Teil 3

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"Hab keine Angst. Ich bin Jukka. Jukka Backlund um genau zu sein. Und dieses große, verräterische Wollknäul neben dir, ist meine Tapsi. Sie hat dich auch im Wald gefunden und mich zu dir geführt" erklärte er freundlich.

Im Wald? Ich versuchte mich zu erinnern, doch da war kein Wald.

"Wie heißt du denn?" fragte er mich.

Ich überlegte weiter. Ganz fieberhaft durchwühlte ich sämtliche Ecken in meinem Kopf. Doch da war nichts. Alles war Schwarz und irgendwie nebelig. Ich sah ihn verzweifelt an und zuckte mit den Schultern.

"Das macht überhaupt nichts. Der Arzt der dich untersucht hat, meinte du hättest eine Gehirnerschütterung und da kann es kurzzeitig schon mal zu Gedächtnisverlust kommen. Doch keine Sorge, es kommt alles wieder" klärte er mich auf.

Ich nickte schwach, drehte meinen Kopf wieder weg und schaute aus dem Fenster.

"Hast du vielleicht Hunger? Ich bin zwar nicht der beste Koch, aber ich hab mich trotzdem an einer Hühnerbrühe versucht, damit du schnell wieder zu Kräften kommst" fragte er und ich konnte hören, wie er dabei grinste.

Ich schüttelte kaum merklich den Kopf.

"Ok. Falls doch, sag mir einfach bescheid. Was hälst davon, wenn wir uns so lange einen schönen Namen für dich ausdenken? Fremdes Mädchen klingt so unpersönlich" fragte er.

Ich drehte meinen Kopf wieder zu ihm. Als ich sah, wie er mich angrinste und seinen Kopf etwas schief legte dabei, huschte auch mir ein minimales, kleines grinsen über die Lippen, was jedoch genau so schnell wieder verschwand. Ich nickte ihm zu.

"Ok, dann strenge ich mein hübsches Köpfchen mal an. Ich zähle ein paar Namen auf und wenn dir einer gefällt, nickst du" meinte er und man konnte sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. Dann fing er langsam an aufzuzählen "Emma? Anni? Elli? Minea? Kerttu? Emilia? Pinja? Neea? Lumi? Peppi? Minttu? Lotta? Ronja? Lilja?".

Bei dem letzten Namen nickte ich ihm zu.

"Lilja? Ein wirklich schöner Name und somit eine vortreffliche Wahl, meine Dame" lachte er mich an.

Ich hielt mir den Kopf. Die schmerzen wurden langsam wieder schlimmer. Er schien es zu merken. "Ich hol dir ein Glas Wasser und eine Tablette, falls die Schmerzen noch schlimmer werden. Danach solltest du ein wenig versuchen zu schlafen" meinte er und war schon durch die Tür verschwunden.

Kurz darauf stellte er alles auf den kleinen Nachttisch.

"Komm Tapsi, wir wollen Lilja ein wenig Schlaf gönnen" und versuchte seine Hündin vom Bett runter zu lotsen. Ich legte den Arm um Tapsi und schaute Jukka flehentlich an. "Ja ja, ich seh schon. Da haben sich zwei gesucht und gefunden. Ruf mich, wenn du was brauchst" meinte er grinsend und schloss leise die Tür hinter sich.

Ich fühlte mich irgendwie sicherer mit Tapsi an meiner Seite. Fühlte mich so leer, allein und einsam. Ich war mit einem fremden Mann in einem Haus. Wusste nicht, wer ich bin. Wo ich her kam. Was passiert war. Ich erinnere mich an gar nichts mehr. Es war, als wäre ich gerade erst geboren. Als hätte ich noch nicht gelebt. Noch nichts erlebt. Es fühlte sich komisch an. Doch die Gefühle in mir blieben. Angst. Entsetzliche Angst. Doch wovor? Angst. Einsamkeit. Unruhe. Lag es an dieser fremden Umgebung? An diesen fremden Mann, namens Jukka? Er machte nicht den Eindruck, als wenn ich vor ihm Angst haben müsste. Doch wovor dann? Oder vor wem? Ich grübelte und grübelte. Doch mir fiel absolut nichts ein. Der Mann meinte ja, das es mir bald alles einfielen würde und ich hoffte, das er recht hatte. Ich spürte, wie mein Kopf auf hochtouren arbeitete. Doch dies verschlimmerte meine Kopfschmerzen bloß. Ich nahm die Tablette, trank das Glas in einem Zug leer und legte mich bequem hin. Tapsi legte sich zu meiner linken Seite dicht an mich. Ich streichelte sie noch etwas. Dann war ich wieder eingeschlafen.

Lost Memories (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt