32 Beth

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"Hey." Er drückte sie sanft und sie hörte, wie die Tür hinter ihnen zufiel. "Entschuldige für die Verspätung", sie löste sich von ihm und nickte verständnisvoll, "aber ich wollte nicht einfach ohne Essen kommen, wenn ich es schon versprochen habe." Beth fing an zu lachen und bekam den Duft, der aus der Tüte Aufstieg in die Nase. Kenneth hatte für die beiden chinesisch geholt und zog sich die Schuhe aus. "Ich hole Besteck." Beth verschwand in der Küche und kramte nach Stäbchen. Sie freute sich Kenneth zu sehen, sie wollten etwas essen und einen Film sehen. Sie hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen, nun ja, zu lange nicht mehr gesehen. Seit einer Woche arbeitete sie, war damit beschäftigt sich Wohnungen anzuschauen und sich abzulenken. Auch Kenneth war am Arbeiten, wobei es ein Praktikum war, bevor er bei der Firma loslegen würde.

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"Wie läuft die Wohnungssuche?" Er packte das Essen aus und schob ihr ihr Essen zu. „Gut" nickte sie, "ich habe eine gefunden, die ist echt super." Er nickte und grinste. Kenneth und Nora waren bereits zusammengezogen, so wie sie es schon immer wollten. "Hättest du mir vor vier Jahren erklären wollen, dass du alleine wohnen willst, hätte ich dich für verrückt erklärt." Er fing an zu essen und schüttelte grinsend den Kopf. "Das stimmt." Ein wenig musste sie über sich selbst schmunzeln. Früher hätte sie niemals allein leben wollen, sie hatte immer jemanden gebraucht, Einsamkeit war schwer für sie. Doch mittlerweile bräuchte sie nur sich, sie kam mit sich zurecht. In Norwegen lebte sie mit einem Mädchen zusammen in einer Wohnung, doch nun wagte sie es allein zu leben.

"Was schauen wir heute?" Sie sah ihn zu, wie er das Besteck beiseitelegte. Auf seinem Gesicht bildete sich ein breites Grinsen und er faltete die Hände zusammen. "Schön, dass du fragst." Das hieß nichts Gutes. "Ich habe gedacht, ich suche heute aus und Stelle dir deine drei Optionen vor. Die endgültige Entscheidung darfst du treffen, außer du suchst den falschen Film aus." Er lachte und sie verdrehte die Augen. Die beiden hatten ein ganzes Jahr lang jeden Donnerstagabend einen Film geschaut. Egal was war, der Donnerstag war reserviert. "Du hast zur Auswahl: L-" Er hielt inne und runzelte die Stirn. "Weißt du was, lass dich überraschen, ich weiß was wir schauen werden." Beth musste lachen und machte es sich bequem.

"Love Rosie? Wirklich jetzt?" Sie seufzte und sah ihn verwirrt an. Sonst sahen sie Actionfilme, Marvel, Percy Jackson, Star Trek oder ähnliches. Dass Kenneth jetzt mit einem Liebesfilm ankam, war neu, aber vorhersehbar. Er grinste und zuckte mit den Schultern. Der Film lief weiter und sie fing an zu Schmunzeln. Sie mochte diese Art Filme, auch wenn sie es nicht wirklich gerne zugab. Und auch, wenn ihr klar war, dass er genau diesen Film ausgesucht hatte, um nachher mit ihr über Liebe zu sprechen, lehnte sie sich auf der Couch zurück und widmete sich dem Fernseher.

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"Weißt du, genauso wie du mitfieberst, dass die beiden jetzt endlich zusammenkommen, fiebern wir bei euch beiden mit. Er schaltete den Fernseher aus und sie verdrehte die Augen. "Kenneth, ich weiß, worauf du hinauswillst." Er nickte und legte die Fernbedienung auf den kleinen Tisch vor der Couch. "Und wieso tust du nichts dagegen? Dass wir alle endlich aufhören?"

"So sehr ich ihn vielleicht auch will- ich bin schlau genug und weiß, wann es besser ist, loszulassen." Kenneth nickte und sah ihr gespannt dabei zu, wie sie an ihrem Cardigan spielte. "Und du denkst, du solltest ihn loslassen?" Sie schluckte schwer. Tage, Wochen hatte sie nun darüber nachgedacht, aber sie war zu keinem Entschluss gekommen, der sie zufrieden stellte. "Vermutlich." "Es fällt dir schwer, nicht wahr?" Sie nickte und sah zu Boden. "Beth, wenn es dir so schwerfällt, ist es die falsche Entscheidung."
Sie schloss die Augen und rieb sich durchs Gesicht. Sie ließen sie nicht in Ruhe, keiner von ihnen. Ja, sie wusste auch, wieso und sie wusste, dass sie Gefühle nicht einfach verabschieden konnte. Aber realistisch gesehen wäre es das Beste. Aus den beiden würde langfristig nichts werden, dafür waren sie doch zu verschieden. Nun ja, verschieden waren sie eigentlich nicht, sie hatten so viel gemeinsam- aber es gab diese einzelnen Punkte, die ihr nicht passten, die früher oder später der Grund für eine weitere Trennung sein werden. Das wusste sie.

"Kenneth, ich liebe ihn", sie hielt kurz inne, so genau wollte sie nicht sein, "und genau deswegen fällt es mir so schwer." Kenneth klappte die Kinnlade hinunter, er war ebenso über ihre Direktheit verwundert. "Ich weiß, ihr sagt alle ich sei stur und würde es nicht einmal probieren- vielleicht habt ihr damit auch Recht." Ihm huschte ein Lächeln über die Lippen, er sagte aber nichts. "Aber so glücklich mich es jetzt vielleicht machen würde- in ein paar Monaten, Jahren wird es mich umso mehr verletzen. Und ich kann einfach nicht über seine Taten hinwegsehen, er ist wie er ist, ich will und kann ihn nicht ändern." Kenneth rückte näher und griff nach ihrer Hand. "Beth, aber er würde sich für dich ändern. Was heißt ändern, er würde diese dämliche Schauspielerei lassen. Du zeigst ihm, dass seine emotionale Seite geliebt werden kann, dass er geliebt werden kann." Eine Träne kullerte über ihre Wange und er legte einen Arm um sie. "Außerdem bist du so unfassbar blind. Elijah Jonathan Murray ist Hals über Kopf in dich verschossen. Und du solltest aufhören so pessimistisch zu denken." "Ich denke realistisch!" Er lachte spöttisch auf. "Ja mit starker Tendenz zum Pessimismus meine Liebe. Akzeptiere doch, dass man dich lieben kann, dass du nicht die Einzige bist, die liebt. Lass dich fallen, er wird dich auffangen."

"Und du denkst tatsächlich, alles würde gut werden?" Unsicher zog sie eine Augenbraue in die Höhe und Kenneth seufzte. "Du weißt, wie sehr ich mich davor gedrückt hatte Nora meine Liebe zu beichten. Aber ich habe es gemacht und wie man sieht war das die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Stell dir vor ich hätte es nicht zugegeben." Sie schmunzelte, schüttelte aber langsam den Kopf. "Er weiß es doch aber." Kenneth nickte. "Aber du musst es dir selbst erst eingestehen." "Ich habe es mir eingestanden?!" Er lachte leise auf. "Und warum willst du ihn dann vergessen? Anstatt zu überlegen, was in einigen Jahren passieren könnte, könntest du ja Mal einfach den Kopf ausschalten und genießen. Genießen, wie er dich anschaut, wie er dich behandelt, wie er dich glücklich macht." Er hatte Recht, er hatte Recht, aber sie wollte das nicht hören. Sie konnte die Zukunft nicht einfach unberücksichtigt lassen.

"Aber diese Beziehung hat keine Zukunft." Sie wischte sich eine Träne weg und lehnte sich an seine Schulter. "Sie kann nur eine Zukunft haben, wenn man es zulässt."

Ein wenig Liebe    ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt