83. Die Zuflucht

33 4 6
                                    

Im Haus ihrer Eltern wartete Stella darauf, dass ihr Vater Antony von der Schule heimbrachte.

In der Zwischenzeit erzählte Stella ihrer Mutter zumindest teilweise, was zwischen ihr und Michael passiert war. Sie musste ihre Ausführungen immer wieder abbrechen, weil sie ständig mit ihren Tränen kämpfen musste. Als sie fertig war, schwieg ihre Mutter zunächst eine ganze Weile und nahm sie einfach nur behutsam in den Arm.

Stella erwiderte die Umarmung und ließ endlich ihre Tränen fließen.

„Wir werden das schon irgendwie hinbekommen. Jetzt bist du erstmal bei uns und in Sicherheit. Und Michael hat damit die rote Karte bekommen, die er verdient hat. Du kannst jetzt erstmal hierbleiben und in Ruhe überlegen, wie es weiter geht", versuchte ihre Mutter sie zu beruhigen.

„Ich habe ihm einen Brief hinterlassen, in dem steht, dass er sich bei mir melden soll. Ich hoffe, dass er das bald macht. Aber wie erkläre ich Antony, warum wir jetzt hier sind und nicht in unserer Wohnung? Ich wollte eigentlich nicht, dass er irgendwas von all dem mitbekommt. Aber jetzt lässt es sich nicht mehr vermeiden."

„Dein Dad spricht mit ihm und erklärt es ihm. Der Junge ist klug genug, um das zu verstehen. Und er wird auch damit klar kommen, denn er hat hier ja dich und seine Großeltern."

Stella nickte still.

„Jetzt beziehe ich dir erstmal das Bett im Gästezimmer. Dann kannst du es dir jederzeit bequem darin machen", kündigte ihre Mutter an und stand auf.

Stella wollte gerne helfen, aber ihre Mutter hatte ihr Bett im Nu bezogen und das andere Gästezimmer war schon für Antony hergerichtet, da er bereits ein paar Nächte in diesem Haus verbracht hatte.

Am Abend aßen sie gemeinsam eine Pizza und machten sich nacheinander auf dem Weg ins Bett.

Stella lag in ihrem Zimmer lange wach. Ihre Schultern schmerzten jetzt beide. Ihre Gedanken kreisten immer noch um die letzten Ereignisse. Und wenn sie doch für einen Moment einschlief, sah sie im Traum den weißen Wolf, der verängstigt war und ihre Hilfe suchte.

Manchmal blitzen in ihren Träumen auch Bilder von einer Stadt auf, die von künstlichen Triebwerken in die Luft gehoben wurde und unaufhaltsam zum Himmel emporstieg. Diese Träume konnte Stella gar nicht einordnen und tat sie als wilde Fantasie ab.

Irgendwann stand sie frustriert auf und ging leise hinunter in den Garten. Sie hoffte, dass ihr die frische Luft helfen könnte, einen klaren Kopf zu bekommen. Sie ließ sich auf einer Bank an der Hauswand nieder und blickte über den Garten hinweg in Richtung Meer.

Die Luft roch nach Salzwasser und den duftenden Blumen und blühenden Büschen, die ihre Mutter und ihr Gärtner liebevoll pflegten.

„Darf ich mich zu dir setzen?", fragte ihr Vater, der leise aus dem Haus gekommen war.

„Ja natürlich, Dad. Ich habe euch hoffentlich nicht geweckt."

„Nein hast du nicht. Ich habe noch ein wenig gearbeitet und bin gerade fertig geworden, als ich gesehen habe, dass hier unten noch Licht brennt. Kann ich irgendwas für dich tun?"

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich wollte hier draußen nur frische Luft schnappen." Sie senkte verschämt den Blick. „Außerdem habt ihr schon mehr als genug getan. Eigentlich bin ja in einem Alter, in dem ich ohne Hilfe auskommen müsste."

„Das hat mit deinem Alter nichts zu tun. Eigentlich dürfte dein Ehemann dich nicht in diese Situation bringen. Und ganz egal wie alt du bist, wir werden immer deine Eltern sein und dich immer so gut wir können unterstützen."

„Ja, aber ihr habt schon immer so viel getan ..."

„Das machen wir gerne. Und das Haus ist mehr als groß genug, um euch zwei hier aufzunehmen. Du kannst hier mit Antony bleiben, so lange du willst."

Die Wege der Zeit (Avengers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt