Kapitel 12

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"Aber nur wenn es keine Umstände macht" Ich seufzte. Grinsend schüttelte ich den Kopf.

"Liz. Ich wohne alleine. Meine Wohnung ist groß genug für zwei Personen und du hast dein eigenes Zimmer. Und ich hätte es nicht angeboten wenn es zu umständlich gewesen wäre. Fakt ist, dass ich dich sicher nicht zu dem Kerl zurück gehen lasse" 

"Wir müssen trotzdem nochmal dorthin. Ich muss noch einige Sachen mitnehmen", meinte sie kleinlaut. Ich wandte meinen Kopf in ihre Richtung. Sie starrte stur geradeaus und an den Schweißperlen an ihrer Stirn merkte ich ihr an, dass Laufen für sie noch immer anstrengend war.

"Willst du nicht doch lieber einen Rollstuhl?", fragte ich vorsichtig, doch sie schüttelte sofort den Kopf.

"Ich will nie wieder in dieses Teil. Das Ding reicht mir fürs erste völlig" Dabei hob sie ihre Krücke, die sie noch brauchte um sich darauf zu stützen. 

"Was ist eigentlich so wichtig, dass du unbedingt noch mal da zurück gehen musst?" 

"Cleo", murmelte sie nur und drückte den Knopf des Aufzuges. Verwundert blickte ich sie an.

"Du hast sie noch immer?" Cleo war eine Katze, die ich ihr mal geschenkt hatte. Sie lächelte.

"Katzen haben eine Lebensspanne von 15 Jahren. Was denkst du denn?" Ich gesellte mich mit ihren Sachen zu ihr in den Aufzug. Will wollte sie ja am liebsten noch ein oder zwei Tage im Krankenhaus behalten, doch Liz bestand darauf entlassen zu werden. Sie würde aber weiterhin in die Physiotherapie gehen. Ich hatte ihr daraufhin angeboten bei mir zu wohnen bis sie etwas Neues gefunden hatte. Ich half ihr sich in mein Auto zu setzen dann fuhren wir zu ihrer alten Adresse.

"Und du musst wirklich jetzt dorthin?" 

"Ich will Cleo nicht eine Sekunde länger als nötig bei ihm lassen. Ich war zwei Wochen nicht da und ich weiß nicht mal ob er sie gefüttert hatte" Das war ein guter Einwand. Der Verkehr ging zügig weiter, sodass wir recht schnell in ihrem Wohnblock ankamen. Zweifelnd stieg ich aus. Das alte Haus hatte auch schon bessere Tage erlebt und alles sah etwas heruntergekommen aus. Sie schien meinen Blick gesehen zu haben.

"Ich weiß. Aber es ist schwierig in New York eine Wohnung zu finden wenn nur einer von zwei ein festes Einkommen hat" Sie schloss die Eingangstür auf und stieß einen erleichterten Seufzer aus.

"Der Vermieter hat endlich den Aufzug repariert" Schnell brachte dieser uns in den dritten Stock und da musste ich auch schon schlucken. Leise sperrte sie die Wohnungstür auf. Man merkte ihr ihre Angespanntheit an. Ich konnte für sie nur hoffen, dass er gerade nicht Zuhause war. Wir traten ein. Ihre Wohnung sah auf jeden Fall viel schöner aus als man von außen vermutet hätte. Aus einer Ecke holte sie den Transportkäfig raus und öffnete ihn. Dann raschelte sie mit einer Packung Leckerlies und kurz darauf war Cleo auch schon aufgetaucht. Sie war um einiges größer als das letzte Mal als ich sie gesehen hatte, doch sonst sah sie aus wie immer. Komplett graues Haar und grüne Augen. 

"Komm, steig hier rein. Keine Angst, wir gehen nicht zum Tierarzt", murmelte Liz sanft und steckte die Katze in die Kiste. Von einem anderen Raum kamen Geräusche und Liz erstarrte. Scheinbar war Max doch da. Als die Tür sich öffnete, schob ich Liz sachte hinter mich. Max kam heraus und blieb auch gleich stehen als er uns sah. Sein Blick fiel von mir auf Liz, verweilte dort eine Weile und dann wieder zurück zu mir.

"Das hat ja gedauert bis du wieder antanzt. Und natürlich hast du ihn im Schlepptau dabei" Unbeeindruckt von unserer Anwesenheit ging er an uns vorbei in die Küche und goss sich ein Glas Wasser ein. Dann lehnte er sich an die Arbeitsfläche und musterte uns.

"Pack alles, was du brauchst. Ich bleib hier", flüsterte ich Liz ins Ohr und sie verschwand im, wie ich vermutete, Schlafzimmer.

"Bist jetzt bestimmt zufrieden, was? Habt bestimmt wie die Karnickel gefickt", kommentierte Max uns.

"Ich hab sie nicht mal angerührt" Er schaubte.

"Ich wusste immer, dass sie irgendwann zu dir zurückkehren würde, zu dem 'begehrtesten Junggesellen New Yorks'. Monatelang konnte ich mir anhören, wie toll du doch bist, dann konnte ich mir jahrelang anhören, dass du ein Arschloch bist. Es hat drei Jahre gedauert bis ich mal ran durfte. Drei verdammte Jahre. Und dann bist du wieder aufgetaucht und ich wusste gleich, dass ich es vergessen konnte." Ich ballte die Fäuste, doch sagte nichts. Ich wusste, dass er mich nur provozieren wollte.

"Eigentlich hatte ich sowieso keine Lust mehr auf sie. Weiß auch nicht so recht, was du an ihr findest. Klar sie ist hübsch anzusehen, wenn man nicht auf Skelette steht aber das wars auch schon. Im Bett ist sie jetzt nicht die Granate und auch sonst hatte ich von ihrem ständigen Streben nach Anerkennung die Nase voll. 'Denkst du wirklich die Leute wollen so einen Artikel lesen, Max?', 'Findest du nicht auch, dass ich damit Recht habe, Max?', 'Ich tische den Leuten die Wahrheit praktisch auf den Tisch, warum wollen sie es denn nicht einfach akzeptieren?', äffte er Liz nach.

"Und dann immer dieses Rumgeheule und Rumfragerei, meine Güte" Ich lehnte mich gegen die Wand.

"Du kennst sie vielleicht länger als ich, aber du hast sie nie wirklich gekannt, fürchte ich. Natürlich hat sie diese furchtbare Angewohnheit, dass sie alles hundertmal überdenken muss, sie tendiert zum Überreagieren und sie ist zeitweise wirklich unsicher. Aber wenn du sie wirklich geliebt hättest, dann hättest du sie auch an ihren schlimmsten Tagen geliebt, an den Tagen an denen du selbst stark genug sein musstest um diese zu verkraften.  Denn sie braucht jemanden der geduldig genug ist zu verstehen warum sie so ist wie sie heute ist. Niemand hat je gesagt, dass es einfach wird. Manchmal hat sie deine ganze Aufmerksamkeit gebraucht und du musst sie oft beruhigen. Sie wird dir niemals wirklich vertrauen, sie weiß nie wann sie aufhören soll zu streiten, selbst wenn sie im Unrecht ist. Sie hat auch kein Problem damit dich einfach wegzustoßen, wenn du zu nah dran bist und sie verletzen könntest. Doch du wurdest wirklich von ihr geliebt und glaub mir sie liebt mit einer unglaublichen Leidenschaft, dass du vergessen kannst wie es war, bevor sie zu dir kam. Sie ist immer für dich da wenn du sie brauchst. Sie ist vielleicht nicht gut darin geliebt zu werden aber im Lieben ist sie unglaublich. Und wenn du das bis jetzt noch nicht begriffen hast, dann bist du ein absoluter Vollidiot." Ich war während meiner Rede näher gekommen und Max schluckte. Zufrieden stellte ich fest, dass er Angst vor mir hatte. Um Frauen zu schlagen reichte es scheinbar aus, aber sonst hatte er keine Eier. Schritte hinter mir gaben zu verstehen, dass Liz fertig war. Sie trat zwischen uns.

"Ich will, dass du weißt, dass die Polizei mal bei dir vorbeischauen wird, weil ich gegen dich Anzeige erstattet habe. Ah und noch etwas" Sie griff in ihre Hosentasche, holte etwas glänzendes heraus und reichte es ihm. Es war ihr Verlobungsring.

"Ich hoffe, die Nächste wirst du besser behandeln als mich"

Someone like youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt