Kapitel 6

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"Hey, Cole. Die Reporterin ist da wegen des Interviews" Schnell schloss Noah die Tür hinter sich. Fragend blickte ich auf.

"Und?" Noah trat noch einen Schritt vor als hätte er Angst, dass die Reporterin an der Tür lauschen würde.

"Es ist nicht die Reporterin, die sich mit mir in Kontakt gesetzt hatte. Es ist diese Elizabeth Wheeler. Du weißt schon, die, die immer Frauenrechtszeug schreibt" Seufzend stützte ich meinen Kopf in meinen Händen. Ich konnte gerade einfach nicht glauben, dass ich mich wirklich nicht freuen konnte sie zu sehen. Thanksgiving war bereits gute drei Monate her. Weihnachten hatte ich tatsächlich alleine verbracht, trotz Einladung von Dad und Julia, weil ich wusste, dass sie da sein würde und ich den Anblick von ihr mit diesem Kerl und auch noch schwanger einfach nicht ertragen konnte. Jetzt müsste sich schon bestimmt eine Wölbung abzeichnen. Wie sollte ich diesen Tag bloß überstehen?

"Ich kann ihr sagen, dass ein wichtiges Meeting dazwischen gekommen ist, wenn du willst", schlug Noah vor. Ich blickte wieder zu ihm. Er wusste nichts von mir und Elizabeth. Natürlich wusste er, dass ich mal eine Freundin mit dem Namen Elizabeth hatte aber er wusste nicht, dass es sie war. Er dachte wohl, dass ich Angst hatte, dass sie einen miesen Artikel über mich schreiben würde. Ich schüttelte den Kopf.

"Nein, alles gut. Ich denke, ich werde schon mit ihr fertig" Noah öffnete die Tür wieder und da stand sie. Ich musste schlucken. Der Bleistiftrock betonte ihre Figur besonders gut. Doch es war noch nicht einmal der Ansatz eines Babybauchs zu sehen.

"Hallo, Liz. Darf ich dir die Jacke abnehmen?", begrüßte ich sie schließlich. Verwundert musterte Noah uns beide. Liz lächelte leicht und wandte mir den Rücken zu.

"Gerne, Cole" Ich streifte ihr den Mantel von den Schultern und hängte ihn an den, dafür vorgesehenen, Haken. 

"Komm ruhig rein. Möchtest du etwas trinken?" Ich öffnete ihr die Tür zu meinem Büro als sie meine Frage zum Getränk verneinte. Noah formte mit dem Mund die Wörter 'Ihr kennt euch?'. Ich gab ihm zu verstehen, dass ich es später erklären würde. Ich schloss die Tür und zog für Elizabeth einen Stuhl hervor. Ich selbst setzte mich hinter meinen Schreibtisch um zu verbergen, dass mein Bein nervös auf und ab wippte. Ihr Rock rutschte etwas hoch als sie sich setzte und gab etwas von ihren Oberschenkeln preis. 

"Ziemlich ungewöhnlich, dass du kommst um einen reichen, weißen Kerl, dem alles in den Schoß geworfen wurde, zu interviewen", begann ich das Gespräch. Sie schnaubte kurz amüsiert.

"Ja, eigentlich mache ich sowas tatsächlich nicht. Aber meine Kollegin ist jetzt ganz kurzfristig krank geworden, deswegen springe ich für sie ein", erklärte sie während sie ihr Diktafon aus der Tasche zog.

"Wie geht es dir? Und dem Baby?" Ich legte es jetzt einfach drauf an. Sie würde es sowieso nicht ewig verschweigen können. Überrascht blickte sie auf. Doch fast sofort hatte sie diesen Blick durch eine gleichgültige Miene ersetzt.

"Es gibt kein Baby" Ich wollte gerade schon erwidern, dass sie mich nicht für dumm verkaufen sollte doch dann hörte ich ein leises 'Nicht mehr'. Besorgt blickte ich auf und sah, dass ihre Unterlippe zitterte und eine Träne ihre Wange herabrollte. Schnell stand ich auf, umrandete den Schreibtisch und ging vor ihr in die Hocke.

"Das tut mir Leid" Sachte legte ich meine Hände auf ihre Oberschenkel und hoffte, dass sie sie nicht wegschlug. Doch sie ließ es zu und brach nun komplett in Tränen aus. Ich warf alle Vorsicht über Bord und nahm sie in den Arm. Langsam wippte ich sie hin und her und strich über ihre Haare. Ihr Duft stieg mir in die Nase und ich schloss genießerisch die Augen. Auch wenn es nicht die besten Umstände waren, hätte ich nie zu träumen gewagt ihr jemals wieder so nah zu sein. Nach einigen Minuten schien sie sich wieder beruhigt zu haben.

"Es war eine Eileiterschwangerschaft. Das Baby hatte nie eine Chance. Am Montag hatte ich eine Ausschabung" Heute hatten wir Donnerstag. Ich rechnete zurück.

"Das ist doch erst drei Tage her. Und dann arbeitest du schon wieder?" Mit einem Taschentuch wischte sie sich die restlichen Tränen weg.

"Ich wollte arbeiten. Zuhause fällt mir sonst die Decke auf den Kopf" Ich ließ sie wieder los und vermisste sofort das Gefühl sie in den Armen zu halten.

"Was sagt Max denn dazu?" Sie biss auf die Lippe und blickte auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen. Sie zog den Ärmel ihrer Bluse etwas über ihre Hand.

"Er war natürlich auch traurig und auch wütend. Er gibt mir die Schuld, dass das passiert ist. Du weißt schon wegen meiner... Vergangenheit" Ich spannte mein Kiefer an. 

"Wegen dieser Medikamentengeschichte? Was für ein Arschloch"

"Rede bitte nicht so über ihn" Abwehrend hob ich die Hände und setzte mich wieder an meinen Schreibtisch.

"Wir können das Interview auch irgendwann anders machen, wenn du dich wieder besser fühlst", schlug ich vor. Sie schüttelte gleich den Kopf.

"Nein, mir geht es wieder besser. Ich möchte nicht noch mehr deiner Zeit verschwenden. Du hast bestimmt genug zu tun" Sie kramte einen Notizblock hervor auf den sie bereits einige Fragen geschrieben hatte.

"Mit deiner Gesellschaft ist es nie eine Zeitverschwendung", rutschte es mir raus. Sie erstarrte in ihrer Bewegung und lief schlagartig rot an. Zufrieden lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und beobachtete wie sie versuchte, die Fassung zu waren. Denn das Lächeln, dass sie versucht hatte zu unterdrücken, hatte ich sehr wohl gesehen. 

Nach dem Interview brachte ich sie noch bis zur Tür. Noah musterte uns immer noch misstrauisch. Ich steckte meine Hände in die Hosentaschen und wippte auf meinem Fußballen vor und zurück.

"Also wenn du einmal über alles sprechen möchtest. Meine Nummer ist immer noch die Gleiche", schlug ich zurückhaltend vor. Mein Gesicht fühlte sich warm an. Wurde ich gerade wirklich rot? Sie lächelte mich schüchtern an.

"Meine auch" Damit verabschiedete sie sich. Noah wartete noch bis die Aufzugstür sich schloss bevor er sich mir zuwandte.

"Ich hab sie gegoogelt. Ihr seid auf die gleiche High School gegangen", erzählte Noah. Ich hob eine Augenbraue.

"Du lässt wirklich die Frau einen Artikel über dich schreiben, der du fremdgegangen bist? Bist du noch zu retten? Und dann flirtest du auch noch hemmungslos mit ihr? Ich hab gelesen, dass sie verlobt ist, Cole" Ich zuckte mit den Schultern.

"Sie wird schon nichts Schlimmes schreiben", murmelte ich als ich wieder zurück in mein Büro ging. Ich konnte hören, wie er mir folgte.

"Was macht dich da so sicher? Vielleicht ist sie auf einem persönlichen Rachefeldzug?" Ich schnaubte.

"Du kennst sie nicht so wie ich. Ich weiß, dass Liz absolut professionell in dem ist, was sie tut"

"Und du nennst sie immer noch Liz. Sie ist wahrscheinlich noch professioneller als du" Ich seufzte und presste meine Finger an meine Nasenwurzel.

"Ja, wahrscheinlich. Sie weiß jedenfalls wie man weitermacht, anders als ich. Gott, ich liebe sie immer noch"

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