wohnung geben?", fragte Susan ihren Mann.
Er zuckte mit den Schultern. „Ja, ich denke schon. Vielleicht ist es gut, auf diese Weise mit ihm in Kontakt zu bleiben. Ist doch besser, als wenn er uns im Hintergrund ausspäht."
Susan gab einen Zischlaut von sich. „Das macht er doch so oder so. Was denkst du über diesen Steve Rogers?"
Kenai sah, dass seine Frau darauf hinaus wollte, eine mögliche Bedrohung von ihrer Tochter und deren Sohn fernzuhalten.
„Vielleicht sollten wir sie heute einfach alle zum Essen einladen. Dann können wir uns beide ein Bild von ihm machen", schlug Kenai vor.
„Gut, das machen wir. Und ich hole nachher Antony von der Schule ab", kündigte Susan an.
Kenai wandte sich wieder seinem Computer zu und öffnete nun die Immobilien-Datenbank seines Konzerns. Er suchte direkt nach den Wohnungen in dem von Nick erwähnten Gebäude.
Es war eines der älteren Gebäude in dem Viertel und die Sanierung war recht aufwendig gewesen. Die Hammonds wollten, dass der altmodische Charme bestehen blieb, das Gebäude aber gleichzeitig so modernisiert wurde, dass es technisch mit einem Neubau mithalten konnte.
Es gab in dem Gebäude tatsächlich eine passende Wohnung, die noch nicht vergeben war und kurz vor dem Abschluss der Sanierung stand. Das Bad musste noch vervollständigt werden und jemandem, der gerade erst wieder in dieser Welt angekommen war, würden sicher noch Möbel fehlen.
Die Lage war gut. Alle Dinge des täglichen Bedarfs waren gut erreichbar. Eine U-Bahn Station war in der Nähe. Im Haus gegenüber befand sich ein alter Box-Club, der bereits seit Jahrzehnten betrieben wurde.
Kenai markierte diese Wohnung als „reserviert" und speicherte ein Lesezeichen, um die Ansicht später schnell wieder öffnen zu können. Er rief dann einen seiner Mitarbeiter an, um zu veranlassen, dass die Wohnung noch passend möbliert wurde.

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Die Wege der Zeit (Avengers FF)
FanfictionStella ist eine Ärztin in der Air Force und lebt mit ihrer Familie in Cape Canaveral. Eines Tages taucht ein Patient mit einer ungewöhnlichen Geschichte bei ihr auf. Er entpuppt sich als Steve Rogers, welcher bald ein guter Freund der Familie, insbe...