Kapitel 17

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Elizabeth

Während die Studenten den Saal verließen, packte ich meine Sachen zusammen. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Cole sich in der letzten Reihe erhob. Seit wann war er denn hier? Als ich mich auf den Weg zu ihm machen wollte, bemerkte ich jedoch auch etwas anderes. In der dritten Reihe etwas links von mir saß immer noch eine Studentin. Ihre Augen waren rot und bereits leicht geschwollen. Also änderte ich meinen Kurs und kam langsam auf sie zu.

"Ich hoffe, es war nicht meine Geschichte, die dich so verstört hat", startete ich sachte ein Gespräch mit ihr. Erschrocken zuckte sie zusammen und ihre Augen weiteten sich als sie mich erkannte. Vor ihr auf ihrem Tisch lag ihr Handy.

"Nein, es war nicht Ihre Geschichte. Obwohl sie mich auch berührt hatte. Eigentlich ist es etwas ziemlich belangloses" Sie schniefte und versuchte mich mit einem Lächeln zu überzeugen. Wirklich überzeugen tat sie mich jedoch nicht, deswegen rutschte ich auf den Sitz neben ihr.

"Es kann nicht belanglos sein, wenn es dich so aufregt. Ich weiß, was du versuchst und ich kann dir garantieren, dass es nicht funktionieren wird. Man muss seine Probleme nicht immer alleine lösen. Hast du keine Freundin mit der du über alles reden kannst?" Neue Tränen rollten ihre Wange hinab. Besorgt musterte ich sie. Hatte ich etwas falsches gesagt?

"Eigentlich bin ich mir bei überhaupt nichts mehr sicher. Mein Freund möchte lieber mit seinen Freunden auf irgendeine Party gehen als mit mir meinen Geburtstag zu feiern. Wir haben uns wirklich gestritten und jetzt antwortet er mich nicht mehr. Er macht das immer wenn wir Streit haben. Er meldet sich einfach nicht mehr bis ich mich entschuldige. Ich weiß einfach nicht ob das mit uns noch einen Sinn hat" Ich fuhr mit meiner Zunge über meine Lippe während ich überlegte.

"Da er auf eine Party gehen möchte, gehe ich einfach mal stark davon aus, dass das am Freitag ist. Heute ist Montag. Hier jetzt mein Tipp, den du aber nicht befolgen musst. Melde dich nicht bei ihm. Keine SMS, keine Anrufe. Für drei Tage. Wenn er sich ebenfalls nicht meldet, weißt du wo du bei ihm dran bist" Verwundert musterte sie mich.

"Ist das nicht etwas harsch?" Ich zuckte mit den Schultern.

"Ganz ehrlich? Wenn jemand zu stolz ist sich zu entschuldigen, dann hat dieser ganz andere Probleme als eine Entschuldigung. In einer Beziehung geht es um beidseitigen Respekt. Wenn er dich nicht respektiert, wie kann er dann erwarten, dass du ihn respektierst? Du bist wütend auf ihn. Dein Ärger ist ein Teil von dir. Ein Teil von dir, der weiß, dass du nicht richtig behandelt wirst, dass du es verdienst mit Liebe behandelt zu werden. Kämpfst du für jemanden, der dich liebt oder kämpfst du für jemanden damit er dich liebt? Das ist ein gravierender Unterschied, den manche eher begreifen als andere. Ich muss leider zugeben, dass ich es selbst erst sehr spät gemerkt habe. In meiner letzten Beziehung habe ich mich immer an zweite Stelle gesetzt, da ich nicht alleine sein wollte" Sie hob eine Augenbraue als sie mich einfach nur ansah. Gott sei Dank hatte sie aufgehört zu weinen.

"Irgendwie ist es komisch Sie über diese Dinge sprechen zu hören. Ich habe mir Sie immer als diese Vorzeige-Feministin vorgestellt, die absolut nichts mit Männern zu tun haben möchte. Trotzdem erzählen Sie mir und auch den anderen von Ihrer kaputten Beziehung. Ich meine, Sie scheinen Sich auch ziemlich gut mit Cole Brooks zu verstehen, der doch einen ziemlich Ruf zu haben scheint" Ich lächelte. Das hatte ich schon oft gehört.

"Das erzählen mir viele Leute. Und hinter meinem Rücken tuscheln sie, dass ich mal einen Schwanz in den Mund und die Fresse halten solle, aber was solls. Das sind alles Menschen, die den Prinzip dem Feminismus nicht verstanden haben. Beim Feminismus ging es nie nur darum, Frauen von Männern zu befreien, sondern darum, jeden Menschen aus der Zwangsjacke der Geschlechterunterdrückung zu befreien. Was ist so schlimm daran, wenn eine Frau eine Führungsposition übernimmt? Was ist so schlimm daran, wenn ein Mann seine Gefühle zeigt und weint? Dadurch wird die Welt nicht besser aber sie wird bestimmt auch nicht schlechter und das ist in den Köpfen der Menschen noch nicht angekommen" Ich stand auf. 

"Ich wünsche dir noch viel Glück für deine Zukunft und hoffe, dass sich alles zum Guten für dich wendet" Ich lächelte sie nochmals an, bevor ich den Vorlesungssaal verließ. Cole gesellte sich kurz darauf zu mir.

"Seid wann sitzt du in meiner Vorlesung?", fragte ich ihn schließlich. Er überlegte kurz.

"Als du angefangen hast über dein Leben zu sprechen. Meine Vorlesung dauerte nur eine Stunde, da dachte ich, dass ich mir etwas von deiner anhören könnte" Ich nickte. Coles Vorlesungen würden immer nur eine Stunde dauern, da seine Studenten noch viele andere Fächer belegen mussten. Ich hatte mit meinen zwei Stunden dann doch etwas mehr Spielraum.

"Und wie fandst du es?" Unsicher blickte ich zu ihm. Ich konnte mir einfach nicht helfen doch seine Meinung war mir noch immer furchtbar wichtig.

"Sehr gewagt für eine erste Stunde aber sie schien ein voller Erfolg gewesen zu sein. Deine Studenten hängen praktisch an deinen Lippen. Als du deine Lebensgeschichte erzählt hast, kam ich aber nicht herum mich zu fragen warum du mich nicht erwähnt hast" Ich blieb stehen und musterte ihn nachdenklich.

"Warum ist dir das so wichtig?" Er zuckte mit den Schultern und blickte auf seine Füße. War er etwa verlegen?

"Nein, es ist nur... ich war doch dein erster Freund oder? Außerdem frage ich mich gerade wie es dir ging als wir... als wir uns getrennt hatten. Wir haben nie darüber gesprochen aber ich weiß, dass ich oft darüber nachgedacht hatte, wie es dir wohl damit gehen würde. Du hattest dir endlich das Selbstbewusstsein aufgebaut, dass ich mir für dich gewünscht hatte und ich hatte Angst, dass ich mit meinem... Fehler das alles wieder zerstört hatte. Wie damals als du den Abschiedsbrief deines Vaters gelesen hast" Ich presste die Lippen fest aufeinander, konnte aber leider nicht verhindern, dass ich an diese Zeit zurück denken musste.

"Mir ging es nicht gut. Nicht so schlimm wie bei der Abschiedsbriefsache aber trotzdem nicht gut. Ich stand kurz vor den Abschlussprüfungen und hab mich in mein Zimmer eingesperrt. Ich hab niemanden reingelassen auch nicht Daria. Ich war furchtbar wütend auf dich und ich habe meine ganze Wut in meine Schularbeiten gesteckt. Ich habe wirklich furchtbar viel gelernt damit ich nicht an dich denken musste, was auch etwas geholfen hatte aber du bist nie ganz aus meinem Kopf verschwunden" Zögerlich blickte ich zu ihm hoch.

"Bis heute nicht"

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