Anderes Universum

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Staunend sah ich mich um. Alles fühlte sich immer noch wie ein Traum an, doch die Schmerzen, die ich beim Kneifen verspürte, waren zu real. Mein Arm pochte leicht und ein amüsiertes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ich hatte gedacht ich würde diese Realität sofort akzeptieren, aber sie fühlte sich so unwirklich an... Fast fürchtete ich, dass dies alles nur ein Traum war. Lieber würde ich sterben, als wieder einmal aufzuwachen...

Jedes Detail erschien mir besser als in meiner Vorstellung. Eine Flut von Eindrücken überwältigte mich und ich sog gierig alles auf. Ein Dauergrinsen zierte mein Gesicht, als wir vor einer Holztreppe stehenblieben. "Hier oben sind deine Zimmer. Es ist ein altes Zimmer unserer Vertrauensschüler." teilte mir Minerva mit, deren Abneigung mir noch immer nicht entgangen war. "Vielen Dank, Professor! Ich freue mich bereits auf das Fach Verwandlung!" sagte ich freundlich und strahlte. Auch ihre Mundwinkel zuckten nun endlich. Etwas sanfter als zuvor sagte sie: "Morgen früh wecke ich dich auf und wir gehen in die Winkelgasse um dir deine Sachen zusammenzusuchen." Hastig nickte ich.

In die Winkelgasse! Das war wie Geburtstag und Weihnachten zusammen! Beinahe wäre ich vor Freude in Tränen ausgebrochen. Es war einfach zu viel - und das im positiven Sinne. Ich unterdrückte den Impuls, McGonagall zu umarmen, und wünschte ihr mit hoher Stimme eine gute Nacht. Innerlich fluchend über meinen unnatürlichen Gefühlsausbruch stieg ich die Treppen hinauf und schnaufte laut.

~Erzähler

„Du wolltest mich sprechen, Albus?" fragte Minerva, als sie wieder zurück im Büro des Schulleiters war. Dieser nickte nur ernst und verschränkte die Finger ineinander. Sofort wurde sie nervös, denn das bedeutete, dass er es ernst meinte und es auch ernst werden würde. Wie automatisch setzte sie sich auf den Stuhl und sah ihn geduldig an. Ihre Haltung war angespannt, und sie presste ihre Lippen zu einem dünnen Strich zusammen.

Der Schulleiter zögerte, bevor er sprach. „Ist dir etwas an Miss L/Y aufgefallen?"fragte er, anstatt zum Punkt zu kommen und sie überlegte kurz. „Ja, sie ist dafür dass sie eine Wahrsagerin ist, ziemlich über-fasziniert. Aber Wahrsagerinnen sind immer ein bisschen verrückt." begann Minerva und Albus nickte. „Sie kommt aus einer anderen Welt." sagte er dieses Mal sofort und direkt. „Ich habe es gesehen." fügte er auf Minervas perplexen Gesichtsausdruck hinzu. „Wie?" fragte sie skeptisch.

„Minerva, du musst mir jetzt gut zuhören", sagte Albus mit Nachdruck in der Stimme und sah Minerva streng an „Ich glaube, dass Miss L/N aus einer anderen Welt stammt. Kurz gesagt, einem Paralleluniversum. Es ist zu komplex um alles zu erklären, aber sie kommt nicht von hier." Seine Stimme hatte keinen spaßigen Unterton, das ließ Minerva schlucken. „Das kann und will ich nicht glauben! Albus! Sie können mir doch nicht solche Flausen in den Kopf setzen!" Empört stieß die Frau Luft aus und wandte sich um. Der alte Mann hielt sie zum Narren!

„Parallelwelten oder auch Paralleluniversen sind eine Welt außerhalb des bekannten Universums, die kleine Unterschiede zum bekannten Universum aufweisen. Diese Unterschiede sind hier die Magie, Minerva. Ich habe es gesehen! Sie ist in einem tragischen Feuer gestorben. Doch anstatt dort hinzugehen, wo man als Toter hingeht, ist sie hier gelandet. In ihrem Paralleluniversum sind wir lediglich ein Produkt ihrer Träume. Eine Geschichte.

Unsere Universen überschneiden sich in der Geschichte. Alles, was in ihrer Welt geschehen ist und passieren wird - zumindest bei den Muggeln - ist auch hier passiert. Sie hat eine zweite Chance bekommen zu leben. Wir können das zu unserem Vorteil nutzen."

Minerva war inzwischen wieder in ihren Stuhl gesunken und strich sich nervös über ihre Robe. „Ich hatte bereits von solchen Theorien über Raum und Zeit gehört. Doch so etwas zu erleben, ist etwas völlig anderes!" sagte Minerva zögerlich, und Albus nickte. „Wir dürfen sie nicht verlieren... Ich würde so weit gehen und behaupten, dass sie uns aus unserem bevorstehenden Krieg heraushelfen könnte." überlegte Albus laut und Minerva schluckte trocken. Ihr war übel geworden. In ihrer Welt waren sie nicht mehr als mickrige Träume, die sich dieses Mädchen ausgedacht hatte?

Das alles überstieg ihre Vorstellungskraft. „Wie dem auch sei, Y/N hat ihre Erinnerungen daran verloren. Sie wird sich vermutlich nicht mehr an ihr vorheriges Leben erinnern können. Und wir werden es erstmal auch dabei belassen."

„Also verheimlichen wir ihr einfach ihr ganzes vergangenes Leben? Ihre ganze Persönlichkeit und Identität?" stieß Minerva erschrocken hervor, und Albus nickte nur zögerlich. „So ist es am besten... So ist sie uns auch noch nützlich... Für den Orden." Minerva verschluckte sich fast an der Luft.

„Reicht nicht die eine Marionette, die du hast?" fragte Minerva mit einem vorwurfsvollen Ton in der Stimme, aber Albus ignorierte sie dieses Mal.

„Du wirst sie morgen in die Winkelgasse begleiten. Sie steht unter deiner Aufsicht, Minerva. Ich bitte dich, immer mal wieder nach dem Rechten zu sehen." Befahl er, als hätte sie nichts gesagt. Beleidigt schnaubte sie. „Wie sie wünschen, Albus." und so verließ sie das Büro und verschwand in den dunklen Gängen von Hogwarts.

~

Y/N saß in einem breiten grünen Bett und hatte zufrieden die Augen geschlossen. Sie seufzte schwer und zufrieden. Ihre Finger kribbelten, und sie fand keinen Schlaf. Sie hatte sich nicht einmal richtig umgesehen, weil sie zu aufgeregt war. Das würde sie morgen noch zur Genüge tun. Y/N bekam von den düsteren Gesprächen gar nichts mit. Wie auch? Sie war schließlich unter dem See in den Kerkern. Sie hatte eine solche tiefe Ruhe noch nie gespürt.

Langsam entspannte sie sich immer mehr. Ihre Augen juckten bereits unangenehm und mehrmals rieb sie sich darüber. Einmal noch gähnte sie laut, streckte alle Gliedmaßen von sich, ehe sie aufsprang und sich etwas zum Schlafen anziehen wollte.

Mitten in der Bewegung fiel ihr auf, dass sie ja nichts dabei hatte! Dann müsste es heute eben mal ohne gehen... dachte sie achselzuckend. Sie zog sich aus und faltete ihre Kleidung ordentlich auf einem Stuhl zusammen. Dieses Mal nur in einem langen Shirt bekleidet, ging sie zurück ins Bett. Es war so flauschig und gemütlich, besser als sie es sich hätte erträumen lassen können. Sie zog den Duft des Bettzeugs tief ein und ein sanftes, müdes Lächeln schmückte ihr Gesicht, als sie einschlief.

-.-

Am nächsten Morgen zog Y/N die Augenbrauen zusammen und wälzte sich im Bett hin und her. Ein Geräusch am Rande ihres Bewusstseins ließ sie nicht weiter schlafen. Es klang wie ein Klopfen, erst sanft und kurz, dann wurde es permanent und aggressiv. „Machen Sie die Tür auf, oder ich verschaffe mir selbst Zutritt!", drohte eine tiefe, männliche Stimme von der anderen Seite der Tür. Y/N schreckte aus ihrem Traum und stellte erschrocken fest, dass das Klopfen echt war. Hastig sprang sie auf, verhedderte sich in ihrer Bettdecke, bevor sie sich schnell aufrichtete und zur Tür sprintete. Der Mann begann bereits von drei herunterzuzählen. Sie stolperte zur Tür und riss sie auf, hechelnd starrte sie auf die schwarzen Schuhe der Person und den schwarzen Stoff, der bis zum Boden reichte. Y/Ns Blick wanderte immer weiter hoch zu seinem tiefblauen, beinahe schwarzen Gehrock.

In ihrem Kopf ratterte es.

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Wer das wohl ist? Wir wissen es natürlich alle oder?

Severus x Reader~Realität oder Traum?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt